Der Rest der achten Praktikumswoche
Am Freitag verkaufe ich einen Chevrolet Nubira mit Gasanalge und bin fast zufrieden mit mir.
Zum Abschluss der Woche wird mein Chef etwas patzig. Ich habe einen Kunden bei mir, der einen Fiat angucken und Probefahren will. Da wir kein solches Fahrzeug haben, verweise ich den Kunden an einen Fiat Händler, um dort zu testen und dann bei uns zu kaufen. Findet der Kunde witzig. Kaum ist der Kunde fort, fragt mein Chef, ob ich die Telefonnummer des Kunden habe. Natürlich nicht. Nun rennt er wie blöde los, um den Kunden noch zu erreichen. Schafft er aber nicht. Es folgt ein Vortrag über die immense Wichtigkeit von Telefonnummern. Wie immer sind wir geteilter Meinung. “Sie wollen mich nicht verstehen. Dann gebe ich Ihnen solche Kunden halt nicht mehr. Ich hätte nämlich die Telefonnummer bekommen. Und dann? Einen darauf runter geholt oder was? Soll er diese Art von Kunden doch behalten und sich ein Propellerflugzeug aus Zetteln mit Telefonnummern basteln, wenn es ihm dann besser geht. Oder irgendwann ein Telefonbuch schreiben mit dem Titel ‘Wie ich es schaffte mehrere Millionen Telefonnummern zu sammeln, ohne dabei verrückt zu werden’. Wird bestimmt ein Bestseller.
Am Samstag verkaufe ich einen Suzuki Swift. Bringt ja nix, wenn die Fahrzeuge ewig im Laden rumstehen.
Arbeitszeit in dieser Woche: 51 Stunden und 25 Minuten.
Frage der Woche:
Wird man eigentlich zu einem Lüstling des Waldes, wenn man im Wald der Lüstlinge mit einer beliebigen Person Sex hat? Oder muss man mit einem der Lüstlinge Sex haben, um ein Lüstling des Waldes zu werden? Wie dem auch sei, ich hatte am Wochenende Sex im Wald der Lüstling und es hat mir Freude bereitet. Ich glaube, Ursula fand es auch gut.
Neunte Praktikumswoche
Am Montag ruft der dicke Praktikant bei mir an, um zu fragen, ob er bei uns arbeiten darf. Ich sage ihm, dass er besser nicht davon ausgehen soll. Was ich ihm nicht sage ist, dass ich kein gutes Wort für ihn einlegen werde, wenn man mich fragt. Als der Chef mich später fragt, welchen der Praktikanten wir nehmen sollen, sage ich ihm, dass beide nicht überzeugen konnten und der Dicke definitiv ungeeignet ist und nur Ärger machen wird. Den anderen finden wir alle zu träge und sehen seine Bewegungsunfreude als Zumutung für die Kunden an. So werden wir vermutlich keinen der beiden hier wieder sehen.
Am Dienstag wühlt der Chef in meinen Schränken herum und findet ein paar hundert Zettel mit Gesprächsnotizen, die er und andere Mitarbeiter in den Jahren 2005 und 2006 erstellt haben. Ich soll nun alle diese Zettel alphabetisch sortieren, abheften und danach alle Leute deren Telefonnummern auf den Zetteln stehen belästigen. Wie immer erkenne ich keinen Sinn darin. Zwischendurch soll ich noch Nummernschilder an- und abschrauben. Dabei versaue ich mir mein weißes Hemd mit Schmiere. Das Hemd ist ruiniert und kann entsorgt werden. Langsam wird mir das Praktikum zu teuer. Meine Laune sinkt von Minute zu Minute.
Ständig kommen Kunden, die ihre alten Autos loswerden wollen. Ich kann die alten Kisten nicht gebrauchen und deshalb kaufen die Leute nichts bei mir. Obendrein ist es ist viel zu warm und ich sortiere die blöden Gesprächsnotizen. Loche ein paar hundert Blätter und komme mir ziemlich verarscht dabei vor. Und noch immer sehe ich keinen Sinn in der Aktion. Vielleicht bin ich einfach nur ein faules Schwein, denn nach etwa zehn Minuten sortiere ich die Gesprächsnotizen nicht mehr alphabetisch, sondern hefte sie willkürlich ab.
Mein Chef erzählt mir oft, dass ich zu lange mit Kunden rede, die am Ende nichts kaufen oder dass es zu lange dauert bis sie endlich unterschreiben. Komischerweise ist es bei ihm nicht anders. Er kaut seinen Kunden oft stundenlang ein Ohr ab und hat am Ende auch nicht immer eine Unterschrift. Will er etwa, dass ich nicht so Ende wie er? Oder braucht er nur jemanden, dem er seine Weisheiten unter die Nase binden kann?
Eine völlig neue Aufgabe wird mir außerdem diese Woche übertragen. Ich fahre ab heute Autos in die Waschstraße. Gigantisch. Und weil es in dieser Woche so gut läuft verkaufe ich nicht ein einziges Auto. Ich brauche Urlaub.
Arbeitszeit in dieser Woche: 46 Stunden und 28 Minuten.
Zweiter Klassenausflug
Nach zwei Monaten Praktikum ist es Zeit für einen zweiten Klassenausflug. Verabredeter Treffpunkt ist, wie schon beim ersten Mal, das Alex. Als ich dort niemanden antreffe gehe ich ins Maximilian. Da Loerz Hund Pluto auch gerade dort ist, setze ich mich mit ihm an einen Tisch. Anstelle meiner Mitschüler sitzt nun Pluto mit mir hier. Sehr interessante Entwicklung. Nach etwa fünfzehn Minuten erscheint der Schläfer. Nun wird es vielleicht doch noch ein richtiger Klassenausflug.
Fast eine Stunde später gesellen sich Bröckelchen, Miss Nasenhaar und Ace, milde Bleiche, zu uns. Bis auf den Schläfer regen sich alle über ihr Praktikum auf. Mich langweilen diese Praktikumsgeschichten, weshalb ich einfach nicht zuhöre und mir die Leute, die um uns herum sitzen, angucke. Nach einer Weile kommt der Tänzer auf eine Apfelschorle vorbei. Er ist überrascht wie wenig Leute zu unserem Klassenausflug erschienen sind und hält es etwa eine halbe Stunde bei uns aus bevor er sich wieder auf den Weg macht. Ich verschwinde ebenfalls. Allerdings nur vorübergehend. Ich gehe rüber zu Agnes und ihrer unglaublich dicken Freundin und plaudere einen Moment mit ihr. Danach drehe ich eine kurze Runde mit Pluto um den Block und bringe ihn anschließend nach Hause.
Nach einiger Zeit sitze ich wieder bei meinen Mitschülern. Ich mache ein paar Witze über Bröckelchen und wir amüsieren uns erstaunlich gut. Zumindest bis der Loerz sich an unseren Tisch setzt. Seine Anwesenheit kommt bei Ace und Bröckelchen nicht gut an, was allerdings kein Wunder ist, da er sie provoziert und beleidigt. Keine Ahnung warum er dieses unangebrachte Verhalten an den Tag legt. Vielleicht muss ich demnächst mal ein ernstes Wort mit ihm reden, da solche Aktionen doch etwas daneben sind.
Bis 02.30 Uhr dauert unser Klassenausflug. Ob es der letzte Ausflug war oder ob weitere Folgen, wird ich zeigen. Ich bin gespannt.
Zehnte Praktikumswoche
Am Montag ist der Chef sehr unzufrieden. Er beschimpft die komplette Mannschaft und sieht danach ziemlich verzweifelt aus. Ich bin mit seiner Kritik allerdings nicht einverstanden, denn ich war bei der angesprochenen Katastrophe nur kurz anwesend.
Am Dienstag bekommen wir einen neuen Mitarbeiter. Dieser macht eine Ausbildung und muss neben dem theoretischen Teil mehrmals für ein paar Monate in einem Betrieb die praktischen Dinge erlernen. Zuletzt war er bei Suzuki, nun ist er hier. Ich habe die Ehre ihm alles zu zeigen. Er trägt Anzug und Krawatte und einen fetten D&G Gürtel. Mit ihm sind wir jetzt sechs Verkäufer. Was für ein Blödsinn. Natürlich hat unser neuer Mitarbeiter noch keinen Führerschein. Das ist mehr als nur lächerlich. Mein Chef nimmt echt jeden, den er kostenlos kriegen kann. Dummerweise haben wir auch kein Büro mehr frei, so dass man davon ausgehen darf, dass einer von uns, vermutlich ich, ab der nächsten Woche sein Büro mit dem Neuen teilen darf. Bescheuert.
Am Mittwoch habe ich einen sehr erbosten Kunden bei mir. Nicht nur, dass Termine bei ihm nicht eingehalten wurden, jetzt muss ich ihm auch erklären, dass es für ihn teurer als abgesprochen wird. Er ist alles andere als begeistert und schimpft wie ein Rohrspatz. Ich sage, dass ich ihn verstehen, aber nichts für ihn tun kann. Während er durchs Haus poltert beleidigt mein Chef seine Frau. Es ist wie in einem Kindergarten. Als ich den Mann wieder in meinem Büro habe, kommt der Chef dazu. Ich befürchte schon das Schlimmste, doch der Kunde hat sich in der Zwischenzeit beruhigt. Dafür bekomme ich vom Chef einen Einlauf, weil ich das Chaos nicht erkannt und im Vorfeld beseitigt habe. Ich hasse es, wenn ich Kunden übernehmen muss und dann auch noch dafür verantwortlich bin, dass die Unterlagen nicht korrekt hinterlegt wurden. Nachdem der Chef endlich verschwunden ist und der Kunde komplett beruhigt, gibt er mir 10€ für die Kaffeekasse. Die Mitarbeiter sind sehr überrascht. Ich bin es auch. Dennoch werde ich in Zukunft nicht mehr alles daran setzen Kunden zu beruhigen, da ich hier nicht der Fußabtreter des Monats werden will. Soll der Chef seine Kunden halt beschimpfen und am Ende ohne Kunden heulend und ratlos in seinem Büro sitzen.
Nina und Doreen
Am Mittwoch sind Loerz und ich mal wieder im FZW. Es ist herrliches Wetter und der Biergarten dort sehr voll. Wir trinken Krefelder und halten nach attraktiven Frauen Ausschau.
Nach einiger Zeit treffe ich Ralf, einen Freund von Birte, und unterhalte mich kurz mit ihm. Birte ist wieder mit ihrem Ex zusammen und zieht bald sogar zu ihm. Für einen Moment bin ich vollkommen verwirrt, denn obwohl ich es so erwartet hatte, kann ich es kaum glauben. Das ist echt krank. Glücklicherweise habe ich nur kurz Zeit darüber nachzudenken, weil sich Loerz und ich mit einem völlig durchgeknallten Typen unterhalten müssen. Der Typ erzählt uns, dass er mit Barbara Schöneberger zusammen ist, quatscht alle Frauen an, brüllt durch die Gegend und hat definitiv vollkommen einen an der Waffel. Der Psycho ist hochgradig peinlich. Gut, dass wir ihn nach einigen Minuten loswerden. Solche Leute gehen ja gar nicht.
In der unteren Disko treffe ich Inge. Sie hat meinen Namen vergessen, ich ihren auch. Nachdem wir das mit den Namen geklärt haben unterhalten wir uns noch etwa drei Minuten. Ein herrlich sinnloser Smalltalk.
Nachdem Loerz eine Runde getanzt hat, hat er Lust auf eine Zigarette. Wir gehen nach draußen und gucken bei welcher Frau er eine Zigarette schnorren kann. Zwei Frauen, die neben uns stehen, haben Zigaretten. Wir starten unsere perfekt einstudierte Aktion. Loerz fragt nach einer Zigarette und ich erkläre den beiden, dass es unsere Masche ist auf diese Weise Frauen kennenzulernen. Außerdem sagen wir, dass wir das so machen, weil wir verzweifelt sind. Funktioniert. Die beiden haben wir an der Angel. Sie heißen Nina und Doreen und sind beide über 30. Eine völlig neue Erfahrung für den Loerz. Doreen scheint sehr von ihm angetan, denn sie kriegt nicht einmal mit, dass Nina sie anspricht und etwas fragt. Und so ist es logisch, dass ich mich mit Nina beschäftigen muss. Sie meint, ich wirke sehr ausgeglichen auf sie. Sehr interessant. Sie erzählt mir, dass sie immer Pech mit Männern hat. Ich kann ihr da nicht helfen, denn zum einen bin ich kein Seelenklempner und zum anderen bin ich vergeben und das wird ihr nicht gefallen. Sie mag Männer, die witzig sind. Ich bin unglaublich witzig, aber nicht weiter an ihr interessiert. Für einen One Night Stand könnte ich mich eventuell begeistern, aber sie macht nicht den Eindruck als wäre das was für sie. Ist mir irgendwie auch völlig egal. Es ist bereits kurz vor Mitternacht und ich wollte längst im Bett liegen. Zeit sich zu verabschieden.
Auf dem Weg zum Auto sage ich dem Loerz, dass Doreen sehr an ihm interessiert war und ich mir sicher bin, dass sie ihn wiedersehen möchte. Er ist sich da nicht so sicher. Nach einer kurzen Diskussion ist er überzeugt. Wir gehen zurück und er gibt ihr seine Telefonnummer. Ich sorge wirklich gut für meine Freunde. Mal schauen, was bei den beiden geht.
Der Rest der zehnten Praktikumswoche
Am Donnerstag möchte ein Kunde ein Hyundai Coupé mit Flügeltüren. Weil mein Chef glaubt, der Kunde will ihn verarschen, schickt er ihm eine Mail in der er schreibt, dass er den Wagen auch mit halben oder ganz ohne Türen haben kann. Als er feststellt, dass der Kunde seine Anfrage ernst meinte, muss ich dem Kunden schreiben, dass wir selbstverständlich einen Hyundai mit Flügeltüren für den Kunden beschaffen bzw. umbauen können. Als nächstes fragt der Kunde nach dem Endpreis für das Coupé mit Flügeltüren, Metalliclackierung und Automatikgetriebe. Da mein Chef keine Lust hat darauf zu antworten bzw. nicht weiß, was er darauf antworten soll, habe ich die Scheiße nun auf meinem Tisch liegen. Wir haben selbstverständlich kein Automatikfahrzeug und können es nur schwer beschaffen. Außerdem haben wir noch nie Flügeltüren eingebaut. Woher soll ich also wissen, was der Endpreis für das Fahrzeug inklusive TÜV-Gutachten ist? Unsere Werkstatt kann mir auch keinen Preis nennen. Manchmal scheint mein Chef echt nix mehr zu merken.
Im weiteren Verlauf des Tages werden 14 Fahrzeuge angeliefert. Platz haben wir dafür nicht wirklich. Meinem Chef ist das egal. Er meint, wir sollen Gas geben und schließt die Tür zu seinem Büro. Was stört ihn das Chaos was er angerichtet hat? Scheinbar gar nichts. Als gegen 17.00 Uhr der zweite LKW abgeladen wird setze ich mich in meinem Büro und esse endlich etwas. Schließlich ist das da draußen nicht mein Chaos. Vielleicht sollte ich meine Bürotür jetzt schließen. Kurz vor Feierabend werde ich vom Chef darauf hingewiesen, dass ich zu lange brauche, wenn ich ein Fahrzeug in Marl anmelde. Er unterstellt mir, dass ich noch irgendwo essen fahre oder etwas anderes mache anstatt sofort zurück in mein Büro zu kommen. Für mich bedeutet es, dass ich in Zukunft entweder tatsächlich etwas essen gehe oder einfach irgendwo parke und Kühe beobachte. Wenn mir sowieso vorgeworfen wird, dass ich Zeit vergeude, dann kann ich es auch tun. Alles andere wäre unlogisch und inkonsequent. Manchmal glaube ich, dass mein Chef dumm ist.
Am Freitag bin ich am Vormittag der einzige Verkäufer im Haus. Ich muss Aufträge für alle am Vortag angekommen Fahrzeuge schreiben, mich um die Auszeichnungen kümmern, die Fahrzeuge fotografieren und ins Internet stellen, den neuen Mitarbeiter mit Arbeit versorgen und kontrollieren, was er macht. Dummerweise ist er nicht wirklich gut in dem, was er tut. Vielleicht bin ich auch zu blöd es ihm richtig zu erklären. Jedenfalls hält es am Ende nur auf. So kann ich nicht arbeiten.
Gegen Mittag erzählt der Chef mir, dass ich alles vollkommen beschissen geplant habe, da noch immer keine Autos gewaschen sind. Ich weise ihn darauf hin, dass ich nichts dazu kann, dass ich der einzige bin, der derzeit einen Führerschein besitzt und dass ich die Aufgabe hatte mich um alle Aufträge, den Praktikanten und Kunden zu kümmern. Nein, das will er nicht akzeptieren. Meine Organisation war Scheiße. Ich hätte zwischendurch die Autos zur Waschstraße fahren können, dann hätten wir nicht so viel Zeit verloren. Vielleicht sollte ich ihm jetzt vorwerfen wie viel Blödsinn er schon verzapft hat, aber vermutlich bin ich nicht in der Position dafür. Also verzichte ich darauf. Was ich nicht verstehen kann ist die Tatsache, dass er, obwohl er weiß, dass ich alles falsch mache, nicht auf die Idee kommt seinen Mitarbeitern konkrete Anweisungen zu geben. Muss ich als Praktikant den Laden erst leiten und dann übernehmen?
Um 17.00 Uhr hat unser neuer Mann nicht eine der Aufgaben erledigt, die ich ihm aufgetragen habe. Als ich ihm sage, dass er draußen ein Fahrzeug fotografieren soll, fällt ihm ein, dass er eine Bindehautentzündung hat und kein Licht verträgt. Da die Sonne scheint bittet er mich die Fotos zu machen. Wenig später frage ich ihn, ob er denn wenigstens die Fotos auf Festplatte gespeichert hat. Nein, das hat er nicht. Dafür hört er Internetradio und guckt irgendwelche Videos. Mein Chef sagt dazu nur, dass der Neue eben etwas langsam ist und Zeit braucht. So lang kann der vermutlich gar nicht leben, wie er Zeit braucht.
Als ich wenig später erneut sein Büro aufsuchen muss, sitzen die beiden Werkstattpraktikanten bei ihm. Als sie mich sehen springen sie sofort auf. “Entspannt euch mal.” – “Wir haben nur schnell eine geraucht.” – “Kein Problem.” Mein Gott. Wirke ich so auf Praktikanten, dass sie sich sofort wieder auf ihre Arbeit stürzen, wenn ich auftauche? Bevor der zweite Praktikant das Büro verlassen kann, ruft unser neuer Mann ihn zurück, um ihm zu zeigen welch unangenehme Aufgabe er zu erledigen hat. Toller Auftritt. Leider habe ich weder Zeit ihn zu bedauern noch zu applaudieren. Einige Zeit später darf ich ihn dabei beobachten wie er die Arbeit der Werkstattpraktikanten kontrolliert und für gut befindet. Als er mich sieht, fragt er, ob ich auch zufrieden mit deren Arbeit bin. Bin ich nicht. Ich zeige ihm, was mir nicht gefällt und er sagt den Praktikanten, dass es so nicht geht und nachgebessert werden muss. Zumindest das kann er. Pappnase.
