Dezember 1993

Peinlicher Versuch
Acht Monate Zivildienst sind bereits vergangen und bisher habe ich noch gar nichts auf die Reihe bekommen. Ohne Selbstbewusstsein und ohne einen guten Plan, werde ich keine der netten Schwestern bekommen. So viel steht jedenfalls fest.

Neben meiner Suche nach einer Frau für mich, drücke ich mich, wo ich kann, vor der Arbeit und verstecke mich die meiste Zeit im Archiv oder wandere durch die Stationen, um die schönen Schwestern zu betrachten. Im Beobachten bin ich einsame Spitze.

Das Auswechseln von Leuchtstoffröhren und defekten Steckdosen erledige ich ganz gerne, denn das kann ich recht gut, es erfodert wenig Wissen und obendrein habe ich einen Grund mich auf den Stationen aufzuhalten, um junge Krankenschwestern zu beobachten. Allerdings glaube ich nicht, dass es irgendeiner von den leckeren Schwestern eine Freude bereitet, mich täglich sehen zu müssen. Doch das ist mir egal, denn ich habe eine Mission zu erfüllen. Ich muss irgendeine Schwester davon überzeugen, sich mit mir abzugeben und von mir beglücken zu lassen. Ein selten dämlicher und aussichtsloser Plan. Aber immerhin ein Plan.

Bei einer Frau ist es allerdings etwas anders. Bei ihr könnte etwas gehen. Zumindest bilde ich es mir ein. Sie hat dunkle Haare, eine tolle Figur, ein entzückendes Lächeln und soll die erste Frau sein, die mich küssen darf. Schon seit Wochen schaffe ich es immer wieder, dass wir uns kurz oder auch mal etwas länger unterhalten, sie löst schon fast ein wohliges Kribbeln in mir aus und ich bin immer ganz aufgeregt, wenn ich sie sehe. Alles ist sehr harmonisch, bis ich spontan beschließe, dass mich das allein nicht weiter bringt. Nur freundschaftlich und unverbindlich auf den Fluren des Krankenhauses zu kommunizieren, kann keine Dauerlösung sein. Und so entpuppt sich meine Ungeduld irgendwann als eine große Schwäche. Denn voller Ungeduld und ohne das Gehirn einzuschalten, beschließe ich, dass sie unverzüglich mir gehören soll und so frage ich sie, in einem vollkommen unpassenden Moment, ob sie nicht mit mir zu einer Veranstaltung gehen will. An ihrer Reaktion sehe ich, dass es die falsche Frage war, denn sie antwortet, dass sie einen Freund hat und deshalb nicht mit mir zu der Veranstaltung gehen kann. Sie bleibt sehr freundlich zu mir, während ich mir völlig blöd vorkomme und schwitze und nur noch weg will. Ich hätte das nicht tun sollen. Weil ich mit Zurückweisungen nicht zurechtkomme und mirch die Situation total überfordert, verabschiede ich mich kurz danach aus dem Gespräch und beschließe nicht mehr mit ihr zu reden und ihr, wann immer es möglich ist, aus dem Weg zu gehen. Das habe ich wirklich gut hinbekommen. Nur gut, dass sie sowieso bald nicht mehr hier arbeitet. Scheiße, bin ich peinlich.

Erwartungsgemäß rede ich in den nächsten Tagen nicht mehr mit ihr, meide die Orte an denen ich sie früher immer traf und grüße nur, wenn wir uns doch mal begegnen. Vielleicht sollte ich nochmal eine Therapie machen. Eine Verhaltenstherapie, denn das hier ist einfach nur peinlich und unwürdig. Selbst für mich.

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