Vasektomie-Schmerzen
Am Wochenende besucht mich Ursula und wir verbringen zum ersten Mal Zeit zusammen, ohne Sex zu haben. Zumindest ohne richtigen Sex zu haben. Da ich allerdings der Meinung bin, dass Ursula nicht unbefriedigt bleiben darf, stelle ich ihr meine Hand zur Verfügung. Weiteres ist schon durch die Schmerzen, die mich seit der Vasektomie nicht verlassen wollen, nicht vorstellbar. Ich denke, dass sie in Anbetracht der Situation zufrieden und irgendwie auf ihre Kosten kommt und ihr meine Hand ordnungsgemäß Freude bereitet.
Am Sonntag machen wir einen Spaziergang, welcher mir allerdings keine Freude bereitet. Es fühlt sich noch immer so an, als würde mir jemand einen Ball aus nächster Nähe zwischen die Beine schießen. Gefällt mir ganz und gar nicht. Eigentlich sollte ich keine Schmerzen mehr haben, aber scheinbar werde ich mit zunehmendem Alter auch immer empfindlicher und mein Körper scheint außerdem mehr Zeit zum Regenerieren zu brauchen als mir lieb ist. Ich glaube, ich bekomme jetzt spontan Depressionen.
Telefonisch nicht wirklich erreichbar
Den Montag verbringe ich zunächst damit bei der ARGE anzurufen. Erwartungsgemäß bringt mich das nicht weiter. Am anderen Ende der Leitung erwische ich nur eine Frauenstimme, die mich darauf hinweist, dass derzeit alle Leitungen besetzt sind und ich es später nochmal versuchen soll. Außerdem sagt sie, dass es in dringenden Fällen empfehlenswert ist, wenn man persönlich vorbei kommt. Als ob man eine andere Wahl hat. Insgesamt rufe ich in der Zeit von 08.17 Uhr bis 14.00 Uhr exakt 47 Mal bei der ARGE an. Dann bin ich mir sicher, dass es gar keine Mitarbeiter gibt, die Telefongespräche entgegen nehmen, sondern nur diesen Anrufbeantworter.
Schmerzen bleiben
Am siebten Tag nach der OP entwickelt sich alles völlig falsch. Am frühen Abend kann ich nicht mehr schmerzfrei sitzen, stehen und erst recht nicht gehen. Am späten Abend habe ich sogar erstmals Schmerzen, wenn ich einfach nur liege. Ich nehme eine Schmerztablette, die jedoch keine Wirkung zeigt. Kühlen hilft selbstverständlich auch nicht. Und es ist auch nicht wirklich ein Trost für mich, dass die Schmerzen fast ausschließlich von der linken Seite kommen. Das habe ich mir alles ganz anders vorgestellt.
Am achten Tag werden die Fäden gezogen. Eine für mich sehr unangenehme Prozedur. Bei der Gelegenheit erzähle ich meinem Arzt von den Schmerzen. Nach dem schmerzhaften Abtasten weiß ich, dass nichts entzündet ist und sich alles normal anfühlt. Ich soll einfach geduldig sein und keinen Marathon laufen, dann sollte es bald besser sein. Irgendwie habe ich da so meine Zweifel und kann gar nicht glauben, dass es jemals besser wird. Bin ich nur ein wehleidiger Jammerlappen? Wann hören die Schmerzen endlich auf?