Als ich ihn bitte weitere Fotos auf der Festplatte zu speichern sagt er mir, dass er nun Feierabend hat. Ist ja auch schon 17.23 Uhr. Morgen will er aber weitermachen. Ich dachte immer, um weiter zu machen muss man angefangen haben. Aber gut, möglicherweise irre ich mich auch. Nachdem er gegangen ist stelle ich fest, dass er weder den Ventilator ausgeschaltet, noch das Büro abgeschlossen hat. Komisch, dabei bin ich mir sicher ihn heute Vormittag darauf hingewiesen zu haben, dass Büro abzuschließen und mir dann den Schlüssel zurück zu geben. Will der mich verarschen oder ist er wirklich so doof? Vielleicht hält er sich auch für was Besseres, weil sein Vater Bankdirektor ist oder war. Wie werde ich diesen Klotz am Bein nur wieder los?
Am Samstag kommt der Klotz am Bein eine halbe Stunde zu spät. Keine Ahnung was er sich dabei gedacht hat. Die wenigen Fotos, die er angeblich gestern auf Festplatte abgelegt hat, kann keiner finden. Scheinbar hat er sein eigenes Ablagesystem entwickelt.
Erneut bitte ich ihn Fotos zu machen und auf der Festplatte zu speichern. Da sich nach zwanzig Minuten nichts getan hat, schaue ich mal nach, was bei ihm abgeht. Nichts geht bei ihm ab. Er sitzt einfach nur da und teilt mir dann mit, dass er, wie jeden Tag, sein Passwort vergessen hat. Ich bin entzückt. Vielleicht ist er geistig behinderter als zunächst angenommen. Etwa zehn Minuten später ruft er bei mir an, um mich zu fragen, in welchem Verzeichnis er die Bilder ablegen muss. Ein echter Fortschritt, dass er diesmal nicht einfach so ins Nichts gestarrt hat, sondern aktiv nachgefragt hat. Ist er doch kein hoffnungsloser Fall?
Es ist etwa 13.15 Uhr als ich ihn auffordere schnell noch die eine oder andere Auszeichnung vorzunehmen, da wir langsam mal vorankommen müssen. Als ich einen Blick auf seinen PC werfe, sehe ich, dass er im Internet surft und einen Virus auf den PC geholt hat. Er mag sich dazu nicht äußern und tut ganz überrascht. Das Programm zum Erstellen der Auszeichnungen ist nicht geöffnet, aber irgendwelche Internetseiten, unter anderem Google. Ich lösche das Virus und sage ihm, dass wir die Auszeichnungen bis zum Feierabend brauchen. Ich hätte auch mit einem toten Reh sprechen können, denn bis zum Feierabend tut sich nichts mehr. Als ich ihm kurz vor 14.00 Uhr sage, dass er den PC runterfahren soll, surft er erneut bei Google und es werden wieder irgendwelche Warnmeldungen angezeigt. Ich äußere mich nicht mehr dazu, ich gebe auf. Der Klotz ist zu viel für mich. Warum wir so viel Rücksicht auf den Klotz nehmen müssen scheint auch geklärt. Sein Vater und unser Chef knobeln zusammen. Mich interessieren solche Verbindungen nicht. Sollte es am Montag irgendwelche Probleme mit dem Chef geben, werde ich ihn darauf hinweisen, dass es an dem Klotz liegt. Dafür werde ich mich nicht anscheißen lassen.
Trotz der widrigen Umstände habe ich es in dieser Woche geschafft ein Hyundai Coupé zu verkaufen. Man bin ich gut.
Arbeitszeit in dieser Woche: 51 Stunden und 35 Minuten.
Elfte Praktikumswoche
Als der Klotz am Montag seinen PC startet, gibt es ein kleines Problem. Das Antivirenprogramm schlägt an und findet über 1000 infizierte Dateien. Der Klotz hat so etwas noch nie gesehen und ist natürlich unschuldig. Bis zum Mittag ist das Virenprogramm damit beschäftigt infizierte Dateien anzuzeigen und zu vernichten. Klotz liest dabei ein Buch. Als das Virenprogramm fertig ist, versucht Klotz seine Aufgaben der letzten Woche zu bearbeiten. Geht nicht. Alle paar Minuten stürzt der PC ab. Klotz tut weiterhin unschuldig und bettelt mich an ihm irgendeine Aufgabe zu geben. Ich lasse ihn die Post wegbringen. Nachdem ich ihm die Aufgabe übermittelt habe, plagen mich Zweifel. Wer weiß, wo der Dummkopf die Briefe einwirft. Vermutlich legt er sie in der Telefonzelle neben dem Briefkasten ab. Ich zwinge mich, nicht darüber nachzudenken. Wenig später setze ich ihn an einen PC im Kundendienst. Ich habe nämlich keine Lust seine Arbeit zu machen, während er ein Buch liest. Mal gucken, wie lange der Trottel braucht, bis er den PC dort verseucht hat. Als er um 17.30 Uhr seinen Arbeitstag beendet teilt er mir mit, dass er eine Fahrzeugauszeichnung fertig hat. Das kann ich kaum glauben. Doch tatsächlich, er hat es geschafft. Er hat zwar bei der Finanzierung vergessen die Anzahlung und den Prozentsatz anzugeben und die Fotos nicht hochgeladen, so dass ich die Auszeichnung nicht ausdrucken kann, aber ansonsten eine tadellose Leistung abgeliefert.
