Maßnahmegeschichten 25.23

Teilnehmer 7 hat eine Möglichkeit gefunden, dass seine Frau auch ohne Deutschtest nach Deutschland kommen kann. Irgendwie zunächst für drei Monate, dann gibt es da wohl eine Möglichkeit, dass sie dauerhaft bleibt. Ich verstehe zwar nicht so wirklich, wie das funktioniert, finde es aber vernünftig. Somit ist das Thema in Kürze erledigt und die Familie bald wieder zusammen. So endet die Maßnahme für Teilnehmer 7 immerhin mit einem Teilerfolg.

Teilnehmerin 160 (wegen der besseren Übersichtlichkeit gibt es eine neue Nummerierung), die Teilnehmer 5 ersetzt, kann auch nur in den Vormittagsstunden arbeiten, da sie alleinerziehend ist und ein kleines Kind hat. Sie scheint unterhaltsam zu sein und möglicherweise kann man mit ihr ähnlich viel Spaß haben, wie mit Teilnehmerin 5, die den Job nicht haben wollte und auch nicht bekommen hat. Vielleicht wird das hier in den letzten Monaten noch zu einer Comedy-Show. Vielleicht bin auch ich Komödie.

Am Donnerstag kauft mir Teilnehmerin 5 spontan ein Malzbrot, was ich großartig und verwirrend zugleich finde. Damit habe ich mein unprofessionelles Verhalten als Coach weiter ausgedehnt, da ich ihr immer sagte, dass sie mir ein Brot mitbringen soll. Teilnehmerin 160 und Teilnehmerin 5 verstehen sich prima und ich spiele weiter den Unterhaltungsclown, damit alle was zu lachen haben. Die beiden plaudern viel und ich finde es gut, dass sie normalerweise an unterschiedlichen Tagen ihre Termine haben, denn wir sind hier nicht beim Damenkränzchen. Während ich noch davon ausgehe, dass Teilnehmerin 160 wirklich arbeiten will, habe ich bei Teilnehmerin 5 weiterhin meine Zweifel. Nicht nur, weil sie den Job am Montag abgelehnt hat, sondern auch, weil sie sehr viel redet und wer derart redet, redet meist nur, arbeitet aber selten. Noch hat sie keinen Job gefunden, den sie interessant findet. Teilnehmerin 160 an ihrem ersten Tag schon mehrere. Dafür regt sich Teilnehmerin 5 über viele Jobangebote auf. Heute geht es um einen Job, bei dem es monatlich 600€ zu verdienen gibt. Dementsprechend wenige Wochenstunden arbeitet man dort auch. Aus ihrer Sicht ist das ein Witz, weil man da ja nicht von Leben kann. Eine Frechheit, so einen Job würde sie nie machen. So ist es immer, sie sucht einen Job mit möglichst wenigen Wochenstunden und stellt dann fest, dass man davon nicht leben kann. Leute, die so vorgehen, beobachte ich immer etwas skeptischer. Dabei sollte man als Jobcoach doch neutral sein. Oder?

Den ganzen Tag über gibt es Unwetterwarnungen oder zumindest Warnungen, dass es möglicherweise lebensgefährlich wird, wenn man sich nicht versteckt. Teilnehmerin 12 erscheint zu ihrem Termin und ich frage, wie es ihr geht und ob alles okay ist. Sofort wird sie fahrig, unleidlich und teilt mit, dass nichts okay ist. Sie weiß auch nicht, ob sie die Anwesenheitsliste unterschreiben kann. Da ich das ständige Genörgel dieser 63 jährigen Frau nicht ertrage, verlasse ich das Büro. Ich bekomme aber noch mit, dass die Frau Angst vor dem Gewitter hat und es ihr daher nicht möglich ist, drei Stunden an der Maßnahme teilzunehmen. Sie will nach Hause. Da wir nicht für ihren Tod oder sonstige Umstände verantwortlich sein wollen, darf sie gehen und morgen früh wiederkommen. Sie ist übrigens ganz verwundert, dass wir keine Angst vor dem Gewitter haben und glücklich, dass sie zurück in ihre sichere Wohnung gehen darf. Vielleicht wäre eine Gewitter-Therapie etwas für sie. Falls es so etwas überhaupt gibt. Wenn nicht, sollte jemand so eine Therapie unbedingt erfinden, da es sicher viele Leute wie Teilnehmerin 12 gibt. Teilnehmer 2, der anwesend war, während Teilnehmerin 12 aus Angst völlig verstört ihren Auftritt hatte, konnte sich kaum halten, als er den panischen Unsinn von Teilnehmerin 12 hören durfte. Für Leute wie Teilnehmerin 12 sind diese ständigen Unwetter- und anderen Katastrophenwarnungen sehr gefährlich und führen möglicherweise früher oder später sogar zum Tod. Wenn man solchen Leuten permanent sagen würde, dass beim nächsten Mal, wenn die Temperaturen über 35 steigen, dabei eine Windrichtung von Süd Süd Ost herrscht und der Aszendent Klabautermann sich dreht, alle qualvoll sterben und dies mit Grafiken belegt, machen die alles, was man sagt. Sagt man dann, dass die Leute unbedingt auf ein hohes Gebäude klettern und sich in den Tod stürzen müssen, bevor der Hahn kräht, machen sie das auch. Wenn es soweit ist, kann man Teilnehmerin 12 und alle ähnlich Verstörten voller Verwunderung dabei beobachten, wie sie sich auf hohen Gebäuden treffen und Händchenhaltend in den Tod springen, weil sie sonst bei lebendigem Leib verbrennen würden. Das mag jetzt vielleicht etwas abgedreht klingen, aber genau in diese Richtung entwickelt sich die Menschheit. Ständige Wiederholungen von Schreckensszenarien können fast alles anrichten und darum sind Leute, wie Teilnehmerin 12, einfach wunderbar für diese schöne neue Welt. Und es werden immer mehr von ihnen. Da diese aufgeschreckten Opfer nicht merken, wie lächerlich sie sich machen, wundern sie sich auch dann noch nicht, wenn sie Händchenhaltend … Sie wissen schon. Exitus.

Der neue Teilnehmer 164 ignoriert unsere Anrufe und fehlt von Anfang an unentschuldigt. Vermutlich wird ihn die Abmahnung, die er sich so verdient hat, nicht beeindrucken.

Teilnehmerin 1 sieht auch in dieser Woche so entzückend aus, dass einem der eigene körperliche Verfall wie eine einzige Zumutung vorkommt. Minutenlang könnte ich dieses junge Wesen einfach nur anschauen und mich am Anblick erfreuen. Ich werde sie vermissen, wenn sie nicht mehr zu uns kommt.

Am Freitag bin ich im Blödel-Modus und möchte, dass Teilnehmerin 5 Pizza für uns macht, weil sie erwähnt hat, dass sie gute Pizza macht. Nach einem unterhaltsamen Geplänkel einigen wir uns darauf, dass wir sie Anfang August besuchen und auf ihrem Balkon Pizza essen. Scheinbar versteht Teilnehmerin 12 es so, als würde ich alleine zu Teilnehmerin 5 gehen wollen und fragt: “Was sagt denn ihre Frau, wenn sie zu einer anderen Frau essen gehen?” – “Sie findet das gut, dann muss sie nicht für mich kochen.” Diese Antwort sorgt für das eine oder andere schmunzeln. Was kann ein Coach mehr verlangen? Vermutlich nichts. Da Teilnehmerin 12 mittlerweile aufgetaut ist, teilt sie uns mit, dass sie ganz wunderbare Muffins backen kann und bietet uns an, dass sie welche für uns backt und mitbringt, was ich ganz hervorragend finde. Wenn ich etwas kann, dann kleine Frauengruppen unterhalten und eine entspannte und harmonische Stimmung erzeugen. Auf diese Art kann ich meine Inkompetenz als Jobcoach prima überspielen. Vermutlich ist es sogar ein Glücksfall, dass ich, entgegen meines Plans, immer mehr Frauen in der Maßnahme betreuen muss. Nächsten Donnerstag will Teilnehmern 12 jedenfalls für uns backen, wenn ihr nichts dazwischen kommt. Ich kann zwar niemanden vermitteln, aber scheinbar habe ich mein Talent, Frauen dazu zu bringen, etwas mitzubringen oder etwas für mich zu machen, zurück. Mal schauen, wie lange ich das noch nutzen kann und was Frauen noch alles für mich, Jörg und Örge tun werden. Ich liebe es, wenn die Dinge so laufen, wie sie gerade zu laufen scheinen. Weil ich zufrieden bin, sage ich den beiden Teilnehmerinnen, dass ich sie mag. Wir alle wissen, dass ich das nur sage, weil sie mir gerade nützlich sind. Vielleicht kann ich in dieser Verfassung in freier Wildbahn dieses Jahr auch noch eine Frau dazu bringen, mich zu küssen, denn einmal im Jahr will der Loerz eine positive Frauengeschichte von mir hören.

Teilnehmerin 18 bringt uns einen Arbeitsvertrag. Diese Mission wurde somit erfolgreich erfüllt. Jörg als ihr Coach hat mal wieder alles richtig gemacht.

Teilnehmer 163 kam vor sechs Jahren nach Deutschland, spricht mäßig deutsch und hat hier noch nie gearbeitet. Ich glaube nicht, dass es reichen wird, dass er ein netter Typ ist, aber schauen wir mal, was wir in den drei Monaten erreichen können. Spätestens wenn ich Urlaub habe, steigen seine Chancen, sofern er wirklich arbeiten will. Im heutigen, ersten Gespräch hat er mich jedenfalls noch nicht überzeugen können. Ich glaube auch nicht, dass er wirklich viel mehr Geld haben wird, wenn er irgendeinen Aushilfsjob machen wird.

28 von 38 Terminen wurden in dieser Woche eingehalten, was durchaus beachtlich ist. Die Quote liegt derzeit bei 30,77%. Nur noch 9,33% bis zum Ziel.

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