Kochen geht anders
Aus irgendeinem Grund habe ich mir vorgenommen, heute so etwas wie eine richtige Mahlzeit zuzubereiten. Also kein Dosenfutter und auch keine Pizza. Heute will ich mir 350g Puten-Filetstreifen mit Nudeln zubereiten. Dazu eine Fertigsoße. Das müsste zu schaffen sein. Zum Anbraten des Fleisches verwende ich Margarine. Das finde ich unprofessionell. Ich würde lieber Öl, z.B. Olivenöl aus einer coolen Flasche in die Pfanne geben, als Margarine aus einem Plastikbecher zu kratzen. Das deprimiert mich jetzt so, dass ich am liebsten sofort mit der Essenszubereitung aufhören würde. Doch das wäre irgendwie albern und sinnlos und so mache ich weiter. Die Auswahl an Gewürzen ist furchtbar überschaubar. Salz, Pfeffer und Paprika. Das kann niemals was werden. Vielleicht sollte ich demnächst weitere Gewürze anschaffen. Davon soll es ja eine Menge geben. Die Soße ist eine Fertigsoße, die mit 250ml Wasser angerührt wird und meiner Meinung nach niemals schmecken kann. Das ist alles andere als professionell und macht obendrein überhaupt keinen Spaß. Das Fleisch gelingt mir allerdings gut. Es ist ordentlich angebraten, fast schon trocken. So mag ich es. Die Nudeln sind auch okay, wobei das auch keine große Kunst ist. Doch die Soße ist, wie erwartet, ein Witz. Da müsste Geschmack ran und etwas Gemüse rein. Aber daraus wird heute nichts. Ich muss mich mit dem zufriedengeben, was ich produziert habe.
Während ich mein selbst zubereitetes Mahl verspeise, frage ich mich, was ich von meinem Werk halten soll. Es macht mich satt, aber überzeugt bin ich nicht. Das will ich so nie wieder von mir serviert bekommen. Nach dem Festmahl darf ich spülen und den Herd sauber machen. Ich finde, die Arbeit steht in keinem Verhältnis zum Nutzen. Wie viel Dreck macht es wohl erst, wenn man richtig kocht? Ich mag garnicht daran denken und werde vermutlich wieder auf Dosenfutter und Pizza umsteigen. Schlechter als meine Soße schmeckt das sicher nicht, aber es macht bedeutend weniger Dreck. Dreck mag ich gar nicht.
Leb wohl, alter Freund
Wir haben wirklich viel Zeit miteinander verbracht. Ich hätte auch nie gedacht, dass er wirklich so alt werden kann. Wir haben gemeinsam gespült und als er erwachsen war sogar zusammen den Herd gereinigt. Es gibt nicht viele Gegenstände in der Küche, die wir nicht gemeinsam gereinigt haben. Und wir waren gut. Es gab nichts, was am Ende nicht wieder geglänzt hat. Und ich bildete mir ein, es würde ewig so weitergehen. Doch irgendwann bemerkte ich die Veränderungen an ihm. Sicher, wenn ich ihn nur flüchtig und wohlwollend betrachtete, sah er noch recht gut aus, fast wie damals, doch bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass nicht mehr viel von ihm übrig war. Ja, es war nicht mehr zu übersehen, dass es zu Ende ging mit ihm.
Die letzten Tage, die letzten gemeinsamen Erlebnisse haben mehr und mehr verdeutlicht, dass seine Zeit bald kommen würde. Er sah alt aus, faltig, er war weich geworden und hatte Löcher bekommen. Zuletzt roch er sogar etwas unangenehm, fast so wie alte Menschen es tun, bevor deren Zeit abgelaufen ist. Da wusste ich, dass es Zeit wird, Abschied zu nehmen. Noch einmal spülten wir gemeinsam. Er gab sich alle Mühe, mich nicht zu enttäuschen. Er spürte sicher, dass es sein letztes Mal sein würde. Es war schön, fast wie damals, als er noch jung und frisch war. Doch dann hieß es Abschied nehmen. Ein letztes Mal quetschte ich das Wasser aus seinen Lungen. Ein letztes Mal sahen wir uns an. Dann war es vorbei. Sein Herz blieb stehen und ich begrub ihn auf dem Spülschwammfriedhof. Leb wohl, Spülschwamm. Du warst mir immer ein guter Freund.
Vollkommen verrückt
Da ich schon seit Tagen vor mich hinvegetiere und auch schon zu riechen anfange, kommt mir der Gedanke, dass das nicht gesund sein kann. So beschließe ich, heute etwas zu unternehmen. Dann hätte ich nämlich einen Grund, mich mal wieder zu rasieren und zu waschen. Ich sehe echt verwahrlost aus, was mir ein Blick in den Spiegel nur allzu deutlich macht. Jetzt muss ich mir nur überlegen, was ich tun kann.