Am Dienstag sagt der Klotz, dass jeder, der in Deutschland Arbeit sucht, auch Arbeit findet. Ich widerspreche und frage ihn wie alt er ist. 28 Jahre. Mich schätzt er auf 29 bis 30 Jahre. Zur Belohnung darf er nun Preisschilder aufkleben. Scheint ihm zu gefallen. Per Mail fragt mich ein Kunde, ob wir seinen MB gegen einen gebrauchten PT tauschen. Da der PT kurz vorher verkauft wurde, teile ich ihm mit, dass sich der Tausch erledigt hat. Mein Chef findet das doof und erklärt mir, dass ER dem Mann auf jeden Fall einen Wagen verkauft hätte. Warum tut ER es dann nicht? Ist ER nur ein Maulheld? Der Chef sagt, dass aus mir nie ein guter Verkäufer wird, wenn ich immer so schnell aufgebe. Ich soll dem Kunden jedenfalls andere Fahrzeuge anbieten, schließlich will dieser unbedingt ein neues Fahrzeug. Außerdem habe ich mittlerweile so viele Telefonnummern gesammelt, dass mein Telefon glühen müsste, weil ich all diesen Menschen am Telefon ein Auto verkaufen sollte. Die meisten davon haben zwar längst woanders gekauft, doch das darf mich nicht abhalten. Von zehn Anrufen ist einer von Erfolg gekrönt. Die gleiche Scheiße habe ich damals, als ich so tat als wäre ich Finanzberater, auch immer gehört. Und was sagt mir das? Aus mir wird nie ein guter Verkäufer. Und was sagt mir das noch? Keine Ahnung. Der Tauschkunde antwortet sogar auf meine Mail. Er will einen anderen gebrauchten PT gegen seinen MB tauschen. Und er will keinen Cent dazu zahlen. Ich habe aber keinen anderen gebrauchten PT. Ich bin überfordert. Völlig überfordert. Total. Ja.
Am Mittwoch holen Kunden ein Fahrzeug ab. Bevor sie losfahren gerät mein Chef in Panik. Die Kunden müssen noch zahlen und ich soll das Geld kassieren. Ich bin überrascht, da ich sonst nur Autos rausgeben darf, die schon bezahlt sind. Ich sage ihm, dass ich davon ausgegangen bin, dass die Kunden das Geld überwiesen haben und nicht mehr bezahlen müssen. Er sagt, dass vereinbart war, dass die Kunden jetzt bar bezahlen. Mir kommt das komisch vor und ich weise ihn darauf hin, dass er zuletzt mit den Kunden telefoniert hat und ich davon ausgehen musste, dass er das Finanzielle geregelt hat. Er scheint verwirrt. Als er dann noch sieht wie andere Kunden den Laden verlassen, ohne bedient worden zu sein, wird er fast wahnsinnig und schreit wütend los. Was für ein Choleriker.
Als ich meine Kunden frage, ob sie das Geld dabei haben, sind sie etwas verdutzt. Das Geld wurde überwiesen, so wie mit dem Chef besprochen. Viel schlechter hätte ich es auch nicht machen können. Da will er immer so schlau sein und am Ende weiß er nicht, was er vereinbart hat. Zum Abschied loben die Kunden mich nochmal beim Chef. Dem armen Kerl bleibt heute auch nichts erspart. Wenig später verkaufe ich einen blauen Chevrolet Matiz. So ist der Tag einigermaßen gerettet.
Die anderen Mitarbeiter im Haus nennen den Klotz nur Robocop. Wir haben eine Mitarbeiterin, die nur einmal in der Woche da ist und sich um Organisatorisches kümmert. Als Robocop an ihrem Büro vorbei geht und sie ihn zum ersten Mal sieht kommt sie sofort raus und fragt: “Was war das denn?” – “Robocop.” – “Kann der sprechen?” Sie scheint vollkommen fasziniert von dem Kerl. “Was macht der hier?” – “Verkaufen.” Es ist keiner der Anwesenden in der Lage sich das Grinsen zu verkneifen. Zumindest zieht er sich wie ein Verkäufer an. Als ich anmerke, dass er schon Autos verkauft hat, schauen mich alle ungläubig an. Niemand kann es glauben. Ich eigentlich auch nicht. Andererseits ist er ein unglaublich netter Kerl, warum soll er nicht mal ein Auto verkauft haben? Ich bin schließlich auch ein unglaublich netter Kerl und verkaufe ebenfalls ab und zu ein Auto. Weil Robocop immer nach Arbeit fragt, gebe ich ihm alle Aufgaben, auf die ich keine Lust habe. Autos auszeichnen, Autos putzen und den Hof sauber halten. Ohne Murren nimmt er alle Aufgaben an. Er ist quasi mein ganz persönlicher Diener. Mir gefällt das. Vielleicht wird doch noch was aus ihm.
Am Donnerstag schnappt mir Robocop einen Kunden vor der Nase weg. Da er keine Ahnung hat, holt er wenig später noch den Willi dazu. Wenn die jetzt den Wagen verkaufen, kriege ich Depressionen. Ich bin der Chevrolet Verkäufer hier. Scheiß Robocop. So kann ich nicht arbeiten. Warum unnötig bleiben, wenn man eh nicht gebraucht wird? Also gehe ich zum Chef und teile ihm mit, dass ich um 16.00 Uhr gehen muss. “Das geht nicht.” – “Das muss gehen.” – “Na gut.”
Am Freitag suche ich nach Gründen nächste Woche wieder herzukommen, aber so recht fällt mir keiner ein. Oder doch? Unsere brasilianische Putzfrau hat eine tolle Figur. Aber ist das Grund genug nächste Woche wieder hier zu sein? Vermutlich nicht. So werde ich also vollkommen grundlos wiederkommen. Bescheuert. Außerdem muss ich heute mein Büro mit Robocop teilen. Es ist keine Freude mit ihm zusammen zu arbeiten, denn er ist träge und ich kann nicht einmal mehr seine Stimme ertragen. Als er in meinem Büro rauchen will, weise ich ihn darauf hin, dass es nicht gestattet ist. Ich hasse es, ihn hier sitzen zu haben. Natürlich ist das gemein von mir, weil davon auszugehen ist, dass er eine schwere Kindheit hatte. Aber hatten die nicht wir alle? Was auch gar nicht geht ist die Tatsache, dass er hier alle Bonbon wegfrisst. Er stopft die in sich hinein als wäre es seine letzte Mahlzeit. Geh weg, Robocop, geh weg.
Am Nachmittag haben wir Verkäuferbesprechung. Das einzig Positive daran ist, dass Robocop mitgeteilt wird, dass er ab sofort in keinem Büro mehr rauchen darf. Ich bin für den Hauch eines Augenblicks zufrieden. Seinen Führerschein bekommt Robocop übrigens frühestens im Dezember, so dass man ihn bis dahin zu keiner Dienstfahrt schicken kann, von der er vielleicht nie zurückkommt. Schade. Ich bin ab sofort offiziell für die Fotos zuständig. Scheiße. Robocop ist für die Auszeichnungen zuständig. Auch wenn es gemein ist, ich wünsche ihm, dass er dafür mal richtig zur Sau gemacht wird. Der kann das doch nicht. Oder irre ich mich? Als wir endlich ins Wochenende entlassen werden, sagt Robocop mir, dass wir in Zukunft mein Büro teilen werden. Ich glaube, jetzt dreht er vollkommen durch. Einer von uns kann dann am Nachmittag an den PC und der andere am Vormittag. Kaum zwei Wochen hier, da teilt er schon die Büros auf. Hat der einen Schatten? Hau endlich ab, Robocop. Rette die Welt oder lauf gegen einen LKW.
