Dezember 2013

Kohlekraftwerk
Seit im Juli das gesunde und für die Umwelt nahezu zu hundert Prozent unbedenkliche Kraftwerk nur wenige Kilometer von meiner Wohnung im Probebetrieb läuft, habe ich immer wieder, wenn ich spät abends oder morgens lüfte, den Eindruck, dass es arg nach Kohleofen riecht. Natürlich weiß ich, dass das Kohlekraftwerk nichts damit zu tun hat. Und selbst wenn es dafür verantwortlich wäre, müsste ich mir keine Sorgen machen, weil das Kraftwerk, wäre es irgendwie ungesund, gar keine Genehmigung für den Betrieb bekommen hätte. Und so frage ich mich, wie es sein kann, dass ich mir regelmäßig einbilde, dass es nach Kohleofen riecht. Was stimmt nicht mit mir? Und wird meine kranke Einbildung schlimmer, wenn das Kohlekraftwerk ab dem 14. Dezember richtig in Betrieb genommen wird? Ich fürchte es fast. Ich sollte bei Gelegenheit einen Psychiater zu Rate ziehen. Nicht, dass ich mir am Ende irgendwann einbilde, dass das Kraftwerk meiner Gesundheit schadet und ich davon krank werde und an meiner Einbildung sterbe. Das wäre voll peinlich. Was ich ebenfalls peinlich finde, ist die Tatsache, dass besagtes Kraftwerk im Jahr 2014 Verluste in Höhe von 100 Millionen machen soll. Ich frage mich ernsthaft, welche klugen Geschäftsmänner so ein Projekt genehmigt haben und wer das am Ende alles bezahlen soll. Da kann doch alles nicht normal sein. Vielleicht sollten die Verantwortlichen mit mir zum Psychiater gehen. Schaden kann das sicher nicht. Und wie bekomme ich diesen Kohleofengeruch aus der Wohnung, wenn Lüften keine Option ist?

Sozialinstitut Kommende
Zum zweiten und auch letzten Mal in diesem Jahr verbringe ich einen Tag im Sozialinstitut Kommende. Es gibt Informationen zum Thema SGB II – Arbeitslosengeld 2. Bevor es losgeht, frage ich mich, wann Arbeitslosengeld 3 wohl auf den Markt kommt. Einen dritten Arbeitsmarkt haben wir ja auch längst.

Wie erwartet, erscheinen die meisten Teilnehmer erst kurz vor Beginn der Veranstaltung. Stänkerlilly ist kaum im Raum, da reißt sie auch schon die Fenster auf, weil die Luft so schlecht ist. Kaum ist sie da, schon fällt sie auf. Solche Leute mag ich nicht. Und was ich noch unmöglicher finde ist die Tatsache, dass Stänkerlilly eine Minute zu spät gekommen ist. Es ist 09.16 Uhr. Seit 09.15 Uhr sollten wir eigentlich schon dem Vortrag des Herrn, der für den Vortrag zuständig ist, lauschen. Aber da sich auch andere noch verspäten, warten wir noch etwas. Nachdem Stänkerlilly genug frische Luft zu sich genommen hat, schließt sie die Fenster wieder. Die letzten Teilnehmer, Babsi und Zitrone, erscheinen um 09.45 Uhr. Nun sind wir komplett. 26 Menschen. Achtzehn Frauen und acht Männer. Lustigerweise gibt es dazu achtzehn Brillenträger und acht Teilnehmer ohne Brille. Leider verpasse ich während des Durchzählens die ersten Worte des Vortrags. Einige Teilnehmer erkenne ich wieder. Zum einen sind da die beiden Männer, die schon im letzten Dezember dabei waren. Gesetzliche Betreuer. Scheinbar ganz eng miteinander verbunden, denn sie gehen in der ersten Pause sogar gemeinsam zur Toilette. Ob sie sich eine Kabine teilen oder getrennt urinieren, weiß ich allerdings nicht. Ist auch nicht wirklich wichtig. Rechts sitzen zwei Frauen, die sich regelmäßig die Nase putzen müssen. Dabei hören sie sich an, als würden sie in eine Tröte pusten. Finde ich irgendwie unangenehm und unangebracht. Mein größtes Problem aber ist, dass ich mich nicht konzentrieren kann. Es kommt ein interessantes Thema, doch kaum vergehen zwei Minuten, bin ich gedanklich wieder völlig woanders und bekomme nichts mehr mit. Mehrmals versuche ich, konzentriert zuzuhören, doch nicht ein einziges Mal gelingt es mir. Das ist ziemlich blöd. Zitrone schneidet eine Zitrone in der Mitte durch und presst die eine Hälfte über ihrem Wasserglas aus. Sieht komisch aus, ist aber total gesund. Kurz vor der Mittagspause zerquetscht sie die zweite Hälfte und ich bin ganz fasziniert.
Das Mittagessen, Fischragout, lasse ich ausfallen. Nach der Mittagspause ist Zitrone verschwunden. Vermutlich ist sie irgendwo Zitronen kaufen. Dafür wird Babsi immer lebhafter. Sie stört den Unterricht, ruft ab und zu mal etwas in die Runde und fühlt sich immer wohler. Ich finde das nicht gut. Sie wird immer aktiver und ich frage mich, ob sie vielleicht betrunken ist. Alkohol soll ja locker machen. Aus unerklärlichen Gründen landen wir nun beim Speckkäfer. Ein Tierchen, welches wohl die Möbel von irgendwelchen Leuten vernichtet hat. Babsi weiß Rat. “Speckkäfer kann man vernebeln”, ruft sie in die Runde und ich frage mich, was ihr wohl die Sinne vernebelt hat. Wenig später zeigt Babsi ihren Sitznachbarinnen irgendwas auf ihrem Mobiltelefon. Babsi ist sehr sozial. Sie gehört hier hin. Ich betrachte eine Frau, die ich schwer einordnen kann. Attraktiv oder nicht? Unter 30 oder über 30? Figur durchaus gut. Ich betrachte ihre Frisur. Langweilig bis altbacken. Zweifarbig. Möglicherweise aus Plastik. Ich betrachte weitere Frisuren. Es gibt weitere fünf Frauen, die ebenfalls auf zweifarbige Frisuren setzen. Allerdings scheinen ihre Frisuren nicht aus Plastik zu sein. Sehr merkwürdig. Nur zwei Plätze neben mir sitzt Armin. Armin ist irritiert, weil Rumänen, die in Deutschland Arbeit suchen, einen Anspruch auf ALG II haben. Außerdem stört es ihn wohl, dass Arbeitslose besser behandelt werden als Studenten. Seine Tochter studiert und er ist scheinbar stolz auf sie, aber eben auch unzufrieden, weil sie ja in seinen Augen irgendwie schlechter gestellt ist als Arbeitslose. Ausländer und Arbeitslose mag er gar nicht, der Armin. So viel ist schon mal klar. Was so einer in einem sozialen Beruf macht, ist mir dagegen völlig unklar. Ich muss gestehen, dass ich Armin nicht leiden kann. Sein selbstbewusstes Auftreten und seine laute und präsente Stimme machen ihn mir sehr unsympathisch. Armin ist ein Alphamännchen. Zumindest glaubt er das. Für mich ist er nur ein Störfall. Der gehört hier nicht hin. Den will ich hier nie wieder sehen. Und da die Wahrscheinlichkeit, dass ich zum letzten Mal an dieser Veranstaltung teilnehme, relativ groß ist, werde ich Armin wohl kein zweites Mal ertragen müssen. Dafür möchte ich mich schon heute bedanken. Ich weiß nur nicht, bei wem. Weil es keine weiteren nennenswerten Zwischenfälle gibt, endet die Veranstaltung um exakt 16.00 Uhr. Ohne mich groß zu verabschieden, verschwinde ich und komme vermutlich nie wieder. Es war durchaus interessant und nun ist es vorbei.

Kartons
Kurz vor den Weihnachtstagen verspüre ich alle Jahre wieder das Bedürfnis, irgendwelche Sachen, die ich nicht mehr benötige, bei ebay zu verkaufen. So auch dieses Jahr. Und da ich diese Sachen in Kartons verschicken muss, sammle ich schon im Vorfeld alle möglichen Kartons. So stehen schon nach wenigen Tagen ganz viele Kartons in meiner kleinen Wohnung. Zu viele, denn so viele Sachen zum Verschicken habe ich gar nicht. Also muss ich einige Kartons entsorgen. Dummerweise, und das war schon immer mein Problem, kann ich mich schlecht entscheiden, welche Kartons ich kaputt mache und entsorge. Und während ich nach Kartons, die ich entsorgen kann, weil ich keine Verwendung dafür habe, suche, fällt mir auf, dass mir die Kartons irgendwie gut gefallen. Sie sind teilweise recht formschön, gut verarbeitet und fühlen sich prima an. Nein, diese kann ich nicht einfach so entsorgen. Das wäre nicht fair. Und so entsorge ich, statt der geplanten und notwendigen, weil nicht benötigten, zehn Kartons, lediglich einen, der etwas außer Form erscheint. Und selbst dies tut mir Leid. Anschließend sitze ich inmitten von schönen, aber nicht benötigten Kartons und überlege ernsthaft, ob ich in Zukunft Kartons sammeln soll. Verdient hätten sie es, denn zum Entsorgen sind sie viel zu schade.

Gute Deutschkenntnisse
Ich bin immer wieder erstaunt, wenn ich in einem Lebenslauf lese, dass die Person, für die ich Bewerbungsunterlagen erstelle, sehr gute Deutschkenntnisse hat, ich aber kaum ein Wort von dem, was mir mitgeteilt wird, verstehe. So ein Fall sitzt gerade vor mir. Eine mittlerweile deutsche Frau, vor fast zwanzig Jahren nach Deutschland gekommen und auf der Suche nach einem Job. Motiviert zwar, aber kaum zu verstehen. So ist es wenig verwunderlich, dass ich unverzüglich die guten Deutschkenntnisse aus dem Lebenslauf entferne. Solche offensichtlichen Lügen in Lebensläufen fallen einfach zu schnell auf und ich kann für so etwas keine Verantwortung übernehmen. Da nützt es wenig, dass die gute Frau schon an diverse Deutschkursen teilgenommen hat und wirklich bemüht ist. Lügen haben kurze Beine. Ich kann kurze Beine nicht ausstehen. Kaum ist die Dame weg, sitzt der nächste Herr mit guten Deutschkenntnissen vor mir. Dummerweise hat er das gleiche Problem. Er kann kein Deutsch. Zumindest nicht wirklich. Aber er ist ein feiner Kerl. Vor vielen Jahren nach Deutschland gekommen, an vielen Kursen teilgenommen, aber weiterhin Probleme mit der Sprache. Da bleibt mir nichts anderes übrig, als seine guten Deutschkenntnisse aus dem Lebenslauf zu entfernen. Und dass er ein prima Kerl ist, kann ich auch nicht in seinen Lebenslauf schreiben. Denn erstens macht man sowas nicht und zweitens würde ihm das nicht helfen. Trotzdem freut er sich, dass ich ihm seine Bewerbungen schreibe und ihm am Ende viel Glück wünsche. Ich mag solche Kunden echt gerne, aber das Lügen muss ich ihnen dennoch abgewöhnen. Denn ich nehme meine Aufgabe sehr ernst und will nicht, dass sich irgendwer mit falschen Federn schmückt.

Besorgte Augenärztin
Der vierteljährliche Augenarzttermin bietet mehr Unterhaltung als nötig. Verantwortlich dafür ist die besorgte Augenärztin. Denn kaum hat sie meinen Augeninnendruck, 15 auf dem einen Auge, 18 auf dem anderen, gemessen, wird sie sehr ernst und sagt mir, dass wir unbedingt etwas tun müssen. Das Latanoprost, welches ich in Wahrheit nie genommen habe, reicht nicht mehr aus. Ich brauche ein Kombipräparat, welches meinen Augeninnendruck senken soll. Ziel ist ein Augeninnendruck von 10 – 12. Maximal 15. Aber 18 ist viel zu hoch. Vor allem in Anbetracht meines Alters und weil meine Mutter grünen Star hatte. Ich weiß nicht, ob ich mir tatsächlich Sorgen machen oder den besorgten Auftritt der Ärztin belächeln soll. Ich versuche also besorgt zu gucken und höre den Ausführungen weiter zu. Die neuen Augentropfen, Ganfort, darf man nicht nehmen, wenn man ein Herzproblem oder gar Asthma hat. Da ich beides noch nicht habe, ist das Präparat, welches anfangs vermutlich für Augenbrennen sorgt, genau das Richtige für mich. Ich habe da so meine Zweifel. Der Vortrag geht weiter. Sollten sich die Werte mit den Augentropfen nicht innerhalb von sechs Wochen verbessern, gibt es auch Tropfen mit drei verschiedenen Wirkstoffen. Doch bevor diese mir verabreicht werden, will mich meine Augenärztin zur Augenklinik schicken für eine große Untersuchung. Ich bin entzückt. Vor allem, weil mein Augendruck seit Jahren relativ konstant vor sich hin schwankt. Dass gewisse Schwankungen durchaus vorkommen und dass selbst Verspannungen für solche Schwankungen verantwortlich sein können, scheint die Augenärztin nicht zu wissen. Zeit, mich zu verabschieden.
Ich telefoniere mit Agnes und sie sieht nach meinen neuen Augentropfen. Die Liste der Nebenwirkungen scheint unendlich lang. Selbst harmlose Nebenwirkungen wie Herzstillstand und Leberschäden sind aufgeführt. Vielleicht helfen diese Tropfen wirklich, den Augendruck zu senken, aber die Wahrscheinlichkeit, dass ich davon andere Krankheiten bekomme, ist mir entschieden zu hoch, weshalb ich auch diese Tropfen nicht nehmen werde. Angeblich, zumindest steht es so geschrieben, liegt der normale Augendruck eines Erwachsenen Menschen im Bereich von 10 mmHg und 20 mmHg. Und in dem Bereich bewegt sich mein Augeninnendruck eindeutig. Es ist irgendwie bedenklich, wie diese Augenärztin reagiert und handelt. Ihre Kollegin, bei der ich nicht mehr bin, ist deutlich entspannter gewesen. Leider ist sie nur selten da, wenn ich einen Termin habe. Ich denke, langsam wird es Zeit, nach einer neuen Augenarztpraxis zu suchen, denn meine Besuche hier nehmen mit jedem Mal groteskere Züge an.

Heiligabend mal anders
Traditionell bereitet mir die Geschenkübergabe an Heiligabend die meiste Freude. Ich bin da sehr materialistisch eingestellt, wie mir scheint. Dieses Jahr findet allerdings ein gewisser Wechsel statt. Es ist das erste Weihnachtsfest ohne meine Mutter. Dementsprechend fällt die Geschenkübergabe, die mir, wie bereits erwähnt, immer sehr viel Freude bereitet hat, fast völlig aus. Zusammen mit meinem Vater sitze ich in meiner Wohnung, wir sehen Quatermain und nutzen eine Werbepause, um uns zu beschenken. Da meine Mutter immer die Geschenke für mich besorgt hat, bekomme ich dieses Mal natürlich keine Geschenke, sondern nur einen Umschlag mit, meiner Meinung nach, zu viel Inhalt. Mein Vater, der von meiner Mutter früher auch immer reichlich beschenkt wurde, bekommt lediglich drei Geschenke von mir. Die traditionellen Weihnachtsteller fallen aus. Man kann den Ablauf durchaus als nüchtern bezeichnen. Weihnachtsstimmung geht definitiv anders, aber die alte und traditionelle Weihnachtsstimmung wird es für uns nicht mehr geben. Weil alles anders und ernüchternd ist, erfinde ich den Weihnachtsabend später einfach neu und verbringe den Heiligabend zusammen mit Petra bei Manni. Wir sitzen in einer Art kleiner Runde, essen Kekse, die ich selbst gebacken habe, Lebkuchen und Chips, trinken Tee und reden dummes Zeug. Im Hintergrund läuft Pro 7. Die fantastischen Vier. Ein echter Weihnachtsfilm, in dem nur Weihnachtsmänner und Engel fehlen. Die Zeit fliegt quasi an uns vorbei, wir altern in Lichtgeschwindigkeit und schon ist es fast Mitternacht und wir beenden unser weihnachtliches Treffen, weil die Müdigkeit in unserem Alter meist schon weit vor Mitternacht einsetzt und auch am Heiligabend keine Ausnahme macht.

Kaum zu Hause angekommen, beschließe ich, zukünftig in jedem Jahr den 24. Dezember auf diese oder ähnliche Art zu verbringen. Eine neue Tradition ist gefunden und muss sich in den nächsten Jahren festigen. Und wer weiß, vielleicht werden wir das neue Heiligabend Ritual ja noch ausbauen und verbessern. Alles scheint möglich, weil wir alle drei mit dem Abend zufrieden waren und ziemlich einen an der Waffel haben. Vielleicht lassen wir es schon Silvester erneut krachen. Man soll die Feste ja bekanntlich feiern, wie sie fallen. Oder man bleibt einfach zu Hause und wartet bis es vorbei ist. Ich bin, was das angeht, sehr erfahren und guter Dinge.

Ist das Leben nicht schön?
Alle Jahre wieder. So auch dieses Jahr. Doch leider kommt es dieses Jahr anders, denn der Weihnachtsfilm schlechthin, “Ist das Leben nicht schön?”, läuft nicht. Egal, wohin ich auch schalte, der Film wird nicht gezeigt. Es gibt Cowboys and Aliens, Helene Fischer und viele andere Dinge, die ich gerade jetzt nicht sehen will. Nur der Klassiker mit James Stewart wird mir verwehrt. So bin ich zunächst sehr enttäuscht und traurig, finde dann aber, dass der Film in diesem Jahr vielleicht zu Recht ausfällt, denn dieses Jahr hat diesen Film nicht wirklich verdient. Und die Frage des Filmtitels kann ich dieses Jahr ruhigen Gewissens mit einem klaren Nein beantworten. Und so ist es vielleicht eine Fügung des Schicksals, oder eine Spielerei des Spielers, dass ausgerechnet in diesem Jahr auf den traditionellen Film verzichtet wird. Für ein Jahr wie dieses ist der Film vermutlich zu positiv. Da passen Aliens und andere Katastrophenfilme einfach besser. Da leider auf keinem Programm die Titanic untergeht, muss ich mich für einen Weihnachtsfilm von Watchever entscheiden. Die Wahl fällt auf “Ein kurzer Film über das Töten”. Wenn das kein passender Weihnachtsfilm 2013 ist, dann weiß ich es auch nicht.

Der letzte Tag des Jahres
Obwohl ich dieses Jahr nicht krank war, keinen Maßnahme vom Jobcenter aufs Auge gedrückt bekam und mich auch sonst nicht verletzt habe, wird dieses Jahr in keiner guten Erinnerung bleiben. Und so ist es alles andere als schade, dass es nun endet. Natürlich gibt es keine Garantien, dass das nächste Jahr besser wird. Es kann genauso deprimierend werden. Oder, was auch möglich ist, es wird noch deprimierender und beschissener. Man weiß es nicht und das ist vermutlich auch besser so. Denn ausweichen kann man dem Jahr 2014 nicht. Überspringen kann man es wohl auch nicht. Also lasse ich mich, weil ich keine andere Wahl habe, einfach auf das Jahr 2014 ein und hoffe, dass es besser wird. So endet dieses Jahr anders als jedes Jahr zuvor. Aber das ist wahrscheinlich immer so und fällt nur dann besonders auf, wenn etwas Einschneidendes passiert ist. Ich kann jedenfalls sehr gut auf das Jahr 2013 verzichten. Von mir aus hätte es das Jahr auch gar nicht geben müssen. Aber da das Quatsch ist, versuche ich jetzt nicht weiter darüber nachzudenken und bereite mich auf den Übergang ins nächste Jahr vor. Dabei weiß ich gar nicht, wie man sich standesgemäß auf so einen Jahreswechsel vorzubereiten hat. Gibt es da nicht auch so etwas wie QM für? Gibt es nicht mittlerweile für alles QM? Ich muss mich da mal schlau machen. Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass ich QM Scheiße finde?

Silvester
Entgegen meiner Tradition, Silvester in den eigenen vier Wänden zu verbringen, mache ich mich heute, gemeinsam mit Manni, auf den Weg zu Petra. Es ist komisch für mich, dass ich tatsächlich am letzten Tag des Jahres die Wohnung verlasse, um erst im nächsten Jahr zurückzukommen. Kaum sind wir bei Petra angekommen, erfahren wir, dass zwei weitere Gäste kommen werden. Becky und Sascha. Becky, auch bekannt als das Phantom, kenne ich schon seit vielen Jahren, ohne sie wirklich zu kennen. Sascha ist neu und mir und allen anderen noch völlig unbekannt. Hoffentlich ist er nicht irgendwie komisch.
Es ist kurz nach 21.00 Uhr, als die beiden eintreffen. Das Phantom erkenne ich direkt wieder und Sascha macht auf den ersten Blick einen vernünftigen Eindruck. Das ist gut, denn sonst hätte ich sicher schlechte Laune bekommen und der letzte Abend des Jahres wäre versaut gewesen. Bevor wir uns dem üppigen Abendmahl widmen, wollen das Phantom und Sascha rauchen. Wohl erzogen, wie die beiden sind, gehen sie dazu in den Wintergarten. Rücksichtsvolle Raucher kann ich akzeptieren. Als Petra bemerkt, dass die beiden rauchen, will sie natürlich auch. Doch obwohl ich sie auffordere, ebenfalls im Wintergarten zu rauchen, raucht sie in der Wohnung. Ich hasse den Geruch von Zigaretten und fürchte, dass die beiden aus dem Wintergarten, wenn sie erst gesehen haben, dass man in der Wohnung rauchen darf, sich nachher anschließen und bald alles ganz furchtbar stinken wird. Rauchen ist eine komische Krankheit.

Wir setzen uns an den reichlich gedeckten Tisch und nehmen das letzte Mahl des Jahres zu uns. Obwohl das Phantom schon vor Jahren hätte fragen können, fragt sie erst heute nach meinem Alter. Wir einigen uns darauf, dass sie es schätzen soll. 42, schätzt sie. Ich bin traurig und geschockt. Ich sehe also fast exakt so alt aus, wie ich es bin. All die Jahre, die ich nicht gearbeitet habe, um jünger auszusehen, scheinen sich nicht gelohnt zu haben. Ich frage das Phantom, woran sie mein Alter erkannt hat. An den Augenringen. Oh Gott, ist das deprimierend. Ein Augenlifting scheint früher oder später unausweichlich, denn immer sind es meine Augenringe, die mich deprimieren und Anlass zu Sorge und Kritik geben. Weil Sascha sagt, dass er nicht gedacht hätte, dass ich so alt bin, mag ich ihn sofort mehr als das Phantom, was ich den beiden auch unverzüglich mitteile. Sascha darf auch nächstes Jahr Silvester, sollte es denn stattfinden, wiederkommen. Obwohl ich noch stark unter Schock stehe und überlege, wie ich bis zum Augenlifting meinen Makel kaschieren kann, schaffe ich es irgendwann, gedanklich wieder am Geschehen am Tisch teilzunehmen. Wir plaudern lustig eine Menge Unsinn und die Zeit vergeht fast wie im Fluge. Die drei Raucher verpesten in der Zwischenzeit die ganze Wohnung und ich nehme mehr und mehr den widerlichen Rauchgeruch an. Ich hasse das. Dann ist es fast 23.00 Uhr und das Phantom und Sascha müssen uns verlassen, weil das Phantom ihren Hund, der eine Hündin ist, nicht alleine lassen will, wenn das Silvesterfeuerwerk losgeht. Wir drei bleiben zurück und fiebern dem Jahreswechsel, der kommt schneller, als wir es glauben können, entgegen. Schon stoßen wir aufs neue Jahr an und gehen auf die Straße, um das Feuerwerk, welches Manni am Nachmittag besorgt hat, abzufeuern. Unser Feuerwerk besteht aus zwei Teilen und ist innerhalb von wenigen Sekunden vorbei. Wir bleiben dennoch noch eine Weile draußen und beobachten das reichhaltige Feuerwerk, welches von uns unbekannten Menschen extra für uns abgefeuert wird. Dann gehen wir zurück in die Wohnung.

Gegen 01.00 Uhr hat mein Körper genug und will schlafen. Er muss aber noch eine Weile durchhalten. Es ist bereits nach 02.00 Uhr, als ich endlich zu Hause ankomme und ins Bett darf. Ich stinke furchtbar nach Qualm und würde mich gerne duschen, doch dazu bin ich zu müde. Mein Körper hat genug und ich verliere das Bewusstsein.

Jahresrückblick 2013
mir nur 1 Frau gegönnt – 1 Mal im Kino gewesen – 239 Filme geguckt – 2 Erkältungen gehabt – 1x Joggen gewesen – zu häufig Nasenspray genommen – Achselhaare noch seltener rasiert – 203€ für Zahnbehandlungen bezahlt – 375€ an einen Heilpraktiker bezahlt – 66,74 Euro für die Untersuchung meiner Ausscheidungen bezahlt – in Sommernächten wegen nervender Mitmenschen mit Ohrenstöpseln geschlafen – ein Stubenhocker geblieben – beim Sex meistens alleine gewesen – Brillenträger geblieben – ehrenamtlich gearbeitet – 60 Mal im Fitnessstudio gewesen

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