Woran kann man einen guten Jobcoach messen? Vermutlich nur an der Quote, denn Zahlen lügen bekanntlich nicht. Außer irgendwer hat daran herum manipuliert.
Unsere erfolgreiche Kollegin am anderen Standort hat doppelt so viele Teilnehmer zu betreuen wie wir hier. Sie hat teilweise sogar sieben Leute gleichzeitig da. Sie sucht für die Leute nach Stellen, schreibt und versendet alle Bewerbungen. Die Bewerbungen sind nicht besonders, weil die Kollegin nicht besonders gut formulieren und schreiben kann. Ihre Berichte sind auch keine Offenbarung. Zeit, sich mal intensiver mit den Leuten zu unterhalten, hat sie nicht. Es ist manchmal wie eine Fließbandarbeit. Trotzdem ist ihre Vermittlungsquote gerade viel besser als unsere. Wir haben hier mit Jörg den theoretisch besten Coach, wir betreuen teilweise 1:1, doch der Quote ist das egal. Darum kann die Kollegin auch entspannt ihren Urlaub nehmen, während ich warten muss. Irgendwann wird auch unsere Quote wieder steigen, weil das einfach immer so war, denn letztlich ist es vollkommen egal, ob man die Teilnehmer ernsthaft coacht, sich nett mit ihnen unterhält oder einfach nur stupide Bewerbungen raushaut. Die Quote entscheidet, wer gut ist und wer nicht und solange man genügend Teilnehmer hat, die tatsächlich bereit sind, eine Arbeit aufzunehmen, kann kaum etwas schief gehen. Coaches müssen nur geduldig sein und hoffen, arbeitswillige und arbeitsfähige Teilnehmer geliefert zu bekommen. Wenn das nicht der Fall ist, wird man die Ziele nicht erreichen und die Vermittlungen bleiben aus. Das ist irgendwie pervers, denn so muss ein Jobcoach eigentlich nichts können und kann dennoch erfolgreich sein. Das ist allerdings auch ein Grund, warum ich mich seit so vielen Jahren hier halte. Weil ich eigentlich nichts können muss. Man muss einfach nur Glück haben, dann kommt das mit der Quote von ganz alleine. Die größte Gefahr ist, dass man zum Ende der Maßnahme, wenn es ganz besonders auf die Quote ankommt, in so einem Quotenloch steckt. Dann ist man ein schlechter Coach, auch wenn man glaubt, ein guter zu sein. Auch wenn es um eine Verlängerung geht, sollte man ein Quotenloch tunlichst vermeiden, denn sonst gibt es keine Verlängeurng und man kann sich so eine Maßnahme, wenn es ganz dumm läuft, von der anderen Seite anschauen. Obwohl ich weiterhin glaube, dass Jörg als Coach besser ist als die oben erwähnte Kollegin, ist es der Quote vollkommen egal, denn sie alleine entscheidet, wer ein guter Coach ist und wer nicht.
Messinstrumente wie diese fördern und kultivieren Umgehungsmechanismen. Was eigentlich ein Euphemismus für Betrug ist. Gunter Dueck nannte das in einem seiner mehrheitlich unbedingt lesenswerten Büchern TOPIMIERUNG:
Es entsteht automatisch, sobald irgendwo „Quotenlisten“ und „Ranglisten“ geführt werden und ist -so erstaunlich sich das in erster Annäherung anhört- das GEGENTEIL von OPTIMIERUNG.
Denn anstatt etwas zu bewirken und besser zu werden, sorgt man lediglich dafür „oben“ in irgendeiner Liste zu stehen.
Sie würden Gunter Dueck LIEBEN, mein Wort drauf.
Dann muss ich nachher mal schauen, wer das ist und ob ich ihn lieben werde.
Danke für den Tipp.