Mycosis Fungoides – Stadium T1

Schon am Abend vor dem nächsten Termin in der Hautklinik bin ich irgendwie nervös. Plötzlich ist wieder real, was ich ein paar Tage recht gut verdrängt habe. Spontan bin ich auch nicht mehr zuversichtlich, dass ich nach einem kurzen Behandlungszyklus für ein paar Jahre Ruhe habe. Die Stellen haben sich langsam aber stetig ausgebreitet, es hat nichts geändert, dass ich die Sonne in den letzten Tagen genutzt habe und auf dem Balkon saß und die Sonne ihre UV-Strahlen auf meinen Bauch scheinen ließ. Die Realität frisst mich auf, macht nur Angst und ich fühle mich verloren und überfordert. Was, wenn ich mir was vormache und es nicht so einfach ist? Was, wenn es überhaupt keine Verbesserung gibt? Was, wenn schon heute das Morgen verloren ist¿

Am Morgen ist der Oberkörper komplett voller Hautschuppen. Sie sind überall, das ganze Bett ist voll davon. So schlimm war es bisher n0ch nie. Ich wasche den Oberkörper, doch nur zehn Minuten später ist alles wieder voller Hautschuppen. Stellen, die optisch noch nicht befallen sind, jucken so stark, dass es fast unmöglich ist, nicht permanent zu kratzen. Ich saß zuletzt jeden Tag auf dem Balkon, in der Hoffnung, dass die Sonne hilft, aber das war bisher vergeblich. So auch heute. Nichts will helfen. Selbst am Bein fängt es mittlerweile an. Bevor ich losfahre dusche ich, für ein paar Sekunden sind die Hautschuppen nicht sichtbar, dann ist der Oberkörper wieder bedeckt von ihnen. Sehr appetitlich. In dem Zustand muss ich mir über Dates gar keine Gedanken machen. Da habe ich echt Glück, dass Frauen sich nicht für meinen Körper interessieren und ich schon lange im sexuellen Ruhestand bin.

Kaum bin ich losgefahren und habe die erste Kreuzung erreicht, geht nichts mehr. Links abbiegen unmöglich, irgendwas stört den Verkehrsfluss. Drei Ampelphasen schaue ich mir das an, dann verlasse ich die Abbiegespur, um einen Umweg zu fahren. Die Parkplatzsuche ist auch nicht nach meinem Geschmack, daher nehme ich einen der kostenpflichtigen Parkplätze in Anspruch. Bis 12.35 Uhr darf ich parken. Ob das reicht? Um 10.59 Uhr erreiche ich die Anmeldung, exakt eine Minute vor meinem Termin. Der Anmeldebereich ist mehr als voll. Um 11.35 Uhr bin ich an der Reihe und kann mich anmelden. Fast eine Stunde stehe ich auf dem Flur, bis mich die junge Ärztin aufruft. Sie erinnert sich an mich und schaut sich die Berichte an. Da es sich um einen bösartigen Tumor handelt, wurde mein Fall in der Tumorkonferenz besprochen. Als sie bösartiger Tumor sagt, wird mir schlecht. Als sie etwas von Stadium 1 und noch leicht behandelbar sagt, geht es wieder. Behandlung mit Momegalen Creme, Lichttherapie ist eine Option, aber im Moment nicht unbedingt nötig. Empfohlen wird eine Sonografie der Lymphknoten sowie des Abdomens. Da kann man mir aber keine Überweisung geben, die muss die Hausärztin ausstellen. Erscheint mir unlogisch und unpraktisch, aber dann hole ich die halt bei der Hausärztin. Alle drei Monate muss ich zur Kontrolle, wenn bei der Sonografie nichts festgestellt wird. Wenn doch, ist eh alles egal.
In dem Bericht steht auch noch, dass ich am 08.04.24 den Termin der Befundbesprechung nicht wahrgenommen habe. Sehr interessant, weil ich sehr wohl am 08.04.24 dort war, mir man aber sagte, es lägen keine Berichte vor. Die Ärztin sagt, man kann prima sehr lange mit der Krankheit leben. Ich finde sie ja irgendwie niedlich, aber ich weiß nicht, was ich von all dem hier halten soll. Sie fragt, ob die Stellen stark jucken, ich erwidere, dass sie nicht jucken, aber Scheiße aussehen. Mit der Antwort hat sie eher nicht gerechnet. Die Cortison-Creme soll es richten. Die Ärztin entdeckt am Ende des Berichts die epikritische Bewertung. Dort steht, dass die Untersuchungen ein kutanes T-Zelllymphom nicht sicher belegen, dieses jedoch auch nicht auszuschließen ist. Verlaufskontrollen und eine Re-Biopsie werden empfohlen. Verstehe ich nicht, bin aber zu verwirrt, um weitere Fragen zu stellen. Ich bekomme das Rezept und soll an der Anmeldung einen neuen Termin vereinbaren. Dort ist es immer noch sehr voll. Ich frage die Wartenden, ob mich jemand vorlässt, weil ich nur ein Rezept brauche. Alle Arschlöcher lehnen ab. Ich habe heute Morgen eine Frau vorgelassen, die auch nur ihr Rezept wollte, aber das hilft mir jetzt nicht weiter. Bei der Menge an Leuten wird es sicher lange dauern, bis ich hier rauskomme. Plötzlich und unerwartet öffnet sich eine Tür und eine Frau sagt, dass alle, die nur einen Termin bekommen und/oder ein Rezept benötigen, zu ihr kommen können. Da ich direkt vor ihrer Tür stehe, folge ich ihr unverzüglich. Nochmal Glück gehabt. Die Parkzeit habe ich lediglich um ca. 15 Minuten überschritten und wurde nicht aufgeschrieben. Schon wieder Glück gehabt. Jetzt muss ich nur noch diese lästige Sache loswerden, dann gehe ich vielleicht als Glückspilz in die Geschichte ein.

8 Kommentare

  1. Lieber Doc, ich kommentiere ja nicht so oft – aber ich lese immer alle Deine Beiträge.
    Einerseits kann ich Deine Ängste total verstehen – andererseits frage ich mich: Ist die Diagnose nun doch noch nicht fix? Deshalb irgendwann eine erneute Biopsie, um zu schauen, obs dann eindeutig ist?

    Ich bin ja kein Arzt und kenn mich auch nicht aus – aber eine (wenn auch vorbeugende) Lichttherapie kann ja nicht schaden, oder? Kannst Du die nicht “einfach” verlangen? Auf Rezept vom Hausarzt, wenns kein anderer machen will?

    Ich wünsche Dir wirklich von Herzen, dass sich all diese Aussagen über bösartig und so letztlich doch nicht bestätigen – oder wenigstens wirklich sehr gut behandelbar sind. Dann aber auch ordentlich von Anfang an.

    • Also bis auf den Satz am Ende im Bericht klingt es fix. Arzt und Ärztin sagten es ist so und nicht heilbar. Ärztin möchte, sass ich für immer diese Cortison-Creme benutze. Ich werde mit anderen Ärzten reden und suche schon nach UVB Lampen, um selbst was zu tun. Es folgt ja noch eine Untersuchung sowieso.

      Danke. 🙂

  2. Oh, das ist ja echt verwirrend mit dieser Empfehlung einer Re-Biopsie. Aber wie du sagst, du bist ja sowieso weiterhin in der ärztlichen Mühle, also vielleicht mal bei Gelegenheit an geeigneter Stelle nachfragen.
    Immerhin, wenn die Diagnose noch gar nicht in Stein gemeisselt ist, kann ich dir ein frohes “Gute Besserung” entgegenschmettern! 🍀

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