Juli 2005

Ich werde Matratzenverkäufer
Kaum habe ich mich von meiner Sektenangehörigkeit bzw. meiner Tätigkeit bei dem Finanzdienstleistungsunternehmen erholt und mich an mein neues, altes Leben als Arbeitsloser gewöhnt, passieren schon wieder Dinge, die mich an meinem Verstand zweifeln lassen und mir den Eindruck vermitteln, dass irgendwelche Veränderungen in mir vorgehen. Es ist Juli, also knapp drei Monate nachdem ich beschlossen habe mit meiner Karriere im Finanzdienstleistungssektor aufzuhören, als in einem schwachen Moment und genötigt von Petra, die behauptet, dass Arbeitslose bald gar kein Geld mehr bekommen und eines Tages sogar in Sammellagern untergebracht würden, beschließe, obwohl mir der Gedanke an ein Leben in einem solchen Sammellager zu gefallen beginnt, weil er Erinnerungen, zumeist positiver Art, an meine Aufenthalte in Jugendherbergen hervorruft, ein paar Bewerbungen zu schreiben. Dass dieses Mal alles anders kommen wird und meinem Leben eine neue Wendung geben wird, kann ich zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnen. Doch innerhalb kürzester Zeit habe ich Termine für drei Vorstellungsgespräche. Das finde ich zwar einigermaßen bedenklich, dennoch mache ich mich auf den Weg, um zwei dieser Vorstellungstermine wahrzunehmen. Das erste Gespräch führt zu nichts, doch beim zweiten Gespräch scheint sich etwas anzubahnen. Und ehe ich mich versehe bzw. klar denken kann, falls ich das jemals konnte, habe ich die Zusage für den Job des Matratzenverkäufers. Der Mann, der für diese erneute Wende in meinem Lebenslauf verantwortlich ist, macht den Job in dem Unternehmen noch nicht lange und wollte unbedingt einen männlichen Matratzenverkäufer. Da wir uns auf Anhieb gut verstehen, hat er nicht lange überlegt und nachdem er seine Vorgesetzten von seinem Plan überzeugt hat, ist klar, dass es schon im August losgeht. Ich bin seitdem wie gelähmt und weil ich weder fliehen noch den Job ablehnen kann, da ich in meinem desolaten Zustand sicher nicht mehr viele Angebote bekomme, bin ich schon bald, nach all den Jahren der Arbeitslosigkeit, Fortbildungen und sinnlosen Monaten in dem Finanzdienstleistungsunternehmen, ein tatsächlich berufstätiger Arbeitsloser. Das kann ja heiter werden.

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