Mein Weg zur Ausbilderprüfung 3

Als der Wecker klingelt bin ich völlig gerädert. Ich muss wohl noch eher schlafen gehen, wenn ich das halbwegs überleben will. Ich bin echt alt geworden.

Der Dozent von vorgestern ist heute wieder an der Reihe. Es geht darum, wie wir die praktische Prüfung durchzuführen haben. Und je mehr er erzählt, desto ratloser bin ich, welches Thema ich nehmen kann. Bewerbungen sind raus, SGB II auch. Kaufmännische Themen ebenso, weil ich davon so wenig Ahnung habe, wie von meiner Ausbildung zum Elektriker. Alles ist so lange her und schon damals war das nichts, was ich auch nur halbwegs verstanden hätte. Da ist es lustig, dass der Dozent uns immer Fachleute nennt. Wenn Arbeitsloser ein Beruf wäre, dann wäre ich vielleicht ein Fachmann, weil ich da jahrzehntelang Erfahrungen habe. Es ist unschwer zu erkennen, dass man als Dauerarbeitsloser in allen Lebensbereichen verblöden kann, wenn man nicht aufpasst. Das bringt mich nicht nur nicht weiter, es macht das Ganze hier zu einem echten Problem für mich. Doch davon weiß der Dozent nichts. Und so denken er und die anderen Teilnehmer, dass hier nur Fachleute sitzen. Und bis auf eine Ausnahme stimmt das wohl auch. Dieser Kurs unterscheidet sich sehr von all den Kursen, die ich bisher gemacht habe. Niemand fehlt, es klingeln keine Telefone während des Unterrichts und die Leute sehen auch nicht aus  wie Arbeitslose, was daran liegen kann, dass sie auch nicht arbeitslos sind. So bin ich gezwungen mich jeden Tag zu duschen, nehme täglich Parfum und ziehe jeden Tag etwas anderes an. Das unterscheidet sich sehr von meinen Tagen in meiner Arbeitslosenwelt, denn da war mir dieser ganze Kram längst zu viel und auch unnötig. Hier aber mag ich nicht auffallen, weshalb ich mich zusammenreiße, um möglichst unauffällig diesen Weg zu bestreiten.

Mit den Leuten aus meiner gestrigen Arbeitsgruppe rede ich heute kein Wort. Lediglich mit meinem Sitznachbarn unterhalte ich mich, weil wir in der Pause zusammenstehen. Ich versuche einigermaßen normal rüber zu kommen, was mir hoffentlich gelingt. Ich kann das nicht einschätzen, weil ich es nicht mehr gewohnt bin, Kontakt zu Fremden, nicht Arbeitslosen, zu haben.

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