Arbeitszeit in dieser Woche: 44 Stunden und 27 Minuten.
Nadjas Neugier
Nach Wochen meldet sich Kaugummi Nadja mal wieder bei mir. Der Grund dafür ist schnell gefunden. Ihre Freundin hat mich zusammen mit Ursula im FZW gesehen und diese Information weckt Kaugummi Nadjas Neugier. Sie schlägt vor, dass wir uns auf einen Kaffee treffen.
Treffpunkt Barrock. Ich bin ein paar Minuten vor ihr da und habe deshalb das Vergnügen sie bei der Ankunft zu beobachten. Sie sieht heute so schrecklich aus, dass ich sie zunächst nicht erkenne. Sie trägt hässliche, flache Schuhe, schwarze Leggins, eine Art Kostüm, einen Schal, ein schwarzes Gedöns und eine dunkle Jacke. Zum ersten Mal trägt sie eine Brille und ihre Frisur sieht furchtbar aus. Sie wirkt streng und älter. Fast schon gruselig, was ich ihr auch sofort zur Begrüßung sage.
Die Bedienung schreibt unsere Getränke auf einen Deckel. Für mich bedeutet dies, dass Kaugummi Nadja heute zahlt. Damit sie am Ende nicht überrascht ist, teile ich es ihr auch sofort mit. Es scheint so als würde sie es akzeptieren. Sie hat viel zu erzählen und natürlich viele Fragen zu Ursula, welche ich aber nicht alle beantworten mag. So hat sie Gelegenheit vieles loszuwerden. Zwischendurch mache ich sie immer wieder darauf aufmerksam, dass sie ziemlich furchtbar und älter aussieht als sie ist. Dennoch lädt sie mich zu ihrem 30sten Geburtstag ein. Ich sage ihr, dass ich keine Zeit habe. Als uns die Gesprächsthemen ausgehen zeigt sie mir Fotos. Dekorationen und Menschen. Ihr Mann sieht gut aus.
Nachdem sie mich bis jetzt nur als dröge bezeichnet hat schaltet sie nun einen Gang rauf. Sie sagt meine Augenfalten sehen schrecklich aus und ich sehe absolut nicht aus wie ein Typ, der sich pflegt. Jetzt hat sie es mir aber gegeben. Das habe ich vermutlich davon, dass ich ihr ständig gesagt habe, wie gruselig sie heute aussieht. Da man bekanntlich gehen soll, wenn es am schönsten ist, verlangen wir nach der Rechnung. Wie knapp drei Stunden zuvor angekündigt lasse ich Kaugummi Nadja bezahlen und sie zahlt ohne zu murren. So mag ich das. Zum Abschluss fährt sie mich sogar noch zu meinem Auto. Sie weiß halt was sich gehört. So endet ein skurriler und witziger Abend. Ich habe viel gelacht. Von mir aus können wir das in ein paar Monaten wiederholen.
Zwölfte Praktikumswoche
Montag. Es ist erschreckend, aber ich habe absolut keine Lust mehr auf mein Praktikum. Dabei ist noch nicht einmal Halbzeit. Meine Kekse habe ich auch vergessen. So kann ich nicht arbeiten.
Kurz vor 18.00 Uhr betritt ein Mann den Laden. Er möchte, dass ich ihm 9.200 €uro für seinen Peugeot 207 gebe. Biete ich weniger, so kauft er woanders. Vermutlich hat er einen Hirntumor, denn so viel Geld kriegt er von mir für die Kiste nicht. Ich habe auch gar keine Lust mit solchen Menschen zu reden. Hau ab, Du Arschkopf. Natürlich sage ich das nicht zu ihm, sondern bleibe freundlich.
Am Dienstag schaffe ich es kaum aus meinem Bett zu klettern. Ich will nicht mehr. Alles wiederholt sich, vor allem die Dinge, die mich nerven. Diese Art von Stillstand bringt mich um. Ich bin dermaßen unkonzentriert, dass ich teilweise gar nicht höre, was mein Chef zu mir sagt. Ich nicke nur hin und wieder und bin gedanklich nicht einmal in der Nähe. Robocop erzählt mir von seinen neuen 200€ Schuhen. Und dass er sonst auch mal 300€ für Schuhe ausgibt. Gleichzeitig erzählt er mir, dass er Arbeitslosengeld II bezieht. Da stimmt doch was nicht. Sohn aus reichem Elternhaus kassiert zu Unrecht Arbeitslosengeld II. Ich bin bestürzt Und meine Motivation reicht mittlerweile so weit, dass ich nach der Arbeit nur noch auf meinem Sofa liege und die Decke anstarre. Wie zu meinen besten Zeiten. Filme interessieren mich ebenso wenig wie ein gutes Buch, Musik oder soziale Kontakte. Ich habe die Lethargie aus dem Büro direkt mit nach Hause genommen. Ich vermute sogar, dass ich tot bin. Beste Voraussetzungen für ein glückliches Leben.
Am Mittwoch schaffe ich es nur unter größten Anstrengungen mich ins Büro zu schleppen. Meine Arbeitskollegen meinen, dass ich völlig unmotiviert und genervt aussehe. Ich sage ihnen, dass ich eigentlich gar nicht mehr da bin und mich auf das Ende vorbereite. Welches Ende lasse ich offen. Sie finden das witzig. Wenig später stellen sie fest, dass ich gar nicht darauf reagiere, wenn sie mich ansprechen. Als ich endlich doch etwas merke, teile ich ihnen mit, dass ich diesen Ort vorübergehend verlassen habe und nur noch mein Körper hier ist.