Nach einigen Stunden des Überlegens habe ich eine grandiose Idee. Ich will mich auf die Balkonbrüstung setzen und die Füße baumeln lassen. Auf der Balkonbrüstung möchte ich natürlich gut aussehen, weshalb ich mich rasiere, dusche und ordentlich anziehe. Der Spiegel ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Ich bin es auch, öffne die Balkontür und bin deprimiert. Es regnet. Das ist kein Wetter, um auf der Balkonbrüstung zu sitzen und die Füße baumeln zu lassen. Ich bin enttäuscht, weil ich mir extra so viel Mühe gemacht habe, mich wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand zu bringen. Eine Ersatztätigkeit muss gefunden werden. Wenige Minuten später habe ich eine Schnapsidee. Ein Besuch bei Leonetta ist das einzige, was mir einfällt. Ihr Hund ist jetzt fast ein Jahr und möglicherweise kann ich Leonetta ja ins Bad sperren und etwas mit dem Hund spielen. Ich versuche es einfach mal.
Als ich bei Leonetta vor der Tür stehe, weiß ich sofort, dass meine Idee nicht die Beste war. Ich höre sie laut ihren Hund beschimpfen, weil er einfach nicht still in der Ecke sitzen will, nachdem ich an der Tür geklingelt habe. Sie schreit wie eine Irre, gibt dem Hund unsinnige Befehle und scheint vollkommen überfordert. Jetzt erinnere ich mich wieder, warum ich mich seit Monaten geweigert habe herzukommen. Als sie endlich die Tür öffnet, kommt ein vollkommen durchgeknallter, elf Monate alter Labrador auf mich zugestürmt. Sie kann ihn gerade noch festhalten und er fegt über den Parkettboden, ohne wirklich vorwärts zu kommen. Im Schlepptau hat er das Geländer, welches den Zutritt zum Schlafzimmer verweigern soll und an das Leonetta ihn gebunden hat. Ein unglaubliches Schauspiel. Sie packt ihm in den Nacken, zerrt an ihm rum und er jault kläglich. Weil er sich weigert in sein Körbchen zu gehen, zerrt sie ihn mit der Hand im Nacken an seinen Platz. Da er dort aber einfach nicht sitzen will, schlägt sie auf ihn ein, um ihn so dazu zu bringen, sich in sein Körbchen zu legen. Warum darf eigentlich jeder ein Tier halten? Nach einer Weile sitze ich im Wohnzimmer. Ein Gitter hält auch hier den Hund davon ab das Zimmer zu betreten. Auf mich wirkt das alles vollkommen irrational.
Nachdem der Hund ein paar Minuten von uns getrennt war, lässt sie ihn ins Wohnzimmer. Er stürmt auf mich los und beißt mir ins Bein, in den Arm, in die Hand und wo ein Hund sonst noch reinbeißen kann. Er beißt zum Glück nicht fest. Für ihn scheint alles ein Spiel zu sein. Die völlig überforderte Leonetta zerrt ihn mit letzter Kraft zurück in den Flur. Hier ist eindeutig geklärt, wer das Sagen hat. Leonetta ist es nicht. Aber das weiß sie dummerweise nicht. Sie erklärt mir, dass der Hund sonst immer ganz toll hört und sie auch den Hundeführerschein gemacht hat. Da bin ich ja beruhigt. So einen Hundeführerschein scheint man problemlos zu erhalten. Wenn ich das hier so ansehe, dann ist so ein Hundeführerschein nichts weiter als ein wertloses Stück Papier. Nach einer Weile startet sie einen zweiten Versuch. Diesmal ist sie allerdings bewaffnet. Mit einer Wasserpistole. Damit spritzt sie ihn immer an, wenn er ungehorsam ist. Finde ich vollkommen daneben, aber es scheint zu funktionieren. Zumindest so lange, bis sie ihn die Wasserpistole abkauen lässt. Rasch wird ihr Hund wieder übermütig und aus dem Wohnzimmer verbannt. Was mich ebenfalls stört ist der Gestank. Ihr Hund hat furchtbaren Mundgeruch und die Wohnung riecht, nein, sie stinkt furchtbar. Eigentlich müsste jetzt die Tür aufgehen und ihr jemand den Hund wegnehmen. Bei dieser Entwicklung dürfte es jedenfalls nicht mehr lange dauern, bis der Hund wirklich mal zubeißt. Als sie mir erzählt, dass ihr von allen geraten wurde, so vorzugehen, dass selbst der Hundeflüsterer, wer auch immer das sein mag, die Wasserpistole empfohlen hat, bin ich selbstverständlich sofort beruhigt. Dass man einen Hund nur durch Bestrafung und Unfähigkeit erzieht, habe ich wohl bisher nicht mitgekriegt. Die Dinge ändern sich ja so schnell. Im nächsten Monat lässt sie ihn kastrieren. Danach ist er angeblich vollkommen friedlich. In ihrer Traumwelt möchte ich echt nicht leben.
