Der Kardiologe, der kein Omega-3 kennt

Der heutige Arzttag beginnt früh, denn schon um 08.00 Uhr muss ich zur jährlichen Untersuchung. Interessanterweise bin ich der einzige Gast und dementsprechend geht es direkt los. Zum EKG bittet mich eine junge und überaus attraktive Frau, die auch noch eine schöne Stimme hat. Da mache ich fast gerne den Oberkörper frei. Also meinen, nicht ihren, obwohl mir das sicher auch gefallen würde. Nach dem EKG wird der Blutdruck gemessen. 115/79. Fast hoch für meine Verhältnisse. Die junge Frau begleitet mich noch in einen anderen Raum, wo mich später der Arzt begrüßt. Den Mann habe ich noch nie gesehen, scheinbar hat hier wieder ein Arztwechsel stattgefunden. Aber ich kann mich natürlich auch irren. Gegen Ende der Untersuchung sagt der Arzt, dass alles in Ordnung ist und ich nicht mehr jedes Jahr zur Kontrolle kommen muss. Alle zwei oder drei Jahre reichen. Dann fragt er mich, warum ich Omega-3 einnehme. Ich antworte, weil die Werte niedrig waren. “Welche Werte?” – “Blutwerte. Omega-3.” – “Was ist das? Verstehe ich nicht.” Ich weise ihn nochmals auf die Blutuntersuchung hin, aber er will es nicht verstehen oder versteht es tatsächlich nicht. “Sie können natürlich nehmen, was Sie wollen, aber ich kann das nicht empfehlen. Das steht so nicht in den Leitlinien.” Jetzt weiß ich endgültig, dass er keine Ahnung hat. Ein Kardiologe, der mit Omega-3 nichts anfangen kann und jetzt auch noch den Arzt, der den Blutwert hat überprüfen lassen, in Frage stellt, ohne es direkt auszusprechen, sollte nicht auf Patienten losgelassen werden. Hier ist er wieder einmal deutlich erkennbar, der so oft beklagte Fachkräftemangel. Vermutlich hat er den Job nur, weil tatsächlich sonst niemand verfügbar war. Andererseits war er mal irgendwo leitender Oberarzt. Vermutlich, weil er sich exakt an die Leitlinien hält. Allerdings scheint er ja jetzt kein leitender Oberarzt mehr zu sein. Oder er ist mittlerweile nicht mehr nur Oberarzt, sondern an vielen Orten aktiv. Ein Mann der Leitlinien ist bestimmt beliebt bei der Pharmaindustrie. Wenn der Mann tatsächlich nicht weiß, was für ein Rolle Omega-3 spielt bzw. was das überhaupt ist, dann sollte er meiner Meinung nach besser seine Sachen packen und im Sand nach Leitlinien und anderen Schätzen buddeln. So viel Inkompetenz kurz nach dem Frühstück ist echt kaum zu ertragen.

4 Kommentare

  1. Bei Herzproblemen ist das unbedachte Einwerfen von Omega 3-Kapseln nicht sonderlich ratsam:
    chrome-extension://efaidnbmnnnibpcajpcglclefindmkaj/https://www.bfr.bund.de/cm/343/praeparate-mit-omega-3-fettsaeuren-koennen-bei-herzpatienten-das-risiko-fuer-vorhofflimmern-erhoehen.pdf
    https://www.oekotest.de/gesundheit-medikamente/Bei-Herzerkrankung-Vorsicht-mit-Omega-3-Kapseln_14366_1.html#:~:text=Omega%2D3%2DFetts%C3%A4uren%20beeinflussen%20die,Arzt%20oder%20der%20%C3%84rztin%20einnehmen.

  2. Kann man so sehen. Man kann ihm aber wenigstens zugute halten, daß er das Zeug Unbedarften nicht vorbehaltlos empfiehlt. Ich musste aber auch schon mehrmals feststellen, daß es in Deutschland teilweise unglaublich inkompetente Ärzte gibt, bei denen man sich ernsthaft fragt, wie die ihr Studium erfolgreich beenden konnten.

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