MRT-Untersuchung

Wie entspannt kann man vor einer Untersuchung sein, bei der überprüft werden soll, ob man einen Schlaganfall hatte? Wie entspannt kann man sein, wenn man in seiner kruden Fantasie gar einen Tumor fürchtet? Und wie entspannend kann es sein, wenn man sich bis einen Tag vor der Untersuchung ganz gut geschlagen hat und Manni einem dann sagt, dass Koko, in meinem Fall auf MS tippen würde? Gut, Manni zitiert fast immer Koko und weil sie zufällig selbst MS hat, kann es möglicherweise tatsächlich so sein, dass sie so denkt. Aber erstens weiß er es nicht und zweitens, wer sagt einem so etwas vor einer solchen Untersuchung und schiebt später hinterher, dass alle neurologischen Störungen bei Koko von ihrer MS kommen? Auch wenn man sich daran gewöhnt hat, dass Koko dies sagt oder sagen würde, frage ich mich kurz nach dem Sinn seiner Anmerkung, dabei ist es klar, denn schließlich würde Koko es sagen und bei ihr ist es so. Wenn ein Mann eine Frau dermaßen bewundert und ihre Meinung so sehr schätzt, dann muss man ihn einfach lassen und wohl mit solchen Bemerkungen rechnen. Oft, wenn er von ihrer Genialität und Klugheit erzählt, manchmal auch schon vorher, denke ich “Simon says”. Irgendwie hat sich diese Verknüpfung schon vor langer Zeit in meinem Gehirn verwurzelt. Sobald ich „Simon says“ denke, ist Koko im Spiel, aber „Koko says“, hört sich für mich irgendwie falsch an. Obwohl Koko nie körperlich anwesend ist, ist sie doch seit Jahren fester Bestandteil unserer kleinen Welt.

Gegen 11.00 Uhr will ich den Termin wegen der Erkältung absagen. Da ich niemanden telefonisch erreichen kann, verwerfe ich den Plan wieder. Wie sehr mich diese Untersuchung stresst, zeigt sich schon alleine dadurch, wie oft ich auf die Toilette muss. Alles, was von meinen Routinen abweicht, ist schon stressig genug, aber das hier ist echt noch schlimmer.

Weil ich weiß, dass es kalt bei der Untersuchung sein würde, trage ich ein warmes T-Shirt, darüber ein normales T-Shirt und eine Strickjacke. Kaum bin ich im Untersuchungsraum bestätigt die Tempetarur, dass das eine gute Entscheidung war. Um nicht Husten zu müssen, lege ich mir zusätzlich einen Schal auf den Brustkorb. Dann geht es los. Fast gemütlich und entspannend, trotz des Lärms. Dummerweise fange ich irgendwann an über den Hustenreiz nachzudenken, produziere dabei Unmengen Speichel und stelle fest, dass mein Mund voll ist. Aus Angst Husten zu müssen, habe ich wohl auch das Schlucken eingestellt. Ich schlucke den gesammelten Speichel runter, aber der Hustenreiz bleibt. Ich bin mir sicher, dass ich das steuern kann, weil ich schließlich der Herr über meinen Körper bin, aber da ich mir das jetzt nicht glaube, wird es wohl gleich einen kleinen, dummen Abhuster geben. Als ich mich damit abgefunden habe, werde ich aus der Röhre gefahren und huste erleichtert los. Die Erleichterung dauert genau eine Sekunde, dann wird mir mitgeteilt, dass mir nun ein Kontrastmittel gespritzt wird und der Spaß weiter geht. Obwohl es nichts nützt, frage ich, wie lange es dauern wird. Zehn Minuten soll es dauern und schon geht es zurück in die Röhre in der direkt über meinem Kopf ein blauer Streifen verläuft. Wenn ich diesen intensiv betrachte und dann die Augen schließe, sehe ich eine Weile einen beinahe goldenen Streifen über mir. Faszinierend. Das mache ich gleich nochmal mit demselben Ergebnis. Gefällt mir irgendwie. Dummerweise denke ich dann wieder an Hustenreiz. Meine Selbstbeeinflussung ist stark verbesserungswürdig. Schade, dass man den kompletten Körper, inklusive aller Einbauteile, nicht im MRT scannen kann. Oder geht das schon? Ich glaube nicht. Schon ist der Untersuchungsspaß vorbei und ich darf warten bis die Ärztin mit mir über das Ergebnis spricht. Im Wartezimmer sitze ich drei Plätze neben einer Frau, die offensichtlich erkältet ist. Als sie anfängt sich intensiv die Nase zu putzen und mehr und mehr Schleim aus ihrem Körper zu befördern, bin ich durchaus etwas angewidert. Schon hat sie zwei Taschentücher voll und holt ein drittes raus, um immer weiter zu pusten und zu schnauben. Fast wie ich in den letzten Tagen, dennoch will ich das nicht mitbekommen. Am Ende steckt die mich mit ihrer Seuche noch an.

Die Ärztin fragt, warum ich überhaupt da sei, denn die Aufnahmen lassen nichts erkennen. Keinen Schlaganfall, keinen Tumor oder sonstigen tödlichen Müll, lediglich eine schwere Nasennebenhöhlenentzündung, die, wie ich sehe, auf einer Seite besonders schleimig ist. Da noch irgendwas erkältungsbedingt entzündet ist, könnte ich Kopfschmerzen haben oder bekommen. Kopfschmerzen sind heute nicht mein Thema. Noch einmal bringt die Ärztin zum Ausdruck, dass sie es merkwürdig findet, dass ein MRT angeordnet wurde. Ich sage, dass es sicher zur Sicherheit gemacht wurde. Während ich mir die Aufnahmen meines Gehirns anschaue, finde ich, dass es ein schönes Gehirn ist, welches man sicher gerne auf einem See küssen würde. Das sage ich aber nicht, weil sie sicher nicht verstehen würde, dass es eine Anspielung auf einen Film ist. Außerdem ist es vermutlich auch schräg, so etwas überhaupt zu denken. Augen sehen auf MRT-Aufnahmen durchaus grotesk aus. Gruselig, aber auch irgendwie lustig. Irre Mischung. 7 Millionen Tonnen leichter vor Erleichterung, verlasse ich wenig später die Praxis. Letztlich war all der Stress umsonst, aber das weiß man vorher ja nicht. Stress ist einfach nichts für mich und ich sollte mir Stress jeglicher Form unbedingt abgewöhnen und mit all diesen Arztbesuchen aufhören, weil ich sonst wirklich krank werde.

2 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert