September 1996

Nele
Im Gegensatz zu mir hat Sam Erfolg bei Frauen. Er leidet eher unter einem Überangebot und ganz sicher nicht unter Unterversorgung. Und es macht ihm vermutlich nicht viel Freude, ständig von mir zu hören, wie erfolglos ich bei Frauen bin. Daher beschließt er irgendwann, natürlich nicht ganz Uneigennützig, dass er mir hilft auch mal eine Frau kennenzulernen. Er hat noch eine Schallplatte von einer Frau, die diese zurückhaben möchte. Weil er mit der Frau fertig ist, möchte er sie aber nicht wiedersehen und schlägt vor, dass ich ihr die Platte gebe und sie dann auch gleich kennenlernen und vernaschen kann. Ich erkläre mich einverstanden, Sam klärt alle weiteren Details und ich komme schon bald zu meinem zweiten Treffen mit einer Frau.

Wenige Tage später ist es soweit. Zwei Jahre nach meinem letzten Treffen mit Melanie, treffe ich tatsächlich wieder eine Frau. Ich bin mittlerweile 26 Jahre, ziehe mich immer noch furchtbar an, habe eine grausige Frisur und noch nie im Leben eine Frau geküsst. Dementsprechend verunsichert warte ich am vereinbarten Treffpunkt auf Nele. Ich weiß nicht wirklich, wie sie aussieht, nur dass sie blond ist und gut aussehen soll. Also schaue ich mich um und achte nur auf die blonden Frauen, die hier sind. Als ich zur Treppe hochschaue, entdecke ich eine Frau, die blond genug ist, um meine Verabredung zu sein. Ich möchte aber nicht, dass sie es ist und hoffe sogar, dass sie es nicht ist, bin aber sicher, dass sie es ist. Mein Herz schlägt schneller, mein Kreislauf spielt verrückt. Ich will hier weg. Sie scheint mich erkannt zu haben, was vermutlich an der Schallplatte, die ich in den Händen halte, liegt. Sie kommt auf mich zu, lächelt und begrüßt mich. Logischerweise bin ich direkt mit der Situation überfordert, denn Nele ist viel zu attraktiv für mich und mir schon jetzt vollkommen überlegen. Außerdem kann sie gar nicht mein Typ sein, weil sie ja blond ist. Auf was habe ich mich da nur eingelassen?

Wir gehen in ein Café und unterhalten uns. Erstaunlicherweise finde ich sie mit jeder Minute interessanter. Ist sie vielleicht doch mein Typ? Aber selbst wenn sie mein Typ ist, weiter bringt mich das nicht, denn ich habe keine Ahnung von Frauen und sie ist erst die zweite Frau mit der ich mich treffe. Das alles ist nicht gut. Dennoch ist der Abend unterhaltsam und wir verstehen uns sogar so gut, dass wir Telefonnummern austauschen. Die Zeit vergeht rasch und irgendwann kommt der Punkt an dem wir gehen müssen. Da ich vollkommen verwirrt bin, biete ich ihr an, sie nach Hause zu bringen. Irgendwer hat mir mal erzählt, dass man, wenn die Frau einverstanden ist nach Hause gebracht zu werden, auf jeden Fall Chancen bei der Frau hat. Ich glaube so etwas natürlich nicht. Nele möchte tatsächlich von mir nach Hause gebracht werden, was ganz sicher nichts zu bedeuten hat. Als wir bei ihr ankommen bleibt sich nich im Auto sitzen, wir reden noch ein wenig miteinander und ich überlege krampfhaft, wie ich sie dazu bringen kann mich zu küssen. Ich würde sie nämlich sehr gerne küssen doch natürlich bleibe ich so cool wie möglich, so dass der Eindruck entstehen muss, dass ich kein Interesse habe oder ein verblödeter Trottel bin. Weil ich merke, dass ich mehr und mehr verkrampfe beschließe ich, dass sie zu attraktiv ist und ich zu blöd bin. Sie beschließt irgendwas anderes, bedankt sich für den netten Abend, verabschiedet sich und steigt aus. Das habe ich ja wieder gut hinbekommen. Frustriert und wütend auf mich selbst, starte ich den Motor und fahre nach Hause. Frauen und ich, das passt einfach nicht. In meinem Zustand haben Dates keinen Sinn und ich werde in Zukunft darauf verzichten. Besser ist das. Scheiß Leben. Blöder Idiot.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert