Beim Kardiologen 2018

Es ist etwa 07.48 Uhr als ich zu meinem Termin beim Kardiologen erscheine. Die Tür ist noch verschlossen und vor der Tür wartet eine Frau, die mich fragt, ob ich schon mal hier war. Ich bin verwirrt, sage ja, sehe auf das Schild an der Eingangstür und bin noch verwirrter, denn der Name, der dort an der Tür steht, ist mir gänzlich unbekannt. Was geht hier nur vor sich? Die Frau fragt, ob ich dieses Jahr auch schon hier beim Arzt war. Ich verneine, blicke wider zum Schild und überlege ernsthaft, ob ich mich verlaufen habe und beim falschen Arzt bin. Ich vergewissere mich, dass ich hier beim Kardiologen bin. So steht es an der Tür geschrieben. Aber der Name sagt mir nichts. Ich erinnere mich, dass da früher Dr. med. Irgendwas stand. Jetzt nur ein Name ohne Titel. Es ist erstaunlich, wie mich dieser falsche Name aus der Bahn wirft. Die Frau scheint auch verwirrt und erzählt, dass sie vorhin ratlos vor der Tür stand, sich fragte, ob sie im falschen Gebäude ist und extra irgendwo nachgefragt hat, ob sie hier überhaupt richtig ist. Zumindest bin ich nicht alleine verwirrt. Erneut blicke ich auf das Türschild und langsam ergibt alles einen Sinn. Der Arzt, der früher hier war, war einfach alt und hat einen Nachfolger gefunden. Dummerweise hat man vergessen mir und der Frau davon zu berichten, so dass unsere Verwirrtheit vollkommen natürlich ist. Man muss sich alles nur schönreden, dann fällt einem die eigene Beschränktheit irgendwann nicht mehr so auf. Die Frau schwärmt von dem Vorgänger und hofft, dass der neue Arzt auch nett ist. Ich indes überlege, was ich davon halten soll, dass der neue Arzt kein Dr. med. ist. Ich finde keine Antwort.

Nachdem später mein EKG gemacht wurde, lerne ich den neuen Arzt kennen. Jung, freundlich und dynamisch ist er. Ich erzähle, warum ich hier bin und fühle mich irgendwie alt. Früher waren die Ärzte älter als ich, das fand ich irgendwie natürlicher. Langsam nimmt das mit dem Altern echt groteske Formen an. Die folgende Ultraschalluntersuchung zeigt keine Anomalien. An einem Herzinfarkt sterbe ich möglicherweise in absehbarer Zeit nicht. Wie vereinbart darf ich danach fürs Belastungs-EKG auf ein Fahrrad klettern. Eine junge Frau ist während der gesamten Untersuchung dabei, weshalb ich lange Zeit so tun muss als wäre das ganze Radeln kein Problem. Erst als die 150 Watt Stufe erreicht ist, sage ich ihr, dass wir jetzt besser aufhören. Prompt werde ich gefragt, warum ich aufhören will. Weil ich schwitze, schwer atmen muss und meine Kondition für mehr nicht reicht. Also antworte ich ordnungsgemäß, dass es jetzt anstrengend wird und ich das nicht möchte. Sie findet, dass ich weit gekommen bin und das gut gemacht habe. Ich komme mir vor wie ein schlapper Blödmann, der jetzt von einer jungen Frau gelobt wird, um nicht depressiv zu werden, weil er so früh schlapp gemacht habe.

Abschlussgespräch. Der Arzt sagt, alles sei gut, nichts ist verkalkt und ich kann nun sportlich durchstarten. Warum er das sagt? Vermutlich, weil ich zu Anfang unseres Gesprächs sagte, dass ich nun zwei Jahre keinen Sport gemacht habe und mich schon bald im Fitnessstudio anmelden will. Doch das ist eine andere Geschichte, die jetzt erstmal vollkommen unwichtig ist. Im Laufe des Monats werde ich weitere Ärzte aufsuchen, weil ich sicher bin, dass ich ganz sicher nicht gesund bin. Ich kenne mich nun lange genug, um zu wissen, dass irgendeine üble Krankheit von mir Besitz ergriffen hat. Anders sind all die Symptome wahrlich nicht mehr zu erklären.

6 Kommentare

  1. Was sind denn die Symptome?

    Belastungs-EKGs sind gruselig. Ich muss die auch regelmäßig machen. Weil mein Herz ein bisschen anders ist. Vielleicht beruhigt es dich zu hören, dass auch ich mir dabei immer ziemlich dämlich und unsportlich vorkomme. Vermutlich gehört das dazu. Mach dir nichts draus. Die Hauptsache ist, dass du gesund bist.

    Pass auf dich auf…

  2. Doktortitel sind doch antik. Das wäre nichts, worauf ich in irgend einer Form bei wem auch immer noch Wert legen würde. Fachkompetenz erfordert keinen zur Schau gestellten Titel.

  3. ich finde ja, wenn man abgelenkt ist, z.bsp. beim billard spielen fühlt man sich irgendwie nicht krank.

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