Donnerstag. Robocop hat einen Kunden, der ein 40.000€ Auto für 30.000€ haben möchte. Ich finde solche Kunden lächerlich. Robocop sucht nun schon seit einer Stunde nach Möglichkeiten, das Auto günstiger zu machen. Er will günstigere Felgen nehmen oder einen Gebrauchtwagen für 30.000€ auftreiben. Ich bin der Meinung er vergeudet seine Zeit. Er will scheinbar unbedingt sein erstes Auto verkaufen. Endlich ist hier jemand, der jedem sinnlosen Ziel nachläuft. Mir läuft es eiskalt den Rücken runter. Zu allem Überfluss habe ich heute wieder keine Kekse oder sonstigen Leckereien mit. Ich könnte durchdrehen. Ich will Kekse, Kekse, Kekse, Kekse, Kekse… .
Robocop labert nun schon eine Ewigkeit auf mich ein. Ich erfahre, dass er seine Ausbildung hier zu Ende machen will. Und zwar bis Februar 2010. Wenn man sein Arbeitstempo so betrachtet, dann wird es vermutlich auch bis 2010 brauchen bis er die vier Fahrzeuge ausgezeichnet hat, die ich ihm heute Morgen als Aufgabe zuguteilt habe. Bis jetzt hat er fünf Stunden gebraucht, um die erste Auszeichnung zu machen. Leider ist sie fehlerhaft. Nur gut, dass er bis 2010 Zeit hat. Ob der Chef sich das so lange bieten lässt, wage ich zu bezweifeln. Jammern kann Robocop hingegen richtig gut. Er will die Autos nicht entstauben, weil er eine Hausstauballergie hat. Er will keine Auszeichnungen machen, weil das keinen Spaß macht und dem Chef will er sagen, dass er auf jeden Fall noch in der Werkstatt arbeiten muss, weil es zum Lehrplan dazu gehört. Was will er denn da? Die Mechaniker zu Tode langweilen?
Um 15.00 Uhr fragt er mich, ob der Chef Theater macht, wenn er die vier Auszeichnungen heute nicht macht. Ich mache ihn darauf aufmerksam, dass der Chef tierisch Theater macht, wenn er das nicht schafft. Was ist denn das für ein Schwachkopf? Vier Auszeichnungen macht man, wenn man sich eine Hand auf den Rücken bindet in maximal einer Stunde. Robocop braucht tatsächlich bis 2010. Nun will er Pause machen. Komisch, ich hatte das Gefühl, dass er seit Stunden nichts anderes macht.
Um 16.00 Uhr fragt er mich, ob ich ihm nicht eine Auszeichnung abnehmen kann, da er heute nicht so wirklich vorwärts kommt. Nicht nur heute. Ich lehne ab. Ich habe zwar selber nichts zu tun, aber da muss er durch. Schließlich ist es sein Zuständigkeitsbereich und niemand konnte vorher ahnen, dass ihn das dermaßen überfordert. Nein, das stimmt nicht, ich hatte mir das schon so gedacht. Er ruft mich auch etwa alle drei Minuten an, um mich irgendwas zu fragen, was ich ihm schon hundertsiebenundzwanzig Mal erklärt habe. Er ist nicht nur äußerlich blond. Und ständig jammert er mich voll, dass er kein eigenes Büro hat. Soll er doch kündigen oder sich vor Wut in eine Comicfigur verwandeln, die wir dann irgendwo hier in ein Büro stellen. Dann hat er sein eigenes Büro und ich meine Ruhe.
Am Freitag freuen wir uns über ein selbst hergestelltes Chaos. Eigentlich hat der Chef das Chaos hergestellt, aber da er der Chef ist, liegt es wohl an uns. Kunden von ihm sind da, um ihr Fahrzeug abzuholen. Wer nicht da ist, ist der Chef. Und natürlich hat er niemanden informiert und niemand weiß, wo sich die Akten von dem Fahrzeug befinden. Das wirkt vertrauenserweckend. Das macht den Kunden Spaß. Ich ziehe mich dezent zurück und nutze meine Chance, Robocop einen Kunden, der sich für ein Hyundai Coupé interessiert, wegzuschnappen. Da ist sie wieder, die Gier in mir und meine absolute Loyalität gegenüber meinem geliebten Kollegen Robocop. Was bin ich doch für ein Arschloch. Herrlich.
Als ich später im Büro des Chefs bin sagt er mir, dass er zufrieden mit mir und positiv überrascht ist. Dabei klopft er mir auf die Schulter. Ich bin etwas verwirrt und frage mich, was es zu bedeuten hat. Ich frage, warum er positiv überrascht ist. Weil er schon viele Praktikanten hatte und schon etliche Luschen dabei waren. So wie Robocop, den ich bei der Gelegenheit direkt als Katastrophe bezeichne. Wir kommen zum Thema Job nach der Umschulung. Er könne mir ja nix versprechen, aber er hat einen Vorschlag. Ich bin sehr gespannt. Akquise für Gasanlagen. Und für jede verkaufte Gasanlage gibt es natürlich etwas Geld. Ich wundere mich, dass ich nicht lache oder seinen Vorschlag als Scherz der Woche prämiere. Zeit das Thema zu wechseln.
Am Samstag zeigt Robocop seine coole Seite. Statt Krawatte trägt er Sonnenbrille zu seinem teuren Anzug. Irgendwie vollkommen daneben sein Auftritt. Merkt der noch irgendwas?
Um 13.00 Uhr lasse ich ihn ein Preisschild anbringen. Wenige Augenblicke später entscheide ich, dass wir den Wagen 500€ teurer verkaufen sollten. Also teile ich Robocop mit, dass er die 3 gegen eine 8 austauschen soll. Es ist 13.07 Uhr und Robocop hat keine Lust mehr. Ich gucke ihn an und mir fehlen die Worte. Was für ein Versager.
Arbeitszeit in dieser Woche: 52 Stunden und 22 Minuten.
Susanne
Am Samstag bin ich mit Manni, seinem Bruder und einem Bekannten der beiden auf dem Parkfest in Waltrop. Neben mir geht eine etwa Siebzehnjährige, die sich über die Menschen auf dem Parkfest beschwert. Ich schlage ihr vor die Menschen mit Essen zu bewerfen. Als sie mich siezt bin ich sprachlos. Was für ein deprimierender Moment.
Nach einem kleinen Rundgang landen wir an unserem Bestimmungsort. Ein Festzelt mit einem Bierstand und Musik wird für den Rest des Abends unser Platz sein. Nach einiger Zeit gesellen sich drei Frauen in unsere Nähe. Susanne ist 44 Jahre, schlank, ca. 1,75m, hat kurze, blonde Haare mit Strähnen und schöne, blaue Augen. Die zweite ist ebenfalls blond, klein und schlank, hat einen glasigen Blick und starrt ziemlich dösig durch die Gegend. Ich bin sehr überrascht als sie mit Mannis Bruder tanzen geht. Hätte ihr nicht zugetraut, dass sie das noch kann. Die dritte der Frauen ist leider gar nicht gelungen und äußerst unattraktiv.
