Emden

11.06.21 – 16.06.21

Der Abend vor der Abreise
Am frühen Abend vor der Abreise nach Emden wird das Coupé gewaschen, vollgetankt und der Reifendruck überprüft. Dabei stelle ich einen Riss an einem Vorderreifen fest, den ich mir später genauer anschaue. Beide Vorderreifen weisen fast identische und nicht gerade kleine Risse auf, weshalb das Coupé keine Option für die Urlaubsreise mehr ist. Dummerweise ist die letzte Inspektion beim Benz zwei Jahre her und sollte nach dem Urlaub gemacht werden. Außerdem gibt es am Urlaubsort keine angemessenen Parkplätze für den Benz und regnen soll es auch. Das war alles anders geplant, aber weil das Coupé keine Option ist, muss der Benz mit seinen sieben Jahre alten Reifen ran. Sieben Jahre alte Reifen, die noch keine 20.000 km auf dem Buckel haben. Die Situation ist ein weiterer Beweis dafür, dass ein Fahrzeug nicht genug ist. Also werde ich morgen wie ein König anreisen und hoffe, dass der Benz es mir nicht übel nimmt, dass er fünf Nächte im Freien verbringen muss. Wenn wir zurück sind bekommt er auch seine Inspektion. Versprochen.

Tag 1
Bevor es losgeht, muss ich noch ein Paket aus der Packstation abholen. Kaum dort angekommen, stelle ich fest, dass ich kein Telefon dabei habe und somit den Abhol-Code nicht nachschauen kann. Also nochmal nach Hause und wieder zurück. Nachdem das erledigt ist, stelle ich das Coupé in die Garage und nehme den Benz mit. Leichter Regen passt prima zur aktuellen Situation. Zurück zu Hause wische ich den Hausflur, da meine Nachbarn, die niemals die Fensterbank abwischen, mir Papierschnipsel vor der Tür verteilt haben, um mich an meine Pflicht zu erinnern. Was für Spinner. Später fällt mir ein, dass ich die richtige Reifengröße vom Coupé nicht weiß, weshalb ich erneut zur Garage fahre, um das zu überprüfen, damit ich die Reifen nach meiner Rückkehr schon habe. Natürlich hat das Coupé eine Reifengröße, 205/50 R16, die scheinbar nicht so geläufig ist. Es gibt weniger Auswahl zu höheren Preisen. Zumindest bei Ganzjahresreifen und die will ich haben. Irgendwie ein unbefriedigender Urlaubsbeginn.

Kurz überlege ich, ob ich die 50 Kondome mit nach Emden nehmen soll, finde die Idee aber sofort absurd und verwerfe den Gedanken wieder. Stattdessen nehme ich die sechs Badeenten mit, obwohl ich in meiner Unterkunft keine Badewanne habe, um gemeinsam mit den Enten ein Bad zu nehmen. Aber weil ich den Enten versprochen habe, dass sie in jeden Urlaub mitkommen dürfen, kann ich sie jetzt nicht enttäuschen. Es reicht aus, wenn ich mich ständig enttäusche.

Kurt nach 13.00 Uhr geht die Reise los und die Ankunft soll um 15.38 Uhr sein. Damit kann ich prima leben und weil die Autobahn nicht so voll ist, glaube ich an eine zügige Reise. Nach 90 Kilometern fällt mir ein, dass ich zwar die Tastatur mitgenommen habe, mein Tablet aber nicht. Ich muss echt mit mir kämpfen, um nicht zurückzufahren, um das Tablet zu holen. Manchmal sind meine Gedanken beängstigend. Wie gut, dass ich dem Gedanken nicht nachgebe. Irgendwann erhalte ich von meinem TomTom den Hinweis, dass ein vierzig minütiger Stau auf mich wartet. Die alternative Strecke ist dreißig Minuten kürzer, weshalb ich mich dafür entscheide. Doch noch bevor TomTom mir sagt, wo es nun langgeht, geht TomTom aus. Wenn ich nicht so ein gnadenloser Romantiker wäre, hätte ich mein Smartphone zum Navigieren genutzt, aber das geht nun nicht mehr, weil es nicht erreichbar ist und es sowieso zu gefährlich ist, während der Fahrt damit zu navigieren. Als TomTom wieder bei Bewusstsein ist, ist es zu spät den Stau zu umfahren. Interessanterweise gibt es auch keinen Stau, obwohl wir laut TomTom mittendrin sind. Wenig später stehen wir dann doch im Stau und ich bin froh dass ich im Benz sitze, denn so ein Automatikfahrzeug ist im Stau eine feine Sache. Also klappe ich die Armlehne runter und mache es mir noch bequemer. Einige Minuten später stellen wir fest, dass nichts passiert ist, sondern die Autobahn nur einspurig wurde. Da kommt der deutsche Autofahrer meist nicht klar und produziert einen Stau. Mir hat diese Pause allerdings nicht gut getan, denn nun bin ich nur noch müde, gähne und will schlafen. Doch noch muss ich über eine Stunde fahren. Mittlerweile regnet es und der mehr als zehn Jahre alte Scheibenwischer des Benz schmiert ziemlich rum. Nicht schön, aber jetzt auch nicht zu ändern, obwohl ich einen neuen Scheibenwischer im Kofferraum liegen habe. Obwohl neu sollte ich ihn auch nicht nennen, da er schon seit mindestens acht Jahren im Kofferraum liegt. Allerdings noch Originalverpackt.

