Damit ich in den zwei Wochen, in denen Jörg Urlaub hat, nicht nachlässig werde, ist das Ziel, die Quote von aktuell 43,14 % zu halten und nicht negativ aufzufallen. Kaum zu schaffen. Wird es mir dennoch gelingen?
Da wir immer, wenn Jörg Urlaub hat, einen Mitarbeiterengpass haben, werde ich an maximal drei Tagen in den nächsten zwei Wochen Unterstützung bekommen. Oder an keinem. Nichts ist unmöglich, es bleibt spannend. Am Ende werde ich jedenfalls meinen Resturlaub um zwei weitere Tage erhöht haben. Theoretisch habe ich im nächsten Jahr sehr viel Urlaub und diesen auch schon größtenteils geplant. Die Frage wird wie immer sein: Wie viel davon bekomme ich genehmigt?
Die Leute, die mich bisher nicht kennen, werden einen Schock bekommen. Während Jörg sie fast ununterbrochen beschäftigt und mit ihnen redet, wird bei mir oft geschwiegen. Ich glaube nicht, dass sie das verkraften. Vielleicht kann ich sie mit einem gespielten Witz auf meine Seite ziehen.
Montag.
Meine beiden heutigen zwei Teilnehmer haben bisher keine Bewerbungen verschickt. Ich weiß nicht nicht, warum das so ist. Einem sage ich, dass er zu Hause bei zwei Unternehmen anrufen soll, um nach einem Ausbildungsplatz zu fragen.
Dienstag.
Ich biete einem Teilnehmer einen Job an, aber für einen Stundenlohn von 14,53 € geht er nicht arbeiten. Es ist wichtig, dass man seinen Wert kennt.
Mittwoch.
Der Mann, dem ich am Montag die Aufgabe gab, zwei Telefonate zu führen, fehlt heute zum ersten Mal überhaupt. Vielleicht liegen die vielen Fehlzeiten am Ende doch an mir. Hätte ich ihm bloß keine Hausaufgabe gegeben. Passend dazu liegt die Vermittlungsquote nun nur noch bei 40,74 %. Das kann kein Zufall sein, es muss am Coach liegen.
Ein Teilnehmer, der wirklich arbeiten will, ist nur noch zweimal hier. Er ist zwar völlig verpeilt, aber wenn er einen Job bekommt, wird er diesen sicher auch machen. Er hatte schon viele Vorstellungsgespräche, aber man wollte ihn nicht. In meiner Ratlosigkeit vereinbare ich für ihn einen Termin bei einem Personaldienstleister, obwohl ich von dem Unternehmen nicht so überzeugt bin. Doch ich habe keine Wahl und glaube, dass er ohne Hilfe erst recht nichts hinbekommt. Die Zeit ist knapp, der Mann will arbeiten. Unverzüglich schicke ich ihn zum Vorstellungsgespräch. Für seinen letzten Termin bei uns habe ich dann noch zwei Ideen, die aber wenig Grund zur Hoffnung geben. Vielleicht war ich der falsche Coach für ihn.
Donnerstag.
Die Teilnehmerin, die froh war, dass ich nicht ihr Coach bin, erzählt sehr viel aus ihrem Privatleben. Ich denke, sie findet mich jetzt nicht mehr so schrecklich. Immerhin konnte ich diese Mission erfüllen.
Der Mann mit Magen- Darm-Grippe, den ich letzte Woche nicht hier haben wollte, hat sich entschieden, heute einfach zu kommen. Ich lasse ihn den Vertrag unterschreiben und schicke ihn mit dem Hinweis, dass er nächste Woche bitte zum Arzt gehen möge, wieder weg. Ich will mich schließlich nicht anstecken. Ich finde es ja toll, wenn jemand seine Termine einhält, aber doch nicht in so einem Zustand.
Freitag.
Ein Teilnehmer bringt seine Tochter mit, weil sich sonst niemand kümmern kann. Der Mann braucht vieles, aber sicher keinen Job. Ich bitte ihn zu einem Gespräch und schlage ihm Hilfe durch den Sozialpsychiatrischen Dienst vor. Er ist einverstanden. Ich werde für ihn Kontakt aufnehmen, schicke ihn nach Hause und informiere das Jobcenter über mein Vorgehen. Man findet es gut. Hoffentlich wird es auch gut.
Die Partnerin des Mannes, der gestern seine Magen- und Darmgrippe mitbrachte, hat sich bei ihm angesteckt und kann daher ihren heutigen Termin nicht wahrnehmen. Wenn man mit kranken und ansteckenden Personen zusammenwohnt, kann so etwas passieren. Ich hatte mich eh schon gewundert, dass sie bisher verschont geblieben ist. Schließlich war der Mann schon letzte Woche krank.
Der Mann, den ich am Mittwoch zum Vorstellungsgespräch schickte, besucht mich überraschend. Er ist glücklich, denn er hat einen Arbeitsvertrag unterschrieben. Vielleicht besteht für mich doch noch Hoffnung.
Für einen jungen Mann, der bisher glaubhaft vermittelt hat, arbeiten zu wollen, habe ich einen Arbeitgeber gefunden. Dieser ruft am Nachmittag an, um mitzuteilen, dass der junge Mann nicht ans Telefon geht und nicht auf Nachrichten reagiert. Hat der junge Mann mir etwas vorgemacht, und ich bin darauf reingefallen? Habe ich ihn etwa falsch eingeschätzt? Werde ich langsam naiv?
Die Quote liegt nun bei 41,82 %. Okay, aber doch zu niedrig, um neben Jörg nicht völlig unterzugehen.
Ihr Job…wieviel Geduld braucht man dafür, alle? War der Stundenlohn 14,53 – ablehner wenigstens ansatzweise sympathisch? Mir wär der arsch geplatzt sonst
Ja, ist er.
Da viele den Stundenlohn zu niedrig finden, habe ich keine andere Antwort erwartet. 🤷♂️