Da ich mich nicht entscheiden kann, ob ich nun gehen oder bleiben will, beginne ich eine Unterhaltung mit Susanne. „Das ist Manni. Der hat einen Knackarsch.“ Den Knackarsch will sie sehen und so muss Manni sich umdrehen. Als ich sie auffordere, den Arsch mal anzufassen, lehnt sie ab. Ich mache ein paar Scherze und nach ein paar Minuten sagt sie mir, dass sie es mag, wie ich rede und Männer mit Wortwitz ihr gefallen. Mal gucken, wie es ihr gefällt, wenn die Witze auf ihre Kosten gehen. Nicht ganz so gut, wie mir scheint, denn es dauert nicht lange bis sie mir sagt, dass ich ziemlich arrogant bin. Ich finde das höchst amüsant und irgendwie scheint ihr diese sogenannte Arroganz auch zu gefallen, denn sie knabbert während unseres Gesprächs immer mal wieder leicht an meinem Hals rum. Möglicherweise hat sie aber auch nur Hunger. Ich weiß es nicht. Dann küsst sie plötzlich mein Ohr, fasst meinen Bauch an und ist ganz verwirrt, dass ich eigentlich gar keinen Bauch habe. Ich glaube, die baggert mich hier an. Ein Betrunkener gesellt sich zu uns und gibt Susanne ein Bier aus. Als er mich sieht, fragt er, ob es okay ist, dass er meiner Frau ein Bier ausgibt. „Natürlich. Dann muss ich wenigstens nicht bezahlen.“ – „Was ist denn mit euch beiden?“ Susanne sagt ihm, dass wir Krach haben und ich arrogant sei. Daraufhin hält er mir eine Rede, was für eine attraktive Frau ich doch habe und das ich doof bin. Höchst amüsant. Nun beschwert sie sich darüber, dass ich sie nicht küssen will und er nennt mich einen Blödmann. Wenn er so eine attraktive Frau hätte, dann wüsste er was zu tun ist. Als er weg ist frage ich sie, warum sie mich Blödmann nennt. Anstatt mir zu antworten schlabbert sie an meinem Ohr rum und guckt mir dann in die Augen. Was soll denn das jetzt? Bevor ich weiter darüber nachdenke, küsse ich sie einfach mal. Damit habe ich der Unkompliziertheit die Unschuld geraubt, denn mir ist klar, dass sie sich nur mit küssen nicht zufrieden geben wird. Mehr aber ist nicht drin. Und das wird ihr sicher nicht gefallen, wenn sie es erfährt. Doch bis dahin kann sie es genießen mich zu küssen und sie scheint es zu tun. Als ich sie genug geküsst habe, sagt sie mir, dass sie sich erst am Nachmittag bei ihrer Freundin darüber beschwert hat, dass sie nie auf solchen Festen geküsst wird. Dann ist heute wohl ihr Glückstag. Da mir gerade nichts einfällt küsse ich sie einfach nochmal. Sie sagt, dass ich das gut mache. Ich weiß.
Wenig später möchte sie, dass ich was trinke und bestellt mir eine Fanta. Ich sage ihr, dass ich es mag, wenn Frauen mir was zu trinken ausgeben. Meine Jacke möchte sie halten, damit ich meine Fanta genießen kann. Von mir aus, dann soll sie halt meine Jacke halten. Nachdem meine Fanta ausgetrunken ist küsse ich sie einfach wieder.
Um 01.20 Uhr schickt Manni mir eine SMS: „Haha, Du gehst heute nicht allein nach Hause. lach lach lach.“ Schön, dass ich dazu beitragen kann, dass auch er sich amüsiert. Bevor Susanne zur Toilette geht fragt sie, ob ich noch da sein werde, wenn sie zurückkommt. „Natürlich, ich geh doch nicht einfach weg, ohne mich zu verabschieden.“ Da freut sie sich. Während sie weg ist versuche ich meine Begleiter zu überreden möglichst bald abzuhauen. Wollen sie aber nicht, sie sagen mir, dass ich die Frau mit nach Hause nehmen und poppen soll. Tolle Begleiter.
Als Susanne zurück ist macht sie mir gleich wieder Komplimente, weil ich ja so witzig bin und Humor habe. Bevor sie mich weiter vollquatscht küsse ich sie erneut. Diesmal scheint das Geknutsche kein Ende zu nehmen. Minutenlang küssen wir uns. Hin und wieder öffne ich die Augen, um zu gucken, ob das Parkfest in der Zwischenzeit nicht längst vorbei ist. „Du küsst echt gut.“ – „Ich weiß.“ – „Und Du hast total schöne Augen. Das hörst Du sicher öfter.“ – „Ja.“ – „Du bist ein Schönauge.“ Auch das noch. Jetzt schwärmt sie mir vor, was für tolle Augen ich habe. Was will sie mit den ganzen Komplimenten erreichen? Meine Telefonnummer kriegt sie nicht. „Du hast auch total schöne Ohren.“ Nun wird es mir langsam zu viel und ich sage meinen Begleitern, dass wir los müssen. Und was machen die Deppen? Sie sagen mir, dass sie auch ein Taxi nehmen können. Was für Ärsche. „Ich bin euer Taxi. Ich habe euch gebracht also bringe ich euch auch zurück.“ Wie komme ich nur aus dieser Nummer wieder raus?
„Ich würde Dich gerne wieder küssen.“ Jetzt geht das auch noch los. Warum kann sie nicht zufrieden sein mit dem was sie hatte? Ich muss raus aus dieser Situation. Ich küsse sie nochmal und gebe dann den Befehl zum Abmarsch. Der Bekannte sagt natürlich, dass ich noch die Telefonnummern mit Susanne tauschen soll. Ich könnte ihn erwürgen. „Der gibt mir seine Telefonnummer nicht.“ – „Richtig. Telefonnummern gibt es nicht und jetzt gehen wir.“ Nun ist sie sauer und weigert sich sogar mir die Hand zu geben. Egal. Händeschütteln ist eh nicht mein Ding. Nix wie weg hier. Ich will ins Auto zu meiner Banane. Ich habe fertig.