September 2011

01. September 2011 und Hundesitter Tag 1
Nebenan beginnt der Kurs der Alleinerziehenden. Diesen Alleinerziehenden soll dort das Leben erklärt werden. Sie sollen lernen, dass es noch etwas anderes als Fertiggerichte und Talkshows gibt. Um kurz vor acht geht es los. Ein Haufen Chaoten poltert ins Gebäude und ich habe das Gefühl Gast einer Talkshow zu sein. Besonders beängstigend finde ich, dass all diese Chaoten tatsächlich Kinder haben. Bei den Eltern sehe ich schwarz für die Kinder. Ich bin der Meinung, dass nicht jeder einfach so Kinder bekommen sollte. Das kann nicht gut sein. Das ist nicht gut. Der Gesetzgeber sollte schleunigst etwas gegen das unkontrollierte Vermehren dieser Unterentwickelten unternehmen.
Am Nachmittag bringt mir die Frau, wie Anfang Juli angekündigt, Ihren Hund. Dazu Körbchen, Napf, Spielzeug und eine rote Decke. Der kleine Hund, der auf den Namen Manu hört, läuft durch meine kleine Wohnung und beachtet mich nicht weiter. Ich erfahre, dass er einmal am Tag gefüttert wird und zwischendurch ab und zu Katzensticks naschen darf. Sonst soll er nix bekommen. Dann verschwindet die Frau und ich bin vorübergehend Hundebesitzer.
Direkt nachdem der kleine Hund registriert hat, dass seine Besitzerin weg ist, fängt er an zu winseln und jaulen. Ich gehe davon aus, dass das normal ist, wenn man einfach so bei jemandem abgegeben wird, den man noch nie zuvor gesehen hat. Weil es vermutlich nichtds bringt, was er da macht, schnappt sich Manu nach einer Weile seine Decke und fängt an sie zu besteigen. Als er wieder absteigt, onaniert er. Er nimmt seine rechte Pfote und legt los. So etwas habe ich noch nie gesehen. Ob er zu viele Pornos geschaut hat? Ich gebe ihm ein paar Stückchen von den Katzensticks, um ihm zu signalisieren, dass onanieren auch nichts bringt und er es bei mir gut haben wird. Ob ihn das überzeugt? Zeit für einen Spaziergang. Fröhlich hüpfen wir die Treppen herunter. Draußen schnuppert er hier, schnuppert er dort und dann, ohne große Vorbereitung, macht er sein großes Geschäft. Einfach so. Gehen, anhalten, abseilen, weiter. Fast beneide ich ihn um diese Fähigkeit. Kleiner Hund, kleine Wurst. Natürlich mache ich diese Wurst nicht weg, sondern lasse sie da, wo er sie gelassen hat. Ich weiß, dass das viele widerlich finden, aber ich kann keine Würstchen vom Hund entsorgen. Da müsste ich mich übergeben. Damit wäre niemandem geholfen. Eine weitere Besonderheit an ihm ist, dass er am liebsten auf drei Beinen läuft. Sein rechtes Hinterbein lässt er gerne in der Luft hängen, vor allem, wenn es schneller gehen soll. Die Besitzerin sagte, dass alles mit ihm in Ordnung ist. Möglicherweise vergisst er einfach nur, dass er vier Beine hat. Oder er findet es cool. Das wird wohl ewig sein Geheimnis bleiben. Kaum zurück in meiner Wohnung jault und zittert er wieder. Dann besteigt er erneut seine Decke und onaniert anschließend. Ich sage ihm, dass er das ruhig machen kann, so lange er nicht abspritzt und meine Wohnung versaut. Keine Ahnung, ob er mich versteht. Jedenfalls leckt er nun seinen kleinen Pimperschwanz genüsslich. Ich glaube, der ist pervers. Und er ist verdammt agil für einen elfjährigen Hund. Wenn er nicht rammelt oder onaniert wirbelt er durch die Wohnung wie ein junges Energiebündel. Unglaublich. Wir spielen fangen und er scheint einen Mordsspaß zu haben. Und ich habe auch Spaß. Ist das normal?
Weil mich das Spiel etwas erschöpft, lege ich mich aufs Sofa. Er springt zu mir aufs Sofa und setzt sich. Ich müsste ihn vom Sofa werfen, weil Hunde nicht aufs Sofa gehören, aber weil er zittert tut er mir Leid. Also lasse ich ihn sitzen. Er rückt an mich heran, zittert weiter und legt sich dann hin. Das Sofa gehört in den nächsten Tagen vermutlich nicht mehr mir allein. Dummerweise hat er irgendwie Mundgeruch und ich glaube, dass er heimlich furzt. Meine Wohnung riecht mehr nach Hund als nach mir. Dabei ist der Kleine erst kurz hier. Wie wird meine Wohnung erst am 19. September riechen? Und ist es dann überhaupt noch meine Wohnung?
Gegen 19.41 Uhr besucht mich Markus und setzt sich aufs Sofa. Für Manu ist jetzt kein Platz mehr. Als er das verstanden hat, schnappt er sich die rote Decke und los geht es. Was für ein geiler, kleiner Bock er doch ist.
Später kommt auch noch Manni zu Besuch. Zunächst spielen er und Manu ein wenig, dann widmet sich Manu wieder seiner Decke. Das Abspitzen verbiete ich ihm erneut und er leckt seinen Schwanz. Ob ich das bei mir auch tun würde, wenn ich es könnte? Gut möglich.
Gerne stellt sich Manu auf seine Hinterbeine und schaut sich um. Ob er denkt, dass er kein Hund, sondern ein Erdmännchen ist? Oder hat er das aus dem Fernsehen? Und wenn er sowieso gerade auf den Hinterbeinen steht, beschließt er, wieder zu onanieren. Diesmal nimmt er beide Vorderpfoten dazu zur Hilfe. Normal kann das nicht sein. Ich habe noch von keinem Hund gehört, der so etwas macht. Ich werde ein Video davon machen müssen, sonst glaubt mir das niemand. Manni und Markus finden das ebenfalls sehr merkwürdig, aber auch amüsant. Aber darf man über einen Sexsüchtigen lachen? Den Rest des Abends rammelt er fast ununterbrochen seine rote Decke. Ob er Notgeil ist?
Am späten Abend folgt ein weiterer Spaziergang. Wir drehen eine kleine Runde, bevor wir zurück in meine kleine Wohnung gehen. Ich mache mich bettfertig, er jault bzw. winselt. Muss echt komisch sein, wenn man in völlig fremder Umgebung geparkt wird. Ich lege mich ins Bett und natürlich springt er rein. Das geht nicht. Also sage ich ihm, dass er hier nicht liegen kann, sondern in sein Körbchen muss. Nach kurzer Zeit hat er es verstanden. Als ich das Licht ausmache, jault er wieder los, verlässt sein Körbchen, wandert durch die Wohnung und winselt. Das will er jetzt doch wohl nicht die ganze Nacht durchziehen? Oder sogar jede Nacht? Nach einer Weile geht er zurück in sein Körbchen und gibt tatsächlich Ruhe. Das gefällt mir. So soll es sein. Zeit zu schlafen und einen aufregenden Tag in den Träumen Revue passieren zu lassen.


02. September 2011 und Hundesitter Tag 2
Die Nacht verläuft recht ruhig. Gelegentlich wache ich auf und höre, wie der geile Bock sich leckt. Unglaublich. Die Nacht endet um kurz nach 05.00 Uhr. Dabei habe ich den Wecker erst auf 05.45 Uhr gestellt. Manu schläft in seinem Körbchen. Doch als ich gegen 05.25 Uhr aufstehe, springt er aus seinem Körbchen und rennt um mich herum, stellt sich auf die Hinterbeine und jault. Wenn ich nur wüsste, was das zu bedeuten hat. Ich stelle das Radio an und gebe ihm drei kleine Stückchen vom Katzenstick. Ich habe keine Ahnung von Hunden.
Während ich mich dusche und anziehe, jault er und läuft nervös durch die Wohnung. Das bringt mich völlig aus dem Konzept. Um 06.40 Uhr brechen wir auf. Er scheint sich sehr darüber zu freuen. Und kaum sind wir draußen, macht er sein nächstes Würstchen. Ich bin erstaunt, hat er doch kaum etwas gegessen und getrunken in den letzten Stunden. Weiter geht’s zur Garage. Er ist zwar einerseits sehr aufgeschlossen, andererseits aber scheint er irritiert und verwirrt. Ich setze ihn ins Auto und er schaut mich während der ganzen Fahrt an. Dabei zittert er. Er tut mir Leid.
Das Büro erforscht er recht schnell, dann setzt er sich hin und onaniert. Vielleicht hilft onanieren bei Nervosität. Muss ich auch mal ausprobieren. Irgendwann steht er einfach so im Büro und starrt vor sich hin. Ob das normal ist? Minuten später setzt er sich. Dabei zittert er. War er früher mal ein Zitteraal? Und leidet er gerade sehr? Er ist sichtlich müde. Warum schläft er nicht? Ich hebe ihn auf und setze ihn auf meinen Schoß. Er sitzt einfach nur da und zittert. Minutenlang. Dann springt er runter und onaniert. Ich glaube, der braucht mal was zum pimpern. Aber wer braucht das nicht?
Ich finde auch weiter, dass er Mundgeruch hat. Besonders auffällig ist es als er später auf meinem Schoß liegt, nachdem ich den verwirrten Hund wieder vom Boden aufgehoben habe und auf meinen Schoß setzte. Nun liegt er zitternd da. Ich denke, dass ist besser für ihn als mitten im Büro zu onanieren oder verwirrt rumzustehen. Nach einer Weile hört er auf zu zittern. Das ist gut. Weniger gut finde ich, dass ich ab jetzt nach Hund rieche. Und das mit meiner empfindlichen Nase.
Schon am zweiten Tag singen die Alleinerziehenden einer Mutter aus ihrem erlesenen Kreis ein Geburtstagslied. Danach grölen und applaudieren sie. Ich frage mich ernsthaft, wo diese Gestalten ausgebrochen sind und warum sie nicht wieder dort eingesperrt werden. Die Alleinerziehenden sind täglich von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr in der Maßnahme. Auf deren Anwesenheitszeiten bin ich echt neidisch. Ob ich mich auch vermehren und dann von meiner Partnerin trennen sollte, um an so einem Kurs teilnehmen zu können?
Um 11.32 Uhr machen wir einen Mittagsspaziergang. Weil Manu nix trinkt, muss er auch nicht pullern. Dafür macht er schon wieder eine Wurst. Das ist komisch, weil er ja seit gestern nicht einmal einen kompletten Katzenstick gegessen hat. Nach der Pause bekommt er seine Mahlzeit. Die Packung ist angebrochen und dort, wo das Essen mit dem Messer geteilt wurde, sieht es meiner Meinung nach verschimmelt aus. Ich schneide etwas vom äußeren Rand ab, weil ich sonst nix für ihn zu essen habe. Er frisst es gierig auf, trinkt aber wieder nix. Danach will er zurück auf meinen Schoß, wo er zitternd Platz nimmt und nicht mehr aufhört zu zittern. Das kann nicht normal sein. Kurze Zeit später schläft er ein. Auf meinem Schoß. Wer macht denn so etwas?
Nachdem er wieder wach ist, spielen wir fangen. Natürlich spielen wir nicht wirklich fangen. Vielmehr gehe oder laufe ich durchs Büro und er folgt mir. Ob ich langsam total verrückt werde? Vermutlich. Weil wenig los ist, gehen wir noch mal spazieren. Und er muss tatsächlich pinkeln. Ob er heimlich trinkt? Nach dem Spaziergang sitzen wir vor dem Büro in der Sonne. Er zittert nicht. Interessant. Später im Büro will er wieder auf meinen Schoß. Da habe ich ja etwas angefangen. Erstaunlicherweise zittert er auch hier nicht. Aber er riecht nach Hund, vor allem aus dem Mund. Vielleicht sollte ich ihm ein Mundspray besorgen.
Am Nachmittag nehme ich ihn mit zu meinen Eltern. Dort untersucht er zunächst die Wohnung, ohne meine Eltern wirklich zu beachten. Wohnungen scheinen für ihn wichtiger als Menschen zu sein. Trotzdem muss er meine Eltern kennenlernen, weil sie ihn ja ab und zu betreuen müssen. Nachdem er die Wohnung begutachtet hat, onaniert er erst mal ausgiebig. Meine Eltern finden es sehr befremdlich und versuchen ihn zu überzeugen, damit aufzuhören. Ich sage ihnen, dass sie sich die Mühe sparen und ihn einfach machen lassen sollen.
Später besucht Ursula mich und amüsiert sich köstlich als sie den kleinen als Erdmännchen getarnten Hund zum ersten Mal sieht. Natürlich zeigt er auch Ursula, dass er ganz toll onanieren kann. Sie scheinen sich gut zu verstehen. Zeit für einen Test. Wir lassen Manu kurz alleine und gehen einkaufen. Alleine sein ist allerdings gar nichts für ihn und so jault er während unserer Abwesenheit ganz fürchterlich. Experiment gescheitert. Am Abend machen wir einen Spaziergang zu dritt. Und wieder macht klein Manu eine Wurst. Er scheint einen prächtigen Stuhlgang zu haben. Weil ich noch etwas zu meinen Eltern bringen muss, warten Ursula und Manu vor dem Haus auf mich. Manu findet es weniger gut, dass ich ihn mit Ursula alleine lasse und weint ein Klagelied. Darf ein Hund nach 24 Stunden schon so auf jemanden fixiert sein? Der abschließende Spaziergang dauert richtig lange und als wir zurück sind ist Manu endlich mal richtig müde. Er legt sich auf die blaue Decke, die ich für ihn aufs Sofa gelegt habe und schläft. Endlich scheint er angekommen zu sein.
Um 22.20 Uhr machen wir noch einen letzten Spaziergang. In der Dunkelheit kann ich nicht erkennen, ob er eine weitere Wurst abseilt. Was ich aber erkenne, leider jedoch zu spät, ist, dass er irgendwas vom Boden frisst. Das ist nicht gut. Nach unserer Rückkehr legt er sich schon bald ins Körbchen, jault nur noch einmal kurz, und schläft dann ein.


