Dr. Hittich

Im April 2010 entdecke ich in meinem Briekasten ein an mich gerichtetes Prospekt auf dem folgendes steht: “Macht ihr Arzt auch diesen peinlichen Fehler bei der Prostata?” Daneben ein Foto auf dem sich ein Arzt oder ein als Arzt verkleideter Mann Gummihandschuhe anzieht.
Ich kriege direkt Angst und lese weiter. “Pinkeln Sie jetzt wieder wie früher als junger Kerl. Und holen Sie sich Ihren Spaß am Sex zurück! Vermeiden Sie den medizinischen Irrweg, der Sie zur Frau macht!” Ich kann mich leider nicht mehr daran erinnern, wie ich als junger Kerl gepinkelt habe. Spaß beim Sex habe ich auch noch. Aber nur selten Sex. Die größten Sorgen bereitet mir der letzte Satz. Ich möchte nämlich keine Frau werden. Deshalb muss ich unbedingt weiter lesen.

“Lieber Herr Fischer,
erinnern Sie sich noch an das Wettpinkeln in Ihrer Bubenzeit?
Hurra, wie das druckvoll spritze.
Wer am weitesten spritzte war Sieger.
Wie kräftig spülte sich Ihre Blase frei. Und wie tröpfelt es jetzt?
Vergleichen Sie Ihre “Strahlkraft” heute.”

Ich kann mich an kein Wettpinkeln erinnern. Und die Sätze mit dem druckvollen und weiten Spritzen, lassen mich jetzt unweigerlich an Sex denken. Scheiß Frühling. Die letzten Fragen kann ich nicht beantworten. Was will dieser Dr. Reinhard Hittich, der sich als Absender dieses Schreibens herausstellt, nur von mir? Und warum glaubt er ich sei über 45? Ist der doof? Und was geht den meine Prostata an?
Auf den folgenden Seiten schreibt er irgendwas von Durchbrüchen, von verschweigender Schulmedizin und stellt mir 15 Fragen die ich mit JA oder NEIN beantworten soll. Außerdem schreibt er, dass viele Männer immer weiblichere Brüste bekommen. Da kann ich doch nichts dafür. Ich habe gar keine Brüste. Nur Brustwarzen. Aber die sind vollkommen in Ordnung. Ich glaube, Dr. Hittich ist ein Perverser. Oder ein schwuler Perverser, fragt er mich doch, ob ich Probleme mit der Manneskraft bei der Erektion habe. Was geht den meine Erektion an? Die ist nur für Frauen.
Auf den nächsten Seiten fordert er mich auf mir irgendwelche Pillen zu kaufen, die meine Prostata retten. Dazu noch einen Report mit dem Titel “Kann man eine kranke Prostata gesund essen.” Ich werde ihn mal fragen, ob es Kranke gibt, die eine gesunde Prostata essen.

Sehr geehrter Herr Dr. Hittich,

heute fand ich in meinem Briefkasten ihre Prostatabroschüre. Sie schreiben da von Wettpinkeln, druckvollem und weitem Spritzen und einer tröpfelnden Blase. Dazu teile ich Ihnen mit, dass Sie meine Blase nichts angeht. Noch weniger geht es sie etwas an, wie weit und druckvoll ich spritze. Ich möchte mit Ihnen nicht über mein Sexleben diskutieren und Ihnen keine Fragen dazu beantworten.

Ich habe irgendwie den Verdacht, dass mit Ihnen etwas nicht stimmt. Welcher normale Mensch stellt sonst Fragen nach einer weichen Brust und einer geschwollenen Prostata? Mir scheint es so als wären Sie jemand, der auf Männer über 45 steht und denen an die Prostata will. Ihre sexuellen Neigungen verstecken Sie vermutlich hinter irgendwelchen Pillen, die Sie verkaufen wollen. Aber nicht mit mir. An meine Prostata kommen Sie nicht. Und meinen Strahl werden Sie auch nicht zu spüren bekommen. Womit ich auch schon beim nächsten Thema bin. Stehen Sie auf Wasserspiele? Ist ihr Fetisch das gegenseitige anpinkeln? Ich will nicht von Ihnen angepinkelt werden, damit das mal klar ist.

Haben Sie die Spezial-Reporte selbst geschrieben? Dann möchte ich Ihnen einige Fragen stellen. Kann ein kranker Mann eine gesunde Prostata essen? Essen Sie gerne Prostata oder reicht es Ihnen damit zu spielen? Sind Sie ein Perverser? Ein Scharlatan? Oder tue ich Ihnen unrecht und sie sind ein rechtschaffender Arzt, der einfach nur gerne lustige Prospekte und Fragebögen verschickt und in seiner Freizeit lustige Pillen an ältere Herren verkauft?

Wie auch immer Ihre Antworten lauten, bitte lassen Sie mich in Zukunft in Ruhe. Schreiben Sie mir keine weiteren Briefe, schicken Sie mir keine Prospekte mehr und suchen Sie sich ein anständiges Hobby. Und wenn es Ihnen Spaß bereitet, massieren Sie sich von mir aus den ganzen Tag die Prostata. Wichtig ist nur, dass es Ihnen und Ihrer Prostata gut geht und ihr Konto immer schön voll ist.

Und jetzt schlüpfen Sie doch einfach in Ihre Gummihandschuhe und schlucken ein paar Ihrer Pillen. Vielleicht geht es Ihnen dann besser.

Ich wünsche Ihnen auch weiterhin viel Freude an den Herren über 45 und den dazugehörigen Prostatae. Sollte das Wort Prostatae nicht richtig sein, können Sie es dennoch behalten.

Mit freundlichen Grüßen
Herr Fischer

Sehr geehrter Herr Fischer,

vielen Dank für Ihre eMail.

Gerne komme ich Ihrem Wunsch entgegen und stelle die Gesundheits-Post an Sie ein, wenn Sie mir Ihre Kundennummer oder Anschrift mitteilen, denn allein unter Ihrem Namen kann ich Sie in meinen Unterlagen nicht ausfindig machen.

Bei weiteren Rückfragen stehen wir Ihnen gerne unter der gebührenfreien Rufnummer 0800 – 1 827 373 zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Dr. Hittich Kundenservice
Frau K.

Damit ich keine weitere Post erhalte, teile ich Frau K. meine Adresse mit.

Sehr geehrter Herr Fischer,

Sie haben Post von Dr. Hittich erhalten und der künftigen Verwendung Ihrer personenbezogenen Daten für Werbe-, Markt oder Meinungsforschungszwecke widersprochen. Ihr Widerspruch ging am 26.04.2010 bei uns ein.

Daher haben wir unverzüglich Ihren Namen und Ihre postalische Adresse gemäß § 28 Abs. 4 Satz 3 BDSG in eine Sperrliste aufgenommen, um zu verhindern, dass Sie noch einmal Werbung von uns erhalten.

Wenn Sie kurzfristig trotzdem noch ein Werbeschreiben erhalten sollten, liegt dies daran, dass dieses Werbeschreiben zeitlich vor Eingang Ihres Werbewiderspruchs bereits in die Produktion gegeben wurde und Ihr Widerspruch für diese Werbeaktion nicht mehr berücksichtigt werden konnte.

Bei weiteren Rückfragen stehen wir Ihnen gerne unter der gebührenfreien Rufnummer 0800-1827373 zur Verfügung.

Ihr Dr. Hittich Kundenservice
Frau K.

© 04.2010

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