Zeit sie über ihre neuesten Männergeschichten zu befragen. Alles wie gehabt. Keiner will sie. Das kann ich keinem verübeln. Ich will sie auch nicht. Irgendwann beginnt sie an meinem Hemd rumzufummeln und sagt mir, dass ich toll rieche. Das liegt daran, dass L´eau par Kenzo so gut mit meinem Körper harmoniert. Im weiteren Verlauf des Gesprächs habe ich den Verdacht, dass Leonetta an Alzheimer leidet. Sie erzählt von Dingen, die wir zusammen gemacht haben sollen, von denen ich aber nichts weiß. Lange kann es nicht mehr dauern, bis sie vollkommen verwirrt ist und eingeschläfert werden muss. Für den Hund wäre es sowieso das Beste, wenn sie eingeschläfert würde. Bevor es noch abstruser wird, wird es Zeit für mich zu gehen. Bevor ich Leonetta nochmal besuche, bohre ich mir lieber mit einem Kugelschreiber ein Loch ins Knie.
Auf Wiedersehen, Leonetta
Hallo Leonetta,
nachdem ich vorgestern zwei Stunden mit ansehen musste, wie Du mit Deinem Hund umgehst, kann ich nicht mehr mit Dir befreundet sein.
Du hast Deinen Hund während meiner ganzen Anwesenheit ständig beschimpft, weil er nicht hört, weil er nicht richtig aus seinem Napf trinkt und Deinen Boden beim trinken nass macht, weil er ständig bellt und aufs Sofa springt. Du hast ihn durch die Wohnung gezerrt, ihn sogar geschlagen und mit einer Wasserpistole bedroht, weil das angeblich irgendein Hundeflüsterer empfohlen hat. Du gehst nicht zur Hundeschule, weil das angeblich nichts bringt. Dafür lässt Du Deinen Hund demnächst kastrieren, weil er danach ein angenehmeres Haustier wird und weniger Probleme macht. So eine gequirlte Scheiße habe ich selten gehört. Und was machst Du, wenn er danach noch immer nicht pflegeleicht ist? Lässt Du ihm dann seine Stimmbänder entfernen, damit er nicht mehr bellt? Verprügelst Du ihn dann mit einem Stock? Das ist abartig. Du bist vollkommen überfordert mit dem Tier. Du hast überhaupt keine Ahnung, wie man einen Hund erzieht und normalerweise müsste man Dir den Hund unverzüglich wegnehmen. Was Du machst ist reine Tierquälerei. Ich kann Menschen, die ihr Haustier so behandeln nicht respektieren. Es widert mich an, wie Du Dich verhältst. Und deshalb möchte ich keinen Kontakt mehr zu Dir.
Mit diesen Zeilen beende ich das Kapitel Leonetta endgültig.
Das Nichts
Was war in den letzten Tagen? – Nichts.
Und heute? – Nichts.
Und in den nächsten Tagen? – Nichts.
Das ist nicht viel. – Das ist Nichts.
Fast wie der Tod. – Ja. Aber es ist Nichts.
DAS Nichts?- Ja.
Oh. Dann muss ich mich jetzt verabschieden. – Gute Idee.
Von da an herrschte wieder die gewohnte Stille und das Nichts konnte sich ungestört weiter ausbreiten.