Hundesitter Tag 3
Heute schlafe ich etwas länger. Bis exakt 07.26 Uhr. Als ich aufstehe liegt Manu noch in seinem Körbchen. Bevor er mich begrüßt oder irgendwelche Laute von sich gibt, deute ich mit dem Zeigefinger auf meinen Lippen an, dass er schweigen soll. Macht er tatsächlich. Und er bleibt in seinem Körbchen. Das finde ich etwas merkwürdig, aber gut. Als ich aus dem Bad komme, begrüße ich ihn, Blicke in die Küche und stelle fest, dass meine Befürchtungen wahr geworden sind. Er hat seinen bisher größten Haufen in der Küche abgeseilt. Mir bleibt auch nix erspart. Dabei sagte die Frau, die seine Besitzerin ist, dass sie immer erst um 09.00 Uhr mit ihm rausgeht. Vermutlich hat sie nur vergessen mir zu sagen, dass er bis dahin in die Wohnung gekackt hat. Erstaunlicherweise muss ich mich nicht übergeben als ich seine Würste entsorge. Öfter brauche ich das dennoch nicht. Nett finde ich allerdings, dass er in die Küche auf die Fliesen gemacht hat, und nicht auf irgendeinen Teppich. Sorgen bereitet mir, dass ich ihn heute für einige Stunden bei jemandem parken muss, weil ich eine Ballonfahrt machen werde. Meine Eltern, die dafür vorgesehen sind, gehen leider weg. Petra hat auch keine Zeit, Manni und Loerz müssen arbeiten. So bleiben am Ende doch nur meine Eltern, die ihn dann mitnehmen müssen. Ich weiß nicht, ob sie dafür wirklich geeignet sind. Überhaupt mache ich mir schon viel zu viele Gedanken um das Wohlsein des kleinen, onanierenden Hundes, der ständig Würstchen macht. Außerdem ist er schon viel zu fixiert auf mich.
Beim nächsten Spaziergang lasse ich Ursula kurz mit ihm alleine, um irgendwas aus meinem Auto zu holen. Die beiden gehen so lange weiter bis er bemerkt, dass ich nicht mehr da bin. Sofort bleibt er stehen, dreht um und die beiden folgen mir. Ob ich sein Alphatier bin?
Gegen Mittag lasse ich Ursula und den Kleinen eine Weile alleine. Sobald er nicht genug Ablenkung bekommt, weint er. Wie sehr wird er erst weinen, wenn er nachher bei Loerz Frau, die sich spontan bereit erklärt hat, ihn bis zum Abend zu nehmen, geparkt wird?
Um 12.20 Uhr liefere ich ihn bei Loerz Frau ab. Natürlich habe ich ein schlechtes Gewissen. Oh man, was bin ich nur für ein emotionales Weichei.
Bei Fressnapf kaufen Ursula und ich ihm ein neues, leichteres Halsband und ein paar weiche Bälle zum spielen. Sein alter Ball ist viel zu hart für seine schlechten Zähne. Seiner Besitzerin werde ich, wenn sie ihn abholt, sagen, dass an den Zähnen dringend etwas gemacht werden muss.
Um 21.43 Uhr holen wir Manu bei den Loerzens ab. Er freut sich ziemlich mich zu sehen. Zugegebenermaßen freue ich mich auch. Im Auto lässt er mich wie erwartet nicht aus den Augen. Vor der Garage steigen die beiden aus. Ich fahre den Wagen in die Garage und Manu jault fürchterlich. Als ich den Wagen geparkt habe, läuft er sofort zu meiner Tür und ist erst zufrieden als ich aussteige. Warum ist er bloß so auf mich fixiert? Und ist das gut? Um weitere Küchenwürstchen am nächsten Morgen zu verhindern, machen wir später einen Mitternachtsspaziergang. Als er spontan auf eine Wiese läuft und ebenso spontan sein Würstchen abseilt, bin ich zufrieden und fast zuversichtlich, dass meine kleine Wohnung am nächsten Morgen von Manus Würstchen verschont bleibt.


Hundesitter Tag 4
Um 08.00 Uhr stehe ich auf. Manu ist in seinem Körbchen und beobachtet mich. Ich gebe ihm ein Zeichen, dass er aufstehen soll. Schon setzt er sich in Bewegung und begrüßt mich herzlich. Noch völlig verschlafen, aber glücklich. Um 08.16 Uhr machen wir einen Spaziergang. Nach zwei Minuten bleibt er stehen, zittert und scheint so gar keine Lust mehr auf unseren Spaziergang zu haben. Ob er nasse Böden nicht mag? Oder hat er eine spontane Depression bekommen? Ich nötige ihn weiterzugehen. Widerwillig setzt er den Spaziergang fort. Wenige Sekunden später steuert er auf den Platz für sein nächstes Würstchen zu, seilt ab und ich bin zufrieden. Wenige Meter weiter will er nicht weiter und bleibt einfach stehen. Weil er mir nicht sagen kann, warum das so ist, muss er weiter. Was für ein Hundeleben.
Zu Hause möchte ich seine Pfoten abputzen, doch dafür kann er sich so gar nicht begeistern. Stattdessen wälzt er sich auf dem Handtuch, dass ich extra zum Pfoten abtrocknen bereit gelegt habe. Niedlich, aber unproduktiv. Ursula gibt ihm nun etwas von seinen Katzensticks zum naschen. Wie immer tanzt er, bevor es etwas zum naschen gibt, auf zwei Beinen vor ihr herum. Auf zwei Beinen sieht er wirklich wie ein Erdmännchen aus. Später spielen wir mit seinem neuen Ball. Er ist begeistert und meine Allergie gegen Hundespeichel sorgt dafür, dass meine Hände wie verrückt jucken. Was für eine unsinnige Allergie. Braucht kein Mensch.
Manu scheint mittlerweile etwas entspannter. Er legt sich manchmal einfach so in sein Körbchen, manchmal auf die Decke auf dem Sofa oder vor den Tisch und jault seltener. Zumindest, wenn ich da bin, wenn ich es nicht bin, jault er sehr. Er scheint mich sehr zu mögen und ich muss zugeben, dass ich völlig begeistert von ihm bin. Dabei ist er so klein, dass er eigentlich kein Hund sein kann. Ursula meint, dass das mein Hund ist und es gut wäre, wenn seine Besitzerin ihn nicht wieder abholt. Ich sehe das anders, weil ich einfach keine Verantwortung für einen Hund übernehmen kann und meine Wohnung schon jetzt mehr nach Hund als nach mir riecht. Ich rieche auch schon mehr nach Hund als nach mir. Das geht doch nicht. Weil wir den Namen Manu unpassend finden, nennt Ursula ihn Vince und ich ihn Sid. Sid funktioniert aber nicht, denn wenn ich ihn Sid nenne, setzt er sich hin. Also gebe ich ihm zunächst keinen Namen mehr.
Beim Mittagsspaziergang schlägt Ursula vor, ihn mal ohne Leine laufen zu lassen. Normalerweise hätte ich das auch schon längst gemacht, doch weil er so klein ist, fand ich es irgendwie unangebracht. Doch es funktioniert ohne Leine völlig problemlos. Mit Hunden kenne ich mich wahrlich nicht wirklich aus. Ursula würde es weiterhin toll finden, wenn die Besitzerin ihn nicht mehr abholt. Ich glaube nicht, dass das so gut wäre. Später als wir bei meinen Eltern sind und ich zur Toilette muss, weint er wieder. Ob er mich liebt? Ich kann mir tatsächlich gar nicht vorstellen, ihn wieder abzugeben. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass er für immer bleibt. Dabei wollte ich immer einen großen, einen richtigen Hund. Aber dieser kleine Kerl ist einfach zu entzückend. Und so unglaublich lieb. Ich bin vermutlich zu emotional, um als Hundesitter zu arbeiten.
Am Abend fahren wir tanken. Als wir den Wagen in die Garage stellen, fängt es an zu regnen. Ich überlege, mir einen Schirm zu nehmen, entscheide mich dann aber dagegen, weil der kleine Hund ja auch keinen Schirm hat. Wenig später regnet es so stark, dass es sich anfühlt als würde man unter einer Dusche stehen. Weil es keine Möglichkeit zum unterstellen gibt, werden wir ordentlich nass. Ich war noch nie so nass, wenn ich etwas anhatte. Manu zittert und sieht alles andere als begeistert aus. Als wir endlich zurück sind, wälzt er sich ausgiebig auf den Fußmatten im Hausflur. Vor der Wohnung trockne ich ihn mit einem Handtuch ab und lasse ihn dann in die Wohnung. Dort springt er aufs Sofa und wälzt sich auf der Decke, dann wälzt er sich auf dem Boden. Für mich eine sehr merkwürdige Situation, weiß ich doch, dass der Teppich dabei schmutzig werden kann und sicher danach sehr nach Hund riecht. Erstaunlicherweise rege ich mich nicht darüber auf. Wenn jemand meine Wohnung mit Schuhen betreten will, dann werde ich verrückt und jetzt darf sich ein Hund auf meinem Teppich abtrocknen. Alles sehr surreal. In ein Handtuch gewickelt ruht er sich zitternd ein paar Minuten aus und geht dann ins Schlafzimmer in sein Körbchen.
Um 22.23 Uhr machen wir den Abendspaziergang. Wegen einer großen Pfütze müssen wir einen kurzen Umweg gehen. Er mag Pfützen nicht. Wasser mag er insgesamt nicht so. Vielleicht trinkt er deshalb so wenig. Nach wenigen Metern hat er keine Lust mehr. Das gefällt mir nicht, hat er doch seine letzte Wurst heute Morgen abgeseilt. Ich finde, er muss das jetzt machen, weil ich nicht möchte, dass er in die Wohnung macht. Ein paar Minuten später beschließt er, dass wir zurück müssen und lässt sich auch nicht davon abbringen. Ich gebe mich geschlagen. Zu Hause folgt das übliche Ritual nach einem Spaziergang. Spielen mit dem Ball. Anschließend mache ich mich Bettfertig. Als ich aus dem Bad komme liegt er schon in seinem Körbchen. Wir machen Fortschritte.


05. September 2011 und Hundesitter Tag 5
Der Tag beginnt um 05.45 Uhr. Zunächst schaue ich nach, ob Manu in die Wohnung gekackt hat, kann nix entdecken und bin erleichtert. Es folgt die Begrüßung. Er lässt sich streicheln und knuddeln und ist begeistert. Er holt den Ball und es wird gespielt. Spielen hatte ich gar nicht in den Zeitplan eingearbeitet. Nach dem Spiel wird gefrühstückt. Er bekommt etwas von seinen Katzensticks, ich meine Milchbrötchen. Er bettelt eine Zeitlang, dann geht er in sein Körbchen und lässt mich Frühstücken und mein Morgenritual durchführen. Ich bin kaum fertig, da kommt er ganz aufgeregt zu mir und signalisiert, dass wir jetzt gehen müssen. Los geht’s.
Er erledigt sein Geschäft und ich bin erleichtert. Ich bin fast wie so ein Verrückter, der sich freut, wenn sein Kind ein Bäuerchen macht. Zumindest lobe ich ihn nicht dafür, dass er sein Würstchen abseilt. Die Fahrt zum Büro verläuft wie jede unserer Fahrten. Er sitzt im Fußraum und guckt mich ständig an, während ich ihn vollquatsche. Ob ich einen Schaden habe?
Fürs Büro habe ich einen Ball mitgebracht. Kaum sind wir da, müssen wir spielen. Seine rote Rammeldecke habe ich auch dabei. Diese lege ich, nachdem wir genug gespielt haben, in eine Ecke. Er beachtet sie nicht. Ich hole Wasser für ihn und er heult und jault fürchterlich, während er im Büro auf mich wartet. Das gefällt mir nicht. So kann ich ja nie zur Toilette gehen, ohne dass er alle mit seinem jaulen verrückt macht. Im Büro steht er unschlüssig herum, dann guckt er mich an. Ich hole seine rote Decke aus der Ecke und lege sie direkt neben meinen Stuhl. Das gefällt ihm. Er legt sich hin und scheint zufrieden. Als ich später zur Toilette muss, erkläre ich ihm, dass ich gleich wiederkomme. Leider glaubt er mir nicht wirklich und nutzt meine Abwesenheit, um ordentlich zu jaulen. Das ist nicht gut. Als ich zurück bin, will er auf meinen Schoß. Kaum hat er es sich dort gemütlich gemacht, klingelt das Telefon. Er springt wieder runter und legt sich zurück auf seine rote Decke. Braver Hund. Was mir allerdings gar nicht gefällt ist die Tatsache, dass er, sobald jemand an meiner Bürotür klopft, wie ein Verrückter bellend zur Tür läuft. Und meiner Chefin, die heute hier ist, gefällt es auch nicht wirklich, was deutlich zu sehen ist. Das ist nicht gut. Und warum macht er so etwas? Ich renne doch auch nicht bellend zur Tür.
Heute müssen wir ständig mit dem Ball spielen, wenn mal kein Besucher da ist. Unseren ersten Spaziergang schaffen wir erst um 12.30 Uhr. So spät wollte ich eigentlich nicht los. Schließlich habe ich einen festen Zeitplan in meinem Kopf. Manu pinkelt, macht sein Würstchen und nur wenige Meter später signalisiert er, dass es genug ist und er zurück will. Er hat eine gute Arbeitsmoral.
Am Nachmittag fahren wir kurz zu meinen Eltern und anschließend besuchen wir Petra in ihrer neuen Wohnung. Dort schaut sich Manu sehr genau um. Es folgt ein Ausflug in den Baumarkt. Findet er anfangs noch interessant, doch mit zunehmender Dauer immer uninteressanter. Und so steht er völlig gelangweilt im Baumarkt und zittert. Selbst als Petra ihn auf den Arm nimmt, zittert er weiter. Baumärkte sind wohl doch nicht so toll. Zeit zu fahren. Später steigt Petra einmal kurz aus dem Wagen, um etwas wegzuwerfen. Manu heult. Und ich dachte, dass er nur heult, wenn ich nicht da bin. Ich muss gestehen, dass ich etwas eingeschnappt bin.
Am Abend erzähle ich Ursula von unseren Erlebnissen und das Manu gut hört, im Büro aber kein gutes Benehmen an den Tag legt. Sie sagt, dass es daran liegt, dass er das Alphatier ist. Mist, dabei dachte ich, ich wäre das Alphatier. Ursula erklärt mir, dass es daran liegt, dass ich ihn an mir hochspringen lasse, er beim Gassi gehen manchmal vorgeht und ich ihn Räume zuerst betreten lasse. Weil ich das Alphatier sein muss, werde ich ab sofort alle Räume vor ihm betreten. Außerdem soll ich immer vor im fressen, ich meine essen, damit er sieht, dass ich der Chef bin. Ich überlege schon, wie ich sein blödes Futter runter kriegen soll, da sagt Ursula mir, dass ich auch einen Keks essen kann. Ich bin sehr beruhigt, weil ich mir echt nicht vorstellen konnte, wie ich sein stinkendes Futter genüsslich hätte verspeisen können.
Der abschließende Spaziergang soll ein erster Test werden. Ich öffne die Wohnungstür, er stürmt los. Ich schließe die Tür, er guckt mich an. Ich sage ihm, dass er sich setzen soll. Er guckt mich an. Ich sage es deutlicher. Er dreht sich beleidigt um und ignoriert mich. Ich verlasse die Wohnung und ziehe die Schuhe an, während er sich zu mir umdreht. Ich signalisiere ihm, dass er nun raus darf. Runde 1 geht an mich. Es folgt der Kampf um die Haustür. Immer wenn ich sie öffne, will er raus. Weil er klein ist, hebe ich ihn auf und setze ihn zurück. Knapper Punktsieg. Dass er beim Spazierengehen gelegentlich vorgeht, finde ich nicht weiter schlimm. Meistens gehe ich vor. Manchmal er, manchmal gehen wir nebeneinander. Unentschieden. Zurück vom Spaziergang beginnt der Kampf darum, wer als erstes in den Fahrstuhl darf. Er will einfach nicht einsehen, dass ich das Alphatier bin. Erst als ich ihn mit dem Fuß in Schach halte, kann ich vor ihm einsteigen. Knapper, aber unbefriedigender Punktsieg. Vor der Wohnungstür der gleiche Kampf. Er will partout nicht nach mir in die Wohnung. Also setze ich ihn immer wieder um. Irgendwann gehe ich als erster in die Wohnung. Hart umkämpfter Punktsieg, der sich wie eine Niederlage anfühlt. Zur Belohnung spielt er nach dem Spaziergang nicht mehr mit mir, sondern geht gleich in sein Körbchen. Bockiger, kleiner Kerl. Als ich mich ins Bett lege, jault er, steht auf und will ins Bett springen. Ich sage nein. Er guckt beleidigt, geht in sein Körbchen, bringt seine Tasche, oder was auch immer das ist, in Position und verschwindet vollkommen darin. In der Tasche leckt er an sich herum. Ob er mich noch mag?


06. September 2011 und Hundesitter Tag 6
An diesem Morgen steht er nicht mit mir auf, sondern bleibt liegen. Er guckt mich zwar an, doch beachtet mich nicht weiter. Entweder er hat sich an mich und den morgendlichen Ablauf gewöhnt, oder er ist immer noch sauer, weil ich das Alphatier sein will.
Als er später aufsteht, möchte er nicht spielen, sondern raus. Ich bin noch nicht fertig, also muss er warten. Vor der Tür folgt der nächste Machtkampf. Ich sage ihm, dass ich ihm drei Tage gebe, um zu verstehen, wer hier der Boss ist. Er scheint mir nicht zuzuhören. Vor dem Fahrstuhl folgt der nächste Streit. Energisch setze ich mich durch. Aber nur ganz knapp. An der Haustür geht es weiter. Mehrmals muss ich ihn zurückrufen. Dann drängle ich mich vor. Das ist mir zu anstrengend und macht gar keinen Spaß. Und am Ende mag er mich bestimmt auch nicht mehr. Wozu muss eigentlich irgendwer das Alphatier sein?
Bis wir endlich das Büro betreten könne, dauert es eine Weile, weil er einfach nicht einsehen will, dass der große, alte Mann vor dem kleinen, alten Hund die Zimmer betritt. Bin gespannt, wie er heute Mittag guckt, wenn ich zuerst esse. Blöde Machtspiele. Kunden begrüßt er auch heute bellend. Zwar nicht so energisch wie gestern, aber er tut es. Doch im Gegensatz zu gestern reagiere ich überhaupt nicht, sondern bleibe einfach sitzen. Die Kunden beachten ihn auch nicht. Und so setzt er sich onanierend ins Büro. Ist er ein Frustwichser?
Vor unserem Mittagsspaziergang muss ich ihn an der Leine zurückhalten, damit ich zuerst das Büro verlasen kann. Er ist wenig begeistert. Nach dem Spaziergang das gleiche Spiel. Er ist sehr unzufrieden. Dann folgt das Mittagessen. Ich bereite sein Fressen vor, stelle es weg und esse einen Keks. Er versteht die Welt nicht mehr, zittert, jault und bettelt auf zwei Beinen vor mir herum. Als ich den Keks gegessen habe, bekommt er sein Futter. Nach dem Essen will er kuscheln, ich verweise ihn auf seinen Platz. Nun zittert er und sieht so verloren aus wie an den ersten beiden Tagen, die er mit mir verbringen musste. Und das alles nur, weil ich das Alphatier sein will. Das ist doch blöd. Er zittert nun permanent. Die Harmonie ist jedenfalls zerstört. Weil ich ihn nicht leiden sehen kann, setze ich ihn später auf meinen Schoß, doch er zittert weiter. Verdammt. Dann soll er halt das Alphatier sein. In zwei Wochen muss er eh zurück zu seinen Besitzern. Später kommt die Chefin mit drei neuen Mitarbeitern ins Büro. Manu bellt alle einmal an, stellt sich dann in die Mitte und onaniert. Das ist irgendwie peinlich. Und die Chefin ist alles andere als begeistert davon, dass Manu überhaupt hier ist. Vermutlich kann sie onanierende Hunde nicht leiden.
Was den Kampf um den Rang des Alphatieres angeht, bin ich dazu übergegangen mich immer so vor Türen zu stellen, dass es ihm unmöglich ist, vor mir ein Zimmer zu betreten. Ich finde es zwar lästig, ihn gelegentlich mit den Füßen zurückzudrängen, aber diese Lösung erscheint mir angenehmer zu sein als alles, was ich vorher versuchte.
Am Abend muss er drei Stunden bei meinen Eltern bleiben, weil ich einen Termin habe, zu dem ich ihn nicht mitnehmen kann. Als ich ihn später abhole dreht er voll durch. Er quitscht, jault bellt, springt und läuft wild herum. Das gefällt mir. So begeistert wurde ich noch nie begrüßt. Manu ist ja ein Bettler, wenn es ums Fressen geht. Und so starrt er mich stets erwartungsfroh an, wenn ich mir etwas zu essen zubereite und es danach verspeise. Nach einer Weile, wenn er merkt, dass es nichts bekommt, zieht er sich beleidigt in sein Körbchen zurück, nimmt dort seine Felltasche und legt sich rein. So auch heute. Diesmal kommt er allerdings nach fünf Minuten wieder raus gekrabbelt, schaut einmal um die Ecke, sieht, dass ich den Kopf schüttle, um ihm zu signalisieren, dass er nix bekommt, und zieht sich zurück in seine Felltasche. Lustiger, kleiner Kerl.


07. September 2011 und Hundesitter Tag 7
Wie jeden Morgen bin ich etwas Misstrauisch und schaue zuerst nach, ob er irgendwo in die Wohnung gemacht hat. Hat er zum Glück nicht. Er liegt halb in seiner Tasche und beachtet mich nicht. Als ich zu viel Licht und Lärm mache, zieht er sich wieder ganz zurück in seine Tasche.
Heute früh kann ich ihn nicht mit ins Büro nehmen, weshalb er den Vormittag bei meinen Eltern verbringen muss. Als ich ihn dort abliefere und die Wohnung verlasse, jault er los. Das mag ich nicht, weil ich doch ein so sentimentaler Mensch bin und ein schlechtes Gewissen habe, weil ich ihn zurücklassen muss. Kann ich ihn am 19. September wirklich an seine Besitzer zurückgeben?
Später nehme ich an einem großartigen Seminar teil. “Die OfD – Dein Arbeitgeber”. Das Seminar findet im kalten Fahrradmuseum der OfD statt. Ich sitze neben der Mitarbeiterin aus Kamen. Ihren Körper finde ich immer noch brauchbar, aber als Gesamtkunstwerk habe ich keine Verwendung für sie. Sie ist zu träge. Ich mag träge Frauen nicht. Ich denke, dass ich sie von meiner Liste streichen kann. Bringt ja nix. Das Seminar ist auch alles andere als nützlich. Es ist eine Art Werbeveranstaltung bei der es darum geht uns dazu zu bewegen Mitglieder zu werden und monatlich Mitgliedsbeiträge zu zahlen. Kostet ja nicht die Welt. Als der Unsinn nach einer Stunde vorbei ist, bin ich durchgefroren und froh, dass ich es überlebt habe. Mitglied werde ich selbstverständlich nicht.
Ich hole Manu gegen mittag ab und er dreht voll durch, bellt, jault, springt und rennt wie ein Verrückter um mich herum. Unglaublich.
Wir fahren ins Büro. Im Auto klingt seine Atmung plötzlich etwas merkwürdig. Als würde er schlecht Luft bekommen oder eine Erkältung haben. Der wird mir doch wohl nicht krank? Bevor er später sein Futter bekommt, esse ich genüsslich einen Keks vor seiner Nase. Er winselt, jault und ist völlig durcheinander. Erst als mein Keks verspeist ist darf er fressen. Nachdem er alles verschlungen hat, ist er etwas verwirrt, zittert, steht auf seiner roten Decke, onaniert kurz, zittert weiter und legt sich dann zitternd hin. Selbst als er eingedreht auf seiner Decke liegt, zittert er weiter. Ich bin durchaus besorgt.
Weil ich das Gefühl habe, mich nicht genug um ihn zu kümmern, machen wir am Nachmittag einen langen Spaziergang. Anderthalb Stunden. Ich glaube, dass das gut für uns beide ist.
Am Abend bin ich mal wieder depressiv. Ich fühle mich beschissen und setze irgendwann Manu auf meinen Schoß. Dort schläft er. Ich fühle, wie sein Herz schlägt und bewege mich fast zwei Stunden nicht mehr, gucke dabei Fernsehen und entspanne tatsächlich. Ist er vielleicht ein Therapiehund?
Der Abendspaziergang begeistert ihn nicht wirklich und er bleibt mehrfach stehen, um zu signalisieren, dass er nicht mehr will. Weil ich das Alphatier bin, entscheide ich, wann der Spaziergang beendet wird.
Wie fast jeden Abend hüpft er aus seinem Körbchen, nachdem ich mich ins Bett gelegt habe, und möchte zu mir kommen. Ein Nein genügt auch heute und er verzieht sich enttäuscht zurück in sein Körbchen. Hunde gehören nun einmal nicht ins Bett.


08. September 2011 und Hundesitter Tag 8
Der morgendliche Spaziergang zur Garage macht Manu heute besonders wenig Spaß. Es ist kalt und windig. Alle paar Meter bleibt er stehen, um mich darauf aufmerksam zu machen, dass er zurück will. Geht aber nicht, wir müssen weiter.
Als wir in der Mittagspause Gassi gehen, spricht mich eine der Alleinerziehenden an. “Was ist das denn?” Ich schaue sie an. Sie sagt, dass sie nicht mich meint. Ich sage ihr, dass ich mir das schon gedacht habe und seit ich den Hund habe gar nicht mehr beachtet werde. Sie findet das wohl witzig und erzählt, dass sie auch einen kleinen Hund hat und wir mal zusammen Gassi gehen können. Ich reagiere nicht auf ihr Angebot, sondern gehe einfach weiter. Ich will keine alleinerziehende Mutter mit praktischen, kurzen Haaren beim Gassigehen begleiten. Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken. Hoffentlich versucht sie nicht nochmal mich zum Gassi gehen einzuladen.
Am Nachmittag gehen wir zum Tierarzt. Manus Mundgeruch und seine schlechten Zähne finde ich nicht akzeptabel. Im Wartezimmer dreht Manu irgendwie durch. Er rennt zu mir und zur Tür. Ständig hin und her. Er signalisiert, dass er raus will. Das geht aber jetzt noch nicht.
Als die Ärztin seine Zähne sieht, ist sie entsetzt. Sie sagt, dass das ein Fall für den Tierschutzbund und es Tierquälerei ist. Sie findet es gut, dass ich zu ihr gekommen bin und bietet mir sogar an, meine Adresse an interessierte Menschen, die einen Hundesitter suchen, weiterzugeben. Ich sage ihr, dass es derzeit nic und er bekommt Tabletten fürs Herz und ein Antibiotikum für die entzündeten Zähne. Wie kann man seinem Hund nur so etwas antun und wieso darf jeder Depp eigentlich einen Hund haben? Ich bezahle 23,80€ für Behandlung und Tabletten und bin traurig. Scheiß Menschen.
Am Abend bekommt Manu seine erste Herztablette. Mich macht es fertig. Ich bin zu weich für so viel Leid.


09. September 2011 und Hundesitter Tag 9
Wie mittlerweile üblich, holt sich Manu nach dem Aufstehen seine Kuscheleinheit ab. Er freut sich wie verrückt, wenn ich ihn morgens kraule und streichle. Er rutscht über den Boden und ist verzückt. Ihn muss man einfach lieben.
Unser Vormittagsspaziergang verläuft zunächst ohne interessante Geschehnisse. Doch beim abseilen seines Würstchens bleibt ein wenig Wurst an ihm hängen. Und das macht ihm Angst und gefällt ihm nicht. Er heult auf, versucht danach zu schnappen, rutscht mit dem Hintern über den Boden und rennt weg. Erst am Ende der Leine kommt er zwangsläufig zum stehen. Glücklichweise fällt der Rest irgendwann ab.
Die Gerüchte, dass ich bald nicht mehr alleine in meinem Büro sitze, verdichten sich. Eine Bürgerarbeiterin soll mir bald geschenkt werden. Ich weiß zwar nicht, was eine Bürgerarbeiterin ist und wozu so eine Bürgerarbeitrin gut ist, habe aber scheinbar keine Wahl und werde es im nächsten Monat wissen. Hoffentlich ist die nicht völlig schwachsinnig. Sonst setze ich sie in das kleine Büro vor meinem Büro. Da kann sie dann Blumen essen und den Tisch anknabbern. Ich will keine Bürgerarbeiterin.
Am Nachmittag treffen wir auf eine Frau und ihren Dackelmischling. Manu stellt sich vor der Frau auf die Hinterpfoten und tanzt vor ihr herum. Für mich ergibt das keinen Sinn. Zumindest so lange nicht, bis die Frau Hundeleckerlis aus ihrer Tasche hervorzaubert und Manu eins davon gibt. Jetzt habe ich verstanden.
Am Abend kommt Manni mich besuchen. Manu liebt Manni. Die beiden spielen Ball und Manu ist ausdauernder als je zuvor. Er will gar nicht mehr aufhören. Wenn Manni ihn mal nicht beachtet, onaniert Manu sofort sehr ausgiebig. Er benutzt dazu seine Vorderpfoten und gibt alles. Leidet Manu an einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, die sich bei ihm so bemerkbar macht?
Später als ich Manu zu mir auf den Schoß setze, bleibt er nur kurz und geht dann zu Manni, um neben ihm zu liegen. Das muss wahre Liebe sein. Als Manni später zur Toilette muss, guckt Manu die ganze Zeit zur Toilettentür. Wenn Manni da ist, dann bin ich nur noch zweite Wahl. B-Ware. Das finde ich voll Scheiße.
Nach dem Abendspaziergang sehe ich Manu dabei zu, wie er sich in seinem Körbchen sein Fellkissen so zurechtlegt, dass er rein kriechen kann. Nachdem er in seinem Kissen verschwunden ist, gehe ich ins Bad, um mich Bettfertig zu machen. Als ich mich ins Bett legen will, lande ich auf etwas Hartem, was unter der Decke versteckt ist. Ich erschrecke mich kurz und sehe dann, dass es Manu ist. Ganz schön dreist. Ich sage ihm, dass er gehen soll. Er geht ans Fußende und will es sich dort gemütlich machen. Ich sage Nein und er macht sich enttäuscht auf den Weg in sein Körbchen. Nachtruhe.


Donnerwetter. Das war wohl nichts – Hundesitter Tag 10
Am 10. September 2011 erscheine ich pünktlich zu meinem telefonisch vereinbarten Termin, um dem Benz Scheibenfolien bei Autofolien Donner in Essen einkleben zu lassen. Die Werkstatt liegt versteckt in einem Hof in der Schönebecker Str. 52 in Essen. Mein erster Eindruck ist alles andere als gut. Die Werkstatt bietet nur noch Platz für einen PKW. Der Rest der Werkstatt ist vollgestellt. Vor der Werkstatt, besser gesagt, halb in der Werkstatt steht ein Fahrzeug an dem offenbar gerade gearbeitet wird. Das Fahrzeug passt nicht in die Werkstatt, weil in der Werkstatt ein Mercedes CLS steht. Der Firmenchef, ein Mann der sicher mehr als 100kg auf die Waage bringt, ist in der Werkstatt. Raus kann er nicht, weil das Fahrzeug den Ausgang blockiert. Ich bin nicht wirklich angetan vom ersten Eindruck. Und es wird noch besser. Als ich dem Chef sage, dass ich um 09.30 Uhr einen Termin habe, ist er irritiert. Den Termin hat er wohl vergessen einzutragen. Weil er ein flexibler Mann ist, sagt er, dass das kein Problem ist und mein Fahrzeug als nächstes dran ist. Dann verschiebt er seinen 11.00 Uhr Termin um ein bis zwei Stunden und ruft seinen Mitarbeiter an, weil es zu zweit ja viel schneller geht. Sein Mitarbeiter geht leider nicht ans Telefon. Und das, obwohl der Mitarbeiter heute auf jeden Fall kommen sollte, weil so viel zu tun ist. Ich bleibe ruhig. Entweder ist das hier eine reine Improvisationswerkstatt mit Laiendarstellern, oder es wirkt nur so und ist am Ende doch gut. Weil mir der Chef trotz des Chaos auf eine spezielle Weise sympathisch ist, hoffe ich, nein, bin sogar irgendwie zuversichtlich, dass er gute Arbeit ablierern wird.
Die nächste Zeit verbringe ich wartend vor der alten Werkstatt oder mache einen Spaziergang mit Manu. Dabei passiert es, dass mir die Leine irgendwann ganz leicht vorkommt. Und während ich mich Frage, warum das so ist, kommt auch schon das Halsband an mir vorbei gerutscht. Der Hund ist natürlich nicht dabei. Er steht hinter mir als wäre alles okay. Ob er sein zu weites Halsband abgeworfen hat, um mir zu signalisieren, dass es auch ohne geht? Oder war es einfach nur ein Zeichen?
Es ist bereits nach 12.00 Uhr als der andere Wagen endlich fertig ist und mein Benz an der Reihe ist. Weil der Benz zu groß ist, um ihn zwischen Tür und Werkstatt zu stellen, fährt der Chef den Mercedes CLS raus und ich den Benz rein. Der Chef erzählt mir, dass die Groupon Aktion nicht gut für ihn war und er zu viele Scheibentönungen verkauft hat. Erwartet er nun, dass ich ihn bedauere? Vielleicht hätte er sich das überlegen sollen, bevor er mit Groupon einig wurde. Sein Mitarbeiter hat sich noch immer nicht gemeldet. Mittlerweile kommt mir das hier mehr als nur merkwürdig vor. Der Chef macht sich an die Arbeit. Er schneidet die Folie fürs Heckfenster, klettert in mein Fahrzeug und wirft kurz danach die Folie weg. Versuch 1 ging schief. Meine Heckscheibe ist groß, da kann so etwas mal vorkommen. Der zweite Versuch gelingt. Immerhin.
Weil es immer später wird und mich langweilt und iregndwie auch entsetzt, den dicken Mann in meinem Auto rumklettern zu sehen, mache ich einen weiteren Spaziergang mit Mnau. Dieses mal versuchen wir es ganz ohne Leine. Schließlich haben wir heute ein Zeichen bekommen, dass das möglich ist. Manus Neigung auf die Straße zu rennen, kann ich mit einem lauten “Hey“ stoppen. Ich bin damit durchaus zufrieden, aber vermutlich sollte ich nicht so leichtfertig sein. Andererseits kann ein Hund, der ständig an der Leine rumläuft, kein glücklicher Hund sein. Doch vermutlich ist das hier kein guter Zeitpunkt, um das wirklich auszuprobieren.
Der Chef versucht sich mittlerwele am linken, hinteren Seitenfenster, welches ihm offensichtlich Schwierigkeiten macht. Und so ist es wenig verwunderlich, dass der erste Versuch, die Folie einzukleben, misslingt. Zeit für eine kurze Pause. Der Chef geht raus zu dem Mercedes CLS. Dieser wurde komplett mit Folie überklebt. Tolle Folie, doch leider gespickt mit einigen unschönen Bläschen. Der Chef sagt, dass die in der Sonne von alleine verschwinden. Trotzdem sticht er die Blasen auf. Wirklich verschwinden sie davon jedoch nicht. Während ich mir den CLS so anschaue, entdecke ich einige dieser kleinen Bläschen. Meine Hoffnung, dass meine Scheiben am Ende gut aussehen, sinkt rapide. Die Pause ist vorbei und der Chef versucht erneut die Folie einzukleben und sagt, dass sein Mitarbeiter auf dem Weg sei. Ich frage mich auf welchem Weg der wohl ist. Der zweite Versuch klappt. Nur noch eine Scheibe bis es vorbei ist. Es ist bereits nach 15.00 Uhr. Der Chef, der besser reden als Folien einkleben kann, erzählt, dass er eine andere Werkstatt mieten will. In besserer Lage mit mehr Platz. Dann kann er auch mehr Geld für seine Arbeit verlangen. Ich finde, dass die Preise schon hoch genug sind für das, was er hier abliefert sind sie sogar zu hoch. Währenddesen spielt Manu mit einer Spinne. Wobei spielen vielleicht nicht wirklich der richtige Ausdruck ist, denn am Ende des Spiels, welches Manu sehr zu genießen scheint, ist die Spinne verspeist und nur Manu glücklich und zufrieden.
Der erste Versuch an der letzten Scheibe ist gerade fehlgeschlagen als der Mitarbeiter endlich erscheint. Knapp über zwanzig Jahre alt ist dieser und wirkt ziemlich desinteressiert. Er setzt sich in den Benz und bearbeitet die eingeklebten Folien mit einem Fön. Währenddessen schlägt auch Versuch 2 an der Seitenscheibe fehl. Langsam fürchte ich, dass ich hier gar nicht mehr wegkomme. Es ist bereits nach 16.00 Uhr als der Chef ankündigt, dass er nur noch einen dritten und letzten Versuch unternimmt und dann aufgibt. Ich bin durchaus angepisst. Der dritte Versuch schlägt ebenfalls fehl. Die Dichtungen meiner Scheiben sind zu eng und deshalb gibt der Chef nun auf. Ich sage ihm, dass ich das so nicht akzeptieren kann. Er sagt, dass es einfach nicht geht. “Dann hätten Sie den Auftrag nicht annehmen dürfen.” – “So alte Autos mache ich auch nie wieder.” – “Trotzdem kann ich das so nicht akzeptieren. Was soll ich mit zwei verklebten Scheiben? Wie sieht das denn aus?” Er sagt, dass ich zu Mercedes fahren soll. Ich erkläre ihm, dass das nicht günstig wird und er das dann bezahlen muss, was er nicht will. “Das ist alles Ihre Schuld.” – “Meine Schuld?” -“Ja. Ihre Schuld.” – “Warum ist das meine Schuld?” – “Weil das ihr Auto ist.” – “Was ist denn das jetzt für eine Argumentation?” Ich erkläre noch einmal ausführlich, dass ich so eine Arbeit nicht hinnehmen kann. Er sagt, dass ich froh sein soll, dass ich wenigstens die Heckscheibe beklebt bekommen habe. Für den Preis wäre er damit voll zufrieden. Ich sage ihm, dass ich ihm das nicht glaube und dass er das nur sagt, weil er nicht weiter weiß. Ein Bekannter von ihm, der unser Gespräch mitgehört hat, schlägt vor die hintere Seitenverkleidung meines Fahrzeugs zu lösen und die Dichtung auszubauen, um so Platz für die Folie zu schaffen. Der Chef ist einverstanden. Versuch 4 wird in Angriff genommen und tatsächlich klappt es. Wird aber auch Zeit, denn es ist bereits nach 19.00 Uhr. Nachdem alles wieder zusammengebaut ist, sagt mir der Chef, dass, wenn es kleine Bläschen gibt, diese nach ein paar Tagen von allene wieder verschwinden. Trotz meiner Zweifel bedanke ich mich für die Mühe, die er sich gemacht hat. Auch wenn das alles vollkommen chaotisch war, finde ich den Chef auf seine tapsige Art sympathisch und wünsche mir, dass ich am Ende zufrieden mit dem Ergebnis seiner Arbeit bin. Er sagt, dass ich ihn weiterempfehlen soll. Mache ich, aber nur, wenn am Ende alles gut aussieht. Wirklich daran glauben kann ich allerdings nicht. Es ist 19.34 Uhr. Ich will nur noch hier weg. Manu hat erstaunlicherweise kein einziges Mal onaniert. Das macht er wohl nur in Wohnungen. Ich frage mich, wie er zu einem Wohnungs-Onanierer wurde.


Hundesitter Tag 11
Um 04.37 Uhr werde ich von Manus Gejaule wach. Ich denke, dass es mal muss und stehe auf. Er springt ins Bett. Ich sage ihm, dass er das lassen soll. Er legt sich zurück in sein Körbchen. Versteh ich alles nicht. Wir schlafen ein.
Gegen 08.00 Uhr machen wir unseren Spaziergang. Und zum ersten Mal kackt Manu auf den Hof. Das ist mir sehr unangenehm und ich überlege ernsthaft, ob ich das Würstchen, also das Kackwürstchen, nicht Manu, entfernen soll. Weil der Mülleimer im Hof zu voll erscheint, verzichte ich darauf und tue so als wäre nichts passiert. Hoffentlich hat niemand etwas bemerkt. Falls jemand fragt, werde ich behaupten, dass Manu so etwas nie tun würde.
Als ich später die Wohnung putze, fällt mir auf, dass es nach Urin stinkt. Warum ist das so und woher kommt das? Ein paar Minuten später finde ich den Grund für die Geruchsbelästigung heraus. Manu hat gegen die Balkontür gepinkelt. Warum macht er so etwas? Warum geht er nicht ins Bad, wenn er so dringend muss? Da hätte ich es einfacher reinigen können. Da wäre es ja sogar angenehmer, wenn er in die Küche gekackt hätte. So muss ich jetzt versuchen den Teppich wieder in einen akzeptablen Zustand zu bringen. Das macht keinen Spaß und führt nur zu einem befriedigendem Ergebnis. Der Teppich ist versaut. Definitiv.
Bei unseren Spaziergängen findet Manu immer etwas, was er verspeisen kann. Essensreste liegen fast überall. Und ich kann nicht verhindern, dass er das eine oder andere verschlingt. Fresssack.
Am Nachmittag besuchen wir Petra. Dort leckt er einen dreckigen Teppich ab. Danach onaniert er. Schreckliche Angewohnheiten.
Am Abend besuchen wir Manni. Dort onaniert er natürlich auch. Erst als ich ihm sage, dass er auf meinem Schoß liegen darf, hört das onanieren auf. Auf dem Weg nach Hause regnet es furchtbar. Hatte ich schon erwähnt, dass er das hasst? Zu Hause bekommt er einen Klecks Leberwurst inklusive Herztablette und Antibiotikum. Schlafen möchte er anschließend auf dem Sofa. Er versucht unter die Decke zu kriechen, was ich ihm verbiete, denn diese Decke ist nicht zum zudecken da, sondern um mein Sofa zu schützen. Ich hole ihm ein Handtuch mit dem er sich zudecken darf. Er findet das wohl okay und bleibt auf dem Sofa. Ob er denkt, er sei bei mir im Hundeparadies?


12. September 2011, Hundesitter Tag 12 und Scheiben voller Blasen
Wieder verbringen wir einen Tag im Büro. Manu schläft die meiste Zeit. Bei unseren Spaziergängen macht er das, was er am liebsten macht. Schnüffelnd die Gegend erkunden und dabei nie vergessen, nach Nahrung zu suchen. Ich habe noch nie einen Hund erlebt, der ständig so intensiv danach sucht, irgendwas zu fressen zu finden. Und er hat ständig Glück. Irgendwo findet er immer etwas. Unglaublich.
Es ist leider deutlich zu erkennen, dass die Scheibenfolien am Benz voller Blasen sind. Selbst die Heckscheibe ist voll von kleinen Blasen. Dabei hatte ich so gehofft, dass wenigstens dort keine Fehler zu sehen sind. Ich fürchte, dass sie nie mehr verschwinden werden und ich diesen Donnervogel anrufen muss, um ihm mitzuteilen, dass er nichts kann.
Der zwölfte Tag mit Manu geht zu Ende. Viele weitere Tage bleiben uns nicht und ich kann nicht sagen, dass mir der Gedanke an den Abschied gefällt. Ich glaube, ich liebe diesen kleinen Kerl, obwohl er meine Wohnung gelegentlich mit einer Toilette verwechselt. Am Abend schauen wir zusammen einen Film. Manu liegt mal auf, mal neben mir und ist immer darauf bedacht, Körperkontakt zu halten. Wie soll ich nur wieder ohne ihn Leben können?


13. September 2011 und Hundesitter Tag 13
Heute werden Manu und ich nicht viel Zeit miteinander verbringen. Ich kann ihn nicht mit ins Büro nehmen und muss ihn deshalb meinen Eltern geben. So kann ich mich schon daran gewöhnen, wie es ab nächste Woche wieder im Büro sein wird.
Um 16.30 Uhr fahre ich zu meinen Eltern. Aber nicht, um ihn abzuholen, sondern um zu essen und wieder zu verschwinden, weil ich zu meiner Gruppentherapie muss. Zur Begrüßung flippt Manu völlig aus. Er springt, quitscht, jault und ist scheinbar begeistert, dass ich wieder da bin. Ob er sich auch so freuen würde, wenn er wüsste, dass ich gleich wieder weg bin? Von 17.00 Uhr bis 20.00 Uhr bleibt er noch bei meinen Eltern. Als ich gegen 20-00 Uhr komme, um ihn abzuholen, fliegt er mir förmlich entgegen. So viel überschwängliche Freude habe ich noch nie erlebt. Zeit ihn anzuleinen und zu gehen. Wir besuchen Petra und Markel. Manu langweilt sich zunächst. Doch als Markel etwas isst, ist Manu natürlich direkt dort, um ihn anzubetteln. Markel schiebt ihn mit den Füßen weg. Markel kann so gar nicht mit Tieren. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der Tiere so wenig mag und sich so hölzern Teiren gegenüber verhält. Manu lässt sich davon nicht abhalten und bettelt weiter. Weil das nicht bringt, onaniert er wieder. Ich habe, seit er bei mir ist, nicht einmal onaniert. Ist bestimmt auch nicht gesund. Als wir uns um 20.54 Uhr auf den Weg nach Hause machen, sammelt Manu alles vom Boden auf, was ihm einigermaßen essbar erscheint. Vielleicht hat er wirklich eine psychische Störung, die verschiedene Zwangshandlungen hervorruft. Ob ich ihn zur Gruppentherapie hätte mitnehmen sollen?
Egal, wann wir nach Hause kommen, guckt Manu zuerst in seinen Napf, ob es etwas zu fressen gibt. Dabei gibt es zwischendurch nie etwas. Kann er scheinbar nicht glauben. Sein Antibiotikum ist mittlerweile aufgebraucht, sein Mundgeruch weniger und es scheint als würde er sich jetzt besser fühlen. Ich kann nur hoffen, dass seine Besitzerin mit ihm zum Arzt geht und dafür sorgt, dass er regelmäßig seine Herztabletten bekommt. Blöde Besitzerin.


Hundesitter Tag 14
Der Tag beginnt mit der üblichen Begrüßungszeremonie. Später im Auto weicht Manu allerdings von seinem üblichen Verhalten ab. Er sitzt nicht einfach nur da und starrt mich an, sondern kratzt zunächst auf der Fußmatte rum, dann setzt er sich und onaniert. In meinem Auto onaniert man nicht. Weder er, noch ich, noch sonst irgendein Fahrgast. Wenn so etwas in meinem Auto passiert, dann lässt man es sich machen. Ich sage ihm also, dass er sofort damit aufhören soll und er hört tatsächlich auf mich und legt sich hin. Na also, geht doch.
Am Abend besucht mich Markus. Als Manu ihn sieht, flippt er völlig aus. Er denkt tatsächlich, dass jeder Besuch nur für ihn ist. Das mit dem Alphatier ist wohl noch lange nicht geklärt. Viel Zeit zum klären bleibt uns allerdings nicht, weil er schon bald wieder zurück zu seiner Besitzerin muss. Da ist er bestimmt auch das Alphatier.


15. September 2011 und Hundesitter Tag 15
Das morgendliche Ritual sah, seit er das Antibiotikum bekam, so aus, dass er direkt nach dem Aufstehen etwas Leberwurst mit Tablette bekam. Nun, wo das Antibiotikum aufgebraucht ist, bekommt er trotzdem zum Frühstück einen Klecks Leberwurst. Normalerweise legt er sich danach nicht wieder in sein Körbchen, heute jedoch macht er das. Dabei gehen wir ein paar Minuten nach seinem Snack immer aus dem Haus. Also rufe ich ihn, als es soweit ist. Er hört nicht und bleibt liegen. Ich hole die Leine. Sobald er die sieht springt er nämlich immer auf und freut sich. Heute jedoch nicht. Nur ein kurzer Blick, dann döst er weiter. Ich gehe zu ihm und spreche ihn an. Mit einem Auge schaut er mich an, reagiert aber nicht weiter. Ich stupse ihn leicht mit dem Finger an. Keine Reaktion. Sehr merkwürdig. Ich überlege kurz, dann weiß ich, was zu tun ist. Ich gehe in die Küche und stoße kurz gegen seinen Fressnapf. Schon steht er neben mir. Wenn es ums Fressen geht, dann ist er immer sofort hellwach. Hah, wer ist jetzt das Alphatier? Ich vermutlich nicht.
Auch weiterhin rede ich viel mit Manu und quatsche ihn fast pausenlos beim Autofahren voll. Fotografieren will ich ihn auch ständig. Das ist doch krank.
Im Büro frieren wir beide und zittern fast synchron. Ich kann es nicht sehen, wenn er zittert. Also decke ich ihn mit seiner Decke zu. Er soll hier im Büro schließlich nicht leiden und nicht frieren. Entgegen seiner Angewohnheit wie ein Vollidiot kläffend zur Tür zu rennen, wenn jemand kommt, liegt er heute einfach auf seiner Decke, wenn Besucher kommen und beachtet sie nicht einmal. Versteh ich zwar nicht, gefällt mir aber.
Ich muss im Klassenraum der Alleinerziehenden, der gleichzeitig mein Kopierraum ist, etwas kopieren. Als ich die Tür öffne schauen mich die alleinerziehenden Grazien an. Besonders die kurzhaarige Gassigeherin verfolgt mich mit ihrem Blick. Ich gucke schnell weg und starre nur noch auf den Kopierer. Das geht ja gar nicht und ist obendrein voll peinlich.
Am frühen Abend lasse ich Manu ohne Leine auf den Hof, was sich sehr schnell als schlechte Idee herausstellt, weil er einfach so Richtung Straße spaziert und auf mein Rufen so gar nicht reagiert. Ich versuche es ein paar Mal recht freundlich. Bestimmt, aber freundlich. Keine Reaktion. Also gehe ich ihm nach, hole ihn kurz vor der Straße ein, baue mich vor ihm auf und brülle ihn richtig zusammen. Er schrumpft förmlich vor mir zusammen. Mit angelegten Ohren steht er ganz klein vor mir. Ich zeige ihm an, dass er sofort zurückgehen soll. Er geht ein paar Schritte, dann fängt er wieder an zu schnuppern und rumzualbern. Energisch weise ich ihn zurecht. In gebückter Haltung und mit angelegten Ohren macht er sich auf den Weg zurück zum Auto. Bis zum Auto bleibt er gebückt. Wer nicht hören will, der wird angebrüllt. Ich hoffe, dass er in Zukunft auf solche eigenmächtigen Ausflüge verzichtet.


16. September 2011 und Hundesitter Tag 16
So leise wie möglich mache ich sein Futter in den Napf. Noch bevor ich mich umdrehen kann, steht er schon neben mir. Unglaublich.
Im Büro frieren wir beide um die Wette. Wir einigen uns darauf, dass es wärmer ist, wenn er auf meinem Schoß liegt. Stimmt tatsächlich. Er zittert danach weniger, ich leider nicht. Später sitzt er auf seiner Decke und beobachtet Fliegen. Manchmal schnappt er nach Ihnen, manchmal läuft er ihnen nach und versucht sie zu fangen. Fliegen scheinen ihn irgendwie zu irritieren.
Es hat sich mittlerweile zu einer Art Tradition entwickelt, dass der Ehrengast den Anrufbeantworter vollquatscht. Den größten Teil seiner Ausführungen verstehe ich nicht. Ich verstehe nur, dass er mich jedes Mal bittet ihn zurückzurufen und es öfter klingeln zu lassen, weil er nicht immer sofort drangehen kann. Außerdem gibt er mir jedes Mal seine Handynummer durch. Vollkommen sinnlos, da ich nie zurückrufen werde. Und so ruft er immer wieder an oder steht plötzlich einfach so in meinem Büro. Dann schreibe ich völlig schwachsinnige Briefe und er geht wieder. Dieses Spiel wiederholt sich in regelmäßigen Abständen. Ob der Ehrengast meine Lebensaufgabe wird?
Am Abend kommt Ursula zu Besuch. Als wir später Fernsehen, liegt Manu auf ihrem Schoß und döst vor sich hin. Plötzlich springt er auf, knurrt und bellt. Er springt ihr vom Schoss, verliert Gleichgewicht und Kontrolle und knallt gegen den Tisch, ist kurz verwirrt, rappelt sich auf, knurrt und bellt weiter und rennt Richtung Tür. Dort bleibt er verwirrt stehen. Wir haben keine Ahnung, was er gehört oder geträumt hat. Ursula kann sich vor Lachen kaum halten. Manu ist wirklich ein durchgeknallter, kleiner Hund.
Später als wir im Bett liegen, versucht er zu uns zu kommen. Wir verbieten es ihm. Schön, dass er es auch weiterhin fast jede Nacht versucht. Inkonsequenz kann man ihm jedenfalls nicht vorwerfen.


Hundesitter Tag 17 und Scheiben voller Blasen
Der Tag beginnt mit dem Morgenspaziergang. Danach sucht Manu die Wohnung nach irgendwelchen essbaren Dingen ab. Er findet einen meiner Ohrenstöpsel, der runtergefallen ist, schnappt ihn sich und kaut drauf herum. Das sieht echt bekloppt aus, wie er auf dem gelben Ohrenstöpsel rum kaut. Ich mache ihm klar, dass er das nicht darf und er spuckt den Ohrenstöpsel aus.
Weil die Blasen an den Scheiben meines Benz nach einer Woche noch nicht weg sind, rufe ich den Folienmann an, um dies mitzuteilen. Er ist noch immer zuversichtlich, dass die Blasen von alleine verschwinden. Optimistischer Träumer und Betreiber einer Hobbybastelwerkstatt. Wir vereinbaren, dass ich am Samstag, den 24. September, vormittags zu ihm komme, damit er die Blasen entfernen kann.
Wir bringen Manu zu meinen Eltern. Dort bekommt er von meinem Vater zum Mittagessen statt 100g gleich 200g seiner Ration. Man könnte ihm auch 1000g geben, er würde alles auffressen. Nach der Fütterung machen meine Eltern einen Spaziergang mit Manu. Kaum sind sie zurück, holen wir Manu ab und erfahren, dass er die doppelte Menge Nahrung zum Mittag bekommen hat. Das muss er natürlich abtrainieren. Bevor ich ihn mitnehmen kann, sieht Manu sich im Flurspiegel und macht einen Satz auf sein Spiegelbild zu, um am Spiegel abzuprallen. Er scheint nicht zu verstehen, was ihm geschah, verzichtet aber auf einen weiteren Versuch.
Nach einer einstündigen Wanderung ruht sich Manu zu Hause aus. Ursula und ich gehen auf den Balkon. Nach einer Weile stürmt Manu auf die Fliegengittertür zu und wirft sich dagegen. Die Tür geht ein wenig auf und Manu fliegt ein wenig zurück. Dann bleibt er sitzen und starrt Richtung Tür. Was wollte er nur mit dieser Aktion erreichen? Später als wir längst im Bett liegen springt er fröhlich zu uns. Erneut machen wir ihm klar, dass er nicht ins Bett darf. Enttäuscht geht er in sein Körbchen. Nachtruhe.


Hundesitter Tag 18
Der vorletzte Tag startet mit dem Morgenspaziergang. Direkt nachdem er sein Wurst abgeseilt hat, will er wieder zurück. Ich bin einverstanden. Von 11.00 Uhr bis 14.30 Uhr wohnt er bei meinen Eltern. Anschließend machen wir einen großen Spaziergang. Ohne Leine. Manu läuft artig hinter mir her. Ich liebe unkomplizierte Spaziergänge mit Hund.
Am Abend besuchen wir Manni. Auf dem Weg dorthin frisst Manu wieder allerlei Kram von der Straße. Als er ein besonders großes Stück zerkaut, rufe ich „Pfui“, gehe auf ihn zu und will ihn dazu bringen es auszuspucken. Als ich auf ihn zukomme, macht er sich ganz klein und lässt sich dann auf die Seite fallen. Natürlich kaut er weiter. Ich bin etwas irritiert. Er muss ja nicht gleich umfallen, nur weil ich nicht will, dass er ständig den ganzen Müll vom Boden frisst. Glaubt er etwa, dass ich ihn schlagen würde? Kaum bei Manni angekommen, setzt er sich auf einen Teppich und onaniert. Er lässt sich durch nichts davon abbringen. Wenn ich nur wüsste, was das zu bedeuten hat. Wenige Minuten später ruft seine Besitzerin an, um mir zu sagen, dass sie ihn morgen um 17.00 Uhr abholt. Sie fragt, ob es irgendwas gab. Ich sage ihr, dass Manu einen Herzfehler hat. Sie sagt ziemlich emotionslos „Ah, ja.“ Ich sage ihr, dass das von den Zähnen kommt. „Von den Zähnen? Ah, ja.“ Es scheint sie nicht wirklich zu interessieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie mit Manu zum Arzt gehen wird. Hoffentlich täusche ich mich.
Später versucht er natürlich wieder ins Bett zu kommen. Ich mache ihm klar, dass das nicht geht. Er jault ein wenig, dann gibt er auf.


19. September 2011 und Hundesitter Tag 19
Um 01.27 Uhr werde ich von Manus Gejaule geweckt. Ich bin verwirrt und mache das Licht an, um zu schauen, was es für ein Problem gibt. Das Problem ist, dass Manu ins Bett möchte. Ich sage ihm, dass das nicht geht. Er verzieht sich in sein Körbchen.
Als wir am Morgen aufbrechen wollen, liegt er noch in seinem Körbchen. Ich mache seinen Frühstückssnack in seinen Napf. Er kommt angestürmt, frisst, und geht dann wieder in sein Körbchen. Ich zeige ihm die Leine, er ignoriert mich. Ich gehe in die Küche und klopfe an seinen Napf. Sofort steht er da, um zu gucken, was es zu fressen gibt. Nichts. Enttäuscht legt er sich wieder in sein Körbchen. Heute ist er echt hartnäckig. Ich ziehe sein Körbchen ins Wohnzimmer. Er liegt in dem Körbchen und schaut sich alles an. Als das Körbchen an seinem neuen Platz steht, will er weiter schlafen. Ich rede auf ihn ein und endlich verlässt er sein Körbchen und wir können aufbrechen zu unserem letzten gemeinsamen Arbeitstag.
Im Büro folgt unser kurzes Kuschelritual. Er rutscht mit dem Kopf über den Teppich, während ich ihn streichle. Er hat einen Mordsspaß, wenn wir das machen. Ich find es auch prima. Ich werde den kleinen Kerl echt vermissen. Heute darf er besonders oft auf meinem Schoß sitzen. Und das, obwohl sein Mundgeruch wieder stärker geworden ist in den letzten Tagen. Wenn ich mich nur darauf verlassen könnte, dass seine Besitzerin mit ihm zum Tierarzt geht.
Um 17.23 Uhr ist es soweit. Die Besitzerin kommt, um ihn abzuholen. Kaum ist sie da bin ich völlig abgemeldet. Die Begrüßung ist herzlich, beide freuen sich. So sieht echte Wiedersehensfreude also aus. Ich sage der Frau, dass sie mit Manu zum Arzt muss, weil er seine Tabletten braucht. Was ich dann von ihr erfahre, finde ich allerdings weniger gut. In den drei Jahren, die sie ihn jetzt haben, waren sie nicht einmal beim Arzt. Ich kann das nicht verstehen, entschuldige es aber damit, dass sie es einfach nicht besser wussten, und hoffe, dass sie in den nächsten Tagen tatsächlich zum Tierarzt gehen und dort drüber aufgeklärt werden, dass so ein Hund auch ab und zu zum Arzt muss. Verabschieden kann ich mich nicht mehr von Manu, weil er mich gar nicht mehr beachtet. Vermutlich hat es ihm bei mir doch weniger gut gefallen als ich gedacht habe. Egal, Hauptsache er ist glücklich und kommt zum Tierarzt.


22. September 2011
Heute schenkt mir eine Frau eine Tafel Schokolade. Ohne mich groß dagegen zu wehren, nehme ich die Tafel an. Milka Schokolade. Das gefällt mir. Obwohl man keine Geschenke annehmen darf, lasse ich mich weiter beschenken. Vor mir sitzt eine Frau, die mir unbedingt 2€ schenken will. Ich sage ihr, dass ich kein Geld annehmen darf. Sie besteht allerdings darauf, dass ich das Geld nehme und überredet mich, das Geld einzustecken. Na gut, bevor ich mich hier schlagen lasse.


Der Donnervogel versteckt sich
Wie vereinbart erscheine ich am 24. September 2011 zur Beseitigung der Bläschen an den Scheiben des Benz. Doch dummerweise ist außer mir niemand da. Das Tor zur Hobbybastelwerkstatt ist verschlossen. Keine Spur vom Folienmann. Nur gut, dass ich seine Nummer habe. Gar nicht gut, dass er nicht ans Telefon geht. Somit bin ich 50 Kilometer umsonst gefahren. Das kann echt nicht wahr sein. Das Ganze wird mehr und mehr zur Farce. Ich gehe in die Stadt, trinke etwas und versuche es gegen 12.00 Uhr nochmal. Die Werkstatt ist weiterhin verschlossen, der Hobbywerkstattbetreiber weiterhin nicht erreichbar. Ich schreibe ihm eine SMS, dass ich sein Verhalten unmöglich finde. Keine Reaktion. Ich fahre nach Hause. Dort angekommen schreibe ich ihm eine Mail. Er soll mir einen Vorschlag machen, wie wir die Sache regeln können. Mein Vorschlag: Geld zurück und Folien raus. Ich setze ihm eine Frist bis Mittwoch und kündige rechtliche Schritte an. Ich erwarte nicht, dass er auf meine Mail reagiert.
Am nächsten Tag putze ich die Scheiben und schaue mir die Folien ganz genau an. Die Heckscheibe ist nicht nur voller Blasen, sie ist auch voller Kratzer. Schlechter hätte ich es wohl auch nur unter größter Mühe hinbekommen. Zu den Seitenscheiben kann ich auch nicht viel sagen. Sie sind ebenfalls eine Katastrophe. Die Krönung des ganzen Malheurs offenbart sich bei der ersten Fahrt in der Dunkelheit. Wenn die Scheinwerfer der hinter mir fahrenden Fahrzeuge meine Heckscheibe anleuchten, sehe ich im Spiegel nur Kratzer, Bläschen und Fehler. Ich kann den Donnervogel echt jedem empfehlen, der auf schlechte und unprofessionelle Arbeit steht. Allen anderen kann ich nur davon abraten.


Joggen – Der nächste Versuch
Am 25.09.2011 starte ich einen neuen Versuch. Das Wetter ist optimal zum joggen und nach dreieinhalb Monaten Pause bin ich zuversichtlich, dass ich 25 bis 30 Minuten entspannt joggen kann.
Die ersten zehn Minuten sind herrlich. Ich fühle mich hervorragend und bin zufrieden. Doch kurz danach meldet sich mein Knie, um mir zu signalisieren, dass es keine gute Idee ist hier durch den Wald zu joggen. Die Schmerzen steigen kontinuierlich an. Ich finde das völlig inakzeptabel. Trotzdem muss ich nach vierzehn Minuten kurz aufhören zu joggen. Exakt zweiundzwanzig Sekunden gebe ich meinem Knie zur Regeneration, dann laufe ich wieder los. Eine Minute halte ich durch, dann werden die Schmerzten wieder heftiger. Das ist doch Scheiße. Ich laufe weiter, doch mir ist klar, dass mein Laufziel unerreichbar ist. Nach exakt 17 Minuten und 30 Sekunden gebe ich auf. Die Schmerzen sind unerträglich. Mein Knie hat gewonnen. Auch wenn ich es nicht glauben, und noch weniger akzeptieren mag, ist es doch Fakt. Ich bin alt, zu alt zum joggen, aber zu jung zum sterben. Das Leben kann echt grausam sein. Nächstes Jahr versuche ich es einfach nochmal. Alles andere wäre albern.


26. September 2011
Die Zeit der Geschenke geht weiter. Ein Gast schenkt mir Kaffee, den er extra für mich gekauft hat. Ich mag zwar keinen Kaffee, doch das macht nix. Den Kaffee bekommen meine Eltern. Dann freuen die sich auch mal. Hatte ich schon erwähnt, dass ich Geschenke liebe? Ich glaube, ich bin eine Art Don. Cool.


27. September 2011
Heute ist der Mann mit dem Stufenheckpolo, der bald den Gourmetführer schreiben wird, wieder zu Gast. Er möchte eine Bewerbung für eine Gärtnerei geschrieben haben. Ganz wichtig ist ihm, dass ich einen von ihm entworfenen Satz in die Bewerbung einfüge. Schon als ehemaliger Pilzberater und bekennender Naturfreund habe ich mir viel Wissen über die Flora von Wald und Garten angeeignet. Ich bin sehr erfreut einen Mann vor mir sitzen zu haben, der Pilze beraten hat. So ein Pilzberater ist eine nützliche Sache, denn so wissen die Pilze, wie sie sich verhalten und wo sie wachsen müssen. Mein Besucher ist wahrhaftig ein vielseitiger Mann. Und obwohl er irgendwie schräg ist, komme ich mittlerweile gut mit ihm aus. Sollte ich mir deshalb Sorgen machen?


Das lang ersehnte Comeback
Seit Monaten träume ich davon noch einmal Fußball zu spielen. Noch einmal Tore zu schießen und über den Platz zu wirbeln. Heute ist es tatsächlich soweit. Loerz und seine Jungs, die regelmäßig spielen, haben einen Platz für mich. Ich bin tatsächlich so aufgeregt als hätte ich ein Date mit einer aufregenden Frau. Nach über drei Jahren kehre ich heute auf den Fußballplatz zurück und kann es kaum glauben. Ich schlüpfe in mein blaues Chelsea-Trikot mit der Nummer 7. Dazu trage ich meine blauen Fußballschuhe. Optisch sieht das sehr nach Fußball aus.
18.30 Uhr. Soccerworld Dortmund. Ich betrete den Kunstrasen. Hier wollte ich seit Jahren wieder hin. Meine Mitspieler machen einen fitten Eindruck. Das Spiel beginnt. Ich stehe im Tor. Ein paar Mal werde ich angeschossen. Das ist gut fürs Selbstvertrauen. Nach einer Weile darf ich aufs Feld und irre ziemlich desorientiert über den Platz, stehe ständig falsch, werde ausgespielt und habe Angst um meinen Fuß. Nicht gerade die besten Voraussetzungen. Mein zweiter Torschuss landet genau da, wo er landen soll. Im Tor. Immerhin. Nach ein paar Minuten kommt es mir so vor als würde ich schon Stunden hier rumrennen. Der Ball macht nur selten, was ich will. Stets bin ich mindestens einen Schritt zu spät. So wie ich hier rumstolpere könnte man den Eindruck gewinnen, dass ich irgendwie behindert bin. Zweimal treffe ich noch das Tor, dann verliere ich vollends die Orientierung. Mein Körper ist am Ende. Ich bin am Ende. Wenige Minuten später stehe ich wieder im Tor und halte so gut wie keinen Ball. Früher war ich besser und beweglicher. Jetzt hole ich einen Ball nach dem anderen aus dem Netz. Selbst das fällt mir mittlerweile schwer. Ich bin stehend K.O. Mein Bein ist aufgeschürft und das Spiel ist mir zu schnell. Ständig liege ich auf dem Boden, ohne den Ball daran hindern zu können im Netz zu landen. Meine Reflexe scheinen nicht mehr zu funktionieren. Ich bin alt geworden. Aber immerhin macht mein Knie keine Beschwerden. Liegt vermutlich daran, dass ich nicht jogge. Nach einer Stunde Spielzeit ist Halbzeit. Für mich bedeutet es Abpfiff. Keinen Meter werde ich mich mehr bewegen. Stattdessen fahre ich nach Hause. Es war schön, aber auch erschreckend anstrengend.
In der Nacht kann ich nicht auf der rechten Seite liegen. Unter der Hautabschürfung muss sich wohl eine Prellung verstecken. Am nächsten Morgen geht es einigermaßen. Der Muskelkater hält sich in Grenzen. Aber mein rechtes Sprunggelenk scheint nicht ganz so angetan von meinem Comeback auf dem Fußballplatz. Zumindest deute ich die Schmerzen im Bereich des Sprunggelenks so. Mal sehen, wie lange es dauert bis ich wieder schmerzfrei bin. Einmal möchte ich allerdings schon noch Fußball spielen in diesem Leben. Und wenn möglich nicht erst in drei Jahren. Ob das geht?


Noch mehr Donnerwetter
Am Mittwoch erhalte ich eine Mail. Der Chef, der keine Scheibenfolien einkleben kann, entschuldigt sich und schreibt, dass er krank war. Außerdem möchte er meine Bankverbindung, um das Geld zurück zu überweisen. Irgendwie tut er mir jetzt leid. Er hat sich so bemüht, ist ein irgendwie netter Kerl, hat aber leider äußerst schlechte Arbeit abgeliefert und ich bin ein zu Recht unzufriedener Kunde. Ich bin gespannt, ob und wann er mir das Geld überweist. Und ich frage mich, ob ich irgendwann bei einem anderen Anbieter einen weiteren Versuch wagen soll, die Scheibenfolien austauschen zu lassen.


29. September 2011
Am Nachmittag kommt eine 32jährige Marokkanerin in mein Büro. Sie sieht irgendwie abgefuckt aus. In meinem Kopf höre ich Elvis “In the Ghetto” singen. Sehr skurril. Die Frau möchte sich als Produktionshelferin bewerben. Ich schreibe ihr eine Bewerbung. Während ich die Bewerbung schreibe, guckt sie mich immer so komisch an. Wenn ich arrogant wäre, würde ich behaupten, dass ich es ihr angetan habe und sie mich vernaschen will. Der Gedanke macht mir Angst. Sie fragt, ob ich ihr im Internet Adressen raussuchen kann, um dann Bewerbungen für sie zu schreiben. Natürlich kann ich das. Ich vermeide es, sie anzugucken. Hinterher denkt die noch, dass ich sie will. Nachdem die Bewerbungen geschrieben sind, mache ich noch ein paar Kopien für sie. Sie scheint sich hier wohlzufühlen. Ich fühle mich nicht besonders wohl. Wenn sie redet macht sie nicht gerade einen aufgeweckten Eindruck. Ich weiß nicht, ob es an ihrem schlechten deutsch liegt, oder ob sie etwas dämlich ist, aber ich weiß, dass ich es irgendwie abstoßend finde. Als es Zeit ist zu gehen, lädt sie mich doch allen Ernstes, zu sich nach Hause ein. Auf einen Kaffee. Ich sage ihr, dass ich keinen Kaffee trinke. Scheint sie nicht zu verstehen, oder es ist ihr egal. Stattdessen fragt sie mich, ob ich ihre Handynummer haben will. Ich sage ihr, dass ich die Nummer habe, weil sie ja auf ihrem Lebenslauf steht. Findet sie toll. Voller Zuversicht, dass ich sie wirklich anrufe, verabschiedet sie sich von mir. Ich werde sie natürlich nicht anrufen.


30. September 2011
Mittlerweile ist es amtlich. Anfang Oktober bekomme ich meine eigene Bürgerarbeiterin. Nachdem ich den Namen meiner zukünftigen Bürgerarbeiterin erfahren habe, bemühe ich das Internet, mir zu helfen, herauszufinden wer mit mir in Zukunft das Büro teilen wird. Ich finde zwei Frauen mit dem Namen. Eine 30jährige, attraktive Frau, deren Foto mein Herz höher schlagen lässt und eine Hobbyfotografin, deren Hobby Ibiza ist und von der es kein Foto zu sehen gibt. Damit ist klar, wer ab nächster Woche hier sitzen wird. Miss Ibiza.


Neue Frisur
Seit Jahren gehe ich zum selben und vermutlich teuersten Friseursalon in unserem Ort. Nicht, weil ich zu viel Geld habe, sondern weil die Friseurin dort meine Haare so schneidet, wie ich es will. Als ich am Samstagmorgen meine Haare kürzen lassen muss, stelle ich fest, dass meine Friseurin noch zwei Wochen im Urlaub ist. Das ist blöd, weil meine Haare unbedingt heute geschnitten werden müssen. Ich überlege, ob ich mir hier für 12,50€ die Haare von einer anderen Mitarbeiterin schneiden lasse, oder ob ich sie mir für 9€ woanders schneiden lasse. Weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass meine Haare, wenn jemand anderes daran rumschnippelt, immer furchtbar aussehen, entscheide ich mich zu gehen und einen anderen Friseursalon aufzusuchen.
Der andere Friseursalon ist verdammt voll. Drei Friseure schneiden Haare, ein paar Kunden sitzen im Wartebereich. Ich weiß nicht wieso, aber auf mich wirkt es schnell wie Fließbandarbeit. So dauert es auch nicht lange bis ich an der Reihe bin. Ich sage, dass ich die Seiten kurz haben möchte, meine Haare oben und vorne nur leicht gekürzt werden sollen. Der Friseur legt los und schnell wird mir klar, dass kurz für ihn etwas anderes als für mich bedeutet. Nachdem Seiten und Hinterkopf militärisch kurz gestaltet sind, macht er sich an den Rest. Ich weise noch kurz darauf hin, dass dort nur ein wenig abgeschnitten werden soll, dann legt er los. Als mir die Haare längst kurz genug sind, besprüht er sie mit Wasser und schneidet weiter. Ich kann, weil ich vermutlich einen Schock habe, leider nicht sprechen und lasse es über mich ergehen. Am Ende habe ich eine Art Miroslav Klose Frisur, die gar nicht zu mir passt. Ich bin recht unzufrieden und fühle mich nackt als ich den Friseursalon verlasse.
Als ich mir am Abend die Haare wasche, versuche ich dennoch die Haare wieder so hinzukriegen, wie sie der Friseur gestaltet hat. Leider gelingt es mir nicht. Jetzt sieht alles noch merkwürdiger aus. Das hatte ich befürchtet. Ich will meine alte Anti-Frisur zurück.

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