Mai 2005

Mittwoch, 04. Mai
Ich hole den Vertrag bei den Mandanten ab. Kann es wirklich so einfach sein, so viel Geld zu verdienen?


Samstag, 07. Mai
Ich fahre ins Büro um den Vertrag, den ich am Mittwoch von meinen einzigen Mandanten geholt habe, abzugeben. Herr Ekelfink ist beschäftigt und bemerkt mich nicht einmal. Herr Rotenbaum ist wie immer freundlich und dann plötzlich verschwunden. Ein kurzer Plausch mit Herrn El Habib, ein Blick auf die Rangliste, alles wie gehabt. Ab nach Hause.


Doch kein Vertrag
Warum die Mandanten am Ende doch nix abschließen, kann ich nicht sagen. Möglicherweise schließen sie aber auch einen oder mehrere Verträge ab und Herr Ekelfink verschweigt es mir. Fakt ist jedenfalls, dass ich keinen Umsatz mache und es so tatsächlich geschafft habe, dass ich nun Schulden habe. Das ist grotesk, weil ich mich normalerweise strikt weigere, Schulden zu machen. Wie schon vor Beginn meines Experiments, verabscheue ich diese Finanzbranche und noch mehr deren Mitarbeiter, zu denen ich, auf eine gewisse Art und Weise eine kurze Zeit gehörte. In Erinnerung werden mir besonders die Veranstaltungen bleiben, in denen diese Menschen sich selbst feierten und beklatschten. Des Weiteren in Erinnerung bleiben wird mir der Unterricht an dem ich immer donnerstags teilnehmen durfte. Besonders beeindruckt werde ich sicher von den Erzählungen der Dozenten bleiben, die immer wieder dieselben Geschichten erzählt und erlebt haben. All diese erfolgreichen Anzugträger hatten ihren ersten Gehaltsscheck im Kofferraum des eigenen PKW liegen und dort wurde dieser immer von deren Vätern entdeckt und mit folgendem Satz kommentiert: “Dafür musste aber noch Steuern zahlen. Stimmt´s?” Eine wirklich lustige Anekdote. Alle Geschichtenerzähler kauften sich von dem vielen Geld, was sie verdienten, große Häuser mit großen Fensterflächen, welche die Besucher zu folgendem, von Neid getragenem Satz, inspirierten “Da muss man aber viel putzen”. Genau, ihr durchgeknallten Angeber, ihr seid einfach die Geilsten. Mein Blick hinter die Kulissen machte mir diese Branche noch weitaus unsympathischer als sie mir schon vorher war.

Mein Teamleiter ist einer der schrägsten, skrupellosesten und verabscheuungswürdigsten Typen, den ich je über einen so langen Zeitraum erleben durfte. Ich glaube, in ihm steckt eine gehörige Portion krimineller Energie unter dem Deckmantel der Seriosität. Er hat fast völlig den Bezug zur Realität verloren. Bei ihm hatte ich stets das Gefühl, dass er oftmals zwischen Wirklichkeit und gewünschter Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden kann. Ständig widersprach er sich und wurde, je mehr ich von ihm zu hören bekam, immer unglaubwürdiger und unsympathischer. Aber dennoch hält er sich für einen absoluten Topmann. Nun, immerhin hat es der schleimige Schleimer geschafft ein Büro zu leiten, Deppen zu finden, die für ihn arbeiten und sich einiges zu leisten. Für mich ist er trotzdem eine Wurst. Aber eine Wurst, die sich im Auto rasiert und weiß, wie man Geld macht.

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