Entwicklung
Ich weiß nicht, wie lange ich mir die Haare nun schon nicht gewaschen oder wann ich mich das letzte Mal rasiert habe. Ein Blick in den Spiegel deutet darauf hin, dass es schon ein paar Tage her sein muss. Ich entwickle mich optisch mehr und mehr zu einem Penner. Die Wohnung verlasse ich auch nur, wenn es unbedingt sein muss. Dazu ziehe ich mich nicht einmal mehr ordentlich an, sondern trage meine schlabbrige Hausstrickjacke, die absolut nicht für Außenauftritte geeignet ist. Den Großteil des Tages verbringe ich damit zu begründen, warum es okay ist, nichts zu tun und wie sinnlos die meisten Aktivitäten sind. In ein paar Tagen werde ich mir vermutlich glauben. Dann bin ich auf dem Weg ein Vorzeigearbeitsloser zu werden wieder einen Schritt weiter. Vielleicht stört es mich bald auch nicht mehr, dass meine Haare und mein Bart jucken. Die nächsten Schritte wären dann, die Wohnung in Jogginghose und Hausschuhen zu verlassen und endlich länger zu schlafen. Ein Vorzeigearbeitsloser steht nämlich nicht um 08.00 Uhr morgens auf. Wozu auch? Wer hätte gedacht, dass ich in meinem Alter noch so Entwicklungsfähig bin?
Nina
Das schlechte Wetter und meine Lethargie führen mich in der verregneten, letzten Augustwoche des Jahres 2010 in einen Chat. Dort entdecke ich Nina. Sie ist 30 Jahre, verheiratet, kommt aus Dortmund und sucht eine Affäre. Ein Profil ganz nach meinem Geschmack. Ich schreibe sie an und wir kommunizieren kurz. Aber schon nach wenigen Augenblicken muss sie wieder weg. Bevor sie verschwindet, gibt sie mir noch ihre MSN-Adresse. Ich bin gespannt, ob mich das irgendwie weiter bringt.
Ein paar Tage später kommunizieren wir über MSN. Sie kann sich nicht wirklich an mich erinnern, weil sie bei der Vielzahl der an ihr interessierten Männer den Überblick verloren hat. Klingt nicht so als würde ich hier weiterkommen. Dennoch tauschen wir Fotos aus. Sie hat ein hübsches Gesicht. Allerdings sagt ein Gesichtsfoto wenig über die Figur aus, weshalb ich sie auffordere, ihr Äußeres zu beschreiben. Sie ist 1,60m, hat schulterlange brünette Haare, blau-grüne Augen und ist mollig. So mollig sieht ihr Gesicht auf dem Foto gar nicht aus. Wie man sich irren kann. Sie schreibt, dass sie neulich ein Date mit einem Typen hatte und dieser beim Sex viel zu früh gekommen ist. Und das sie dann keine Lust mehr hatte und ihn nicht mehr treffen mag. Da ist sie bei mir ja genau beim Richtigen gelandet. So weiß ich wenigstens, dass ich sie nach einer Nummer los bin, sollte es je soweit kommen. Mit dem Hintergrundwissen versuche ich, sie zu einem Date zu überreden, doch sie zeigt kein wirkliches Interesse. Die Auswahl ist scheinbar zu groß und meine Konkurrenz anscheinend interessanter. Da sie wohl gleichzeitig mit mehreren Männern kommuniziert, verabschiede ich mich von ihr.
Ein paar Tage später kommunizieren wir dennoch wieder. Weil sie sich nicht mehr wirklich an mich und mein Foto erinnern kann, schicke ich ihr mein Foto erneut. Danach einigen wir uns tatsächlich darauf uns zu treffen. Und zwar um 18.30 Uhr im Alex. Zunächst willige ich ein, doch dann kommen mir Zweifel. Mein letztes Date im Alex fand ohne meine Verabredung statt. Und um alleine vor dem Alex auf und ab zu gehen, fehlt mir eindeutig die Motivation, weshalb ich ihr vorschlage mich anzurufen. Keine fünf Minuten später klingelt das Telefon und ich bin positiv überrascht. Sie hat eine angenehme Stimme und klingt gar nicht wie eine Abschaumkönigin oder eine billige Sexpuppe. Während des Gesprächs erzählt sie viel von ihren bisherigen Dates und das sie, wenn sie wollte, jeden Tag mehrere Dates haben könnte. Frau müsste man sein. Weil das Gespräch meiner Meinung nach gut läuft, sage ich vollkommen aus dem Zusammenhang heraus: “Ich will Dich auf jeden Fall persönlich kennenlernen.” Dann herrscht Stille. Stille, die scheinbar nicht enden will. Stille, die ich auf keinen Fall unterbrechen werde. Sollte ich mich etwa getäuscht haben? War ich mir zu sicher, dass sie ebenfalls an einem Treffen interessiert ist? War ich zu selbstsicher und von mir überzeugt, dass ich irgendwas missverstanden habe? Dann endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, sagt sie: “Wo sollen wir uns denn treffen?” Puh, ich dachte echt, ich hätte mich verzockt und würde eine Abfuhr kriegen. Nachdem wir mittlerweile über eine Stunde telefoniert haben, beschließen wir, dass wir uns um 20.30 Uhr vor der CU-Bar in Dortmund treffen. Folgende Regeln legt sie noch fest. Mehr als küssen gibt es beim ersten Date nicht und sie wird auf keinen Fall den ersten Schritt machen. Prima, da ich nie weiß, wann es Zeit ist den ersten Schritt zu tun. Das kann ja heiter werden.
Die Zeit bis ich los muss, nutze ich, um mich zu waschen und zu rasieren. Bei der großen Konkurrenz darf ich nichts dem Zufall überlassen. Die Wahl des Duftes fällt auf Givenchy Pour Homme. Ein Mann, der gut riecht, hat meist bessere Chancen als einer, der nicht gut riecht. Und jetzt rieche ich verdammt gut. Optisch bin ich auch ganz zufrieden mit mir. Eigentlich sollte sie mir nicht widerstehen können.
Pünktlich erscheine ich am vereinbarten Treffpunkt und bin zum zweiten Mal positiv überrascht. So mollig, wie befürchtet, ist sie gar nicht. Sie ist zwar verdammt klein, aber sie hat was, dass mir gefällt. Ein hübsches Gesicht. Es wäre Wahnsinn, wenn hier nichts läuft. Wir bestellen etwas zu trinken und sie erzählt mir, dass ich ihr sechstes Date, innerhalb der zwei Wochen, die sie jetzt auf der Suche ist, bin. Außerdem erzählt sie von ihrer unglücklichen Ehe, ein paar Erlebnisse der vorangegangenen Dates und ist während der ganzen Zeit sichtbar nervös. Das gefällt mir und irgendwie macht mich ihre Unsicherheit an. Ich liebe es, wenn eine Frau meinetwegen nervös ist. Aber wirklich weiter bringt mich das jetzt auch nicht. Ich frage mich, ob sie mich küssen will. Da sie alle ihre letzten Dates geküsst hat, wäre es sehr schlecht für mein Ego, wenn sie bei mir eine Ausnahme machen würde. Um ein wenig ihr Interesse zu erkunden, rutsche ich näher und berühre sie mit meinem Arm. Sie zieht ihren Arm nicht weg, sondern legt ihn immer wieder an meinen. Das sollte mir als Bestätigung reichen. Doch ich warte noch, bevor ich den nächsten Schritt ankündige.
“Du bist gar nicht nervös. Oder? Ne, Du bist vollkommen ruhig.”, sagt sie und irrt sich gewaltig. Doch das werde ich ihr jetzt nicht sagen. Stattdessen sage ich: “Dafür bist Du ziemlich nervös.” – “Ja.” – “Das merke ich. Du hast den Strohhalm Deines Cocktails schon völlig zerfetzt.” Meiner Meinung nach ist es jetzt der richtige Zeitpunkt den nächsten Schritt zu machen. Und so sage ich: “Dich zu küssen würde mir jetzt gefallen. Wir sollten es jetzt tun.” – “Nicht in der Öffentlichkeit. Ich bin verheiratet.” – “Dann lass uns jetzt gehen.” – “Wo steht Dein Auto?” – “Nur ein paar Meter weiter. Komm, lass uns zahlen und gehen.” Wir stehen auf und aus unerklärlichen Gründen zahle ich für sie mit. Auf dem Weg zum Auto sagt sie, dass sie beim nächsten Mal für mich zahlt. Klingt als wäre sie an einem weiteren Treffen interessiert. Dabei habe ich sie doch noch gar nicht geküsst.
Wir setzen uns ins Auto und sie ist sichtbar verlegen. Also beuge ich mich zu ihr rüber, um sie zu küssen. Zunächst scheint sie irritiert und zieht sich irgendwie zurück, doch dann ist es endlich so weit. Wir küssen uns. Exakt 67 Minuten hat es bis zu diesem unvermeidlichen Ereignis gedauert. Dummerweise schmeckt sie nicht so gut. Vom Geschmack her belegt sie vermutlich sogar den letzten Platz aller bisher geküssten Frauen. Das ist nicht gut. Ihr Geschmack ist nicht nach meinem Geschmack. Zeit für eine Pause. Während der Kusspause erzählt sie mir, dass sie Oralsex, also ihren aktiven Teil, umgangssprachlich und auch von ihr blasen genannt, nicht mag. Sie findet es sogar irgendwie ekelhaft, macht es aber trotzdem, weil es dazu gehört und Männer es mögen. Ob das jetzt ein Angebot war, mich oral zu befriedigen oder ein Hinweis darauf, dass sie grundsätzlich dazu bereit ist, weiß ich nicht. Ist mir zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch vollkommen egal. Viel wichtiger ist es herauszufinden, ob ich mich an ihren Geschmack beim Küssen gewöhnen kann. So küssen wir uns noch eine Weile. Sie scheint auch langsam etwas aufzutauen. Ihre Küsse werden sinnlicher und sie fasst mich jetzt sogar an. Insgesamt eine durchaus ausbaufähige Sache, wenn nur ihr Geschmack nicht wäre. Nach einer Weile beende ich die Aktion und sage ihr, dass ich jetzt fahren muss. Normalerweise kriege ich ja nie genug vom küssen, aber heute schmeckt mir das Küssen einfach nicht so gut. In der Hoffnung, dass sie nicht immer so schmeckt, mache ich ihr Hoffnung auf ein zweites Date. Ob ich bei all der Konkurrenz für ein zweites Date in Frage komme, weiß ich allerdings nicht. Sollte es nicht der Fall sein, wäre ich sehr enttäuscht, weil ich mir einfach nicht vorstellen mag, dass ich kein zweites Date wert bin. Das wäre auch vollkommen irreal und unsinnig, wenn sie nicht noch einmal von mir naschen wollte. Auf dem Weg nach Hause gönne ich mir eine Banane. Die Wahrscheinlichkeit für ein zweites Treffen liegt jetzt bei 24,73%.
Einen Tag nach unserem Date kommunizieren wir über MSN. Sie schreibt, dass ich anders bin als ihre anderen Dates. Ich frage sie, wie sie das meint. “Vom Reden her meine ich. Weiß nicht, kann ich schlecht erklären. Ich steh ja nicht so auf Schleimer und zu nett darf der Mann auch nett sein. Liegt vielleicht am Alter.” – “Und ist das jetzt gut oder schlecht?” – “Ich finde es gut.” Später fragt sie mich, ob sie mich mal nach der Arbeit besuchen kann. Allerdings mag sie mir keine Sexgarantie für das Treffen geben. Ich teile ihr mit, dass ich ihr ebenfalls keine Sexgarantie geben kann. Und so einigen wir uns darauf, dass sie mich nächste Woche Mittwoch gegen 11.00 Uhr besuchen kommt. Die Wahrscheinlichkeit für ein zweites Treffen liegt nun bei 36,38%.
Drei Tage vor dem Treffen, teilt sie mir mit, dass ihr Mann entdeckt hat, dass sie sich mit anderen Männern trifft und sie mich deshalb nicht mehr treffen darf. Die Wahrscheinlichkeit für ein zweites Treffen liegt nun bei 00,06%. Wir bleiben dennoch per MSN in Kontakt. Zunächst eher selten, dann wieder etwas häufiger. Sie scheint tatsächlich nichts mehr mit anderen Männern zu haben. Zumindest behauptet sie es.