Sechzig Kilometer später stehe ich hinter einem Polizeiwagen erneut im Stau. TomTom hat sich kurz vorher ausgeklinkt, zumindest den Teil, der Staus erkennt. Vielleicht gehört TomTom entsorgt. Wie schon beim letzten Stau ist auch hier nichts weiter passiert außer das aus zwei Fahrspuren eine wurde. Ein Klassiker auf deutschen Autobahnen. Später, die Autobahn ist längst Geschichte, biegt ein Typ mit seinem SUV vor mir auf die Straße. Von 100 bremse ich auf unter 50 ab, um den Mann nicht zu rammen. Schneller mag der Mann heute nicht fahren. Statt 100 fährt er erst 50, später reichen ihm 35. Es staut sich und als wir eine Ortschaft erreichen fahren wir nur noch knapp über 20. Doch es wird noch lustiger, denn als auf beiden Straßenseiten Busse stehen, hält der Typ exakt zwischen beiden Bussen an. Möglicherweise hat er eine Schwäche für Busse. Ich glaube nicht, dass er noch Auto fahren sollte, höchstens eine Postkutsche, aber was ich glaube ist unwichtig. Irgendwann biegt der verwirrte Mann ab und die Fahrt geht in normalem Tempo weiter. Als ich gegen 16.15 Uhr endlich an meinem Ziel ankomme, beginnt die Parkplatzsuche. Minutenlang fahre ich auf dem Kopfsteinpflaster im Kreis, dann entdecke ich tatsächlich eine Parklücke. Nachdem ich großartig eingeparkt habe, sagt mir ein Mann, dass es 15 Euro Strafe kostet, wenn man ohne Anwohnerausweis hier parkt. Was für eine gottverdammte Scheiße. Der Mann hat ein Tattoo-Studio, ist ganz angetan vom Benz und fragt, ob er ihn denn auch mal von Innen sehen dürfe. Eine fremde Frau hat mich so etwas noch nie gefragt. Irgendwie schade. Nachdem ich ihm den Benz gezeigt habe, kann er nicht glauben, dass der Benz noch nicht komplett neu lackiert wurde. Ich kann nicht glauben, dass es regnet und ich Umparken muss. Mein neuer Parkplatz ist direkt vor dem Eingang des Apartments, doch auch da darf ich nicht bleiben. Nachdem der Benz entladen ist, parke ich ihn ein paar Straßen weiter unter Bäumen. Nein, so war das alles nicht geplant. Mein Apartment ist natürlich größer als meine Wohnung, aber ich mag den Fußboden nicht. Parkett ist einfach nicht wohnlich. Immerhin habe ich einen Backofen, den ich zuerst für eine Mikrowelle hielt. Es ist bereits nach 18.00 Uhr als ich mir die Gegend anschauen will, doch schon bald versaut der Regen meinen Plan und ich muss zurück. Erst gegen 19.30 Uhr kann ich wieder los. So wandere ich beinahe ziellos umher und lande irgendwann am Hafen, von wo aus man nach Borkum transportiert werden kann. Vielleicht lasse ich mich morgen nach Borkum transportieren. Bevor ich mich auf den Weg zurück mache, finde ich noch einen Cache, weil ich mir vorgenommen habe, jeden Tag einen zu finden. Geocaching gehört für mich einfach zu einem Urlaub dazu, obwohl ich mir manchmal ziemlich blöd vorkomme, wenn ich irgendwo minutenlang herumsuche und dabei gesehen werde. Irgendwie war ich mir schon immer peinlich und werde es auch immer bleiben. Der Weg zurück dauert vierzig Minuten und als zurück bin, habe ich 11,7 km zurückgelegt. Ziemlich viel für einen einzigen Tag.

Ein echtes Problem habe ich mit den Handtüchern im Apartment. Ich kann mich nämlich nicht damit abtrocknen, weil sie furchtbar muffig riechen. Leider bin ich da sehr empfindlich und frage mich, wie ich nach dem duschen trocken werden soll. Bei so Gerüchen bin ich raus. Selbst das Trockentuch mag ich eigentlich nicht benutzen und überlege ernsthaft, ob ich mir Hand- und Trockentücher kaufen soll. Irgendwie erscheint mir das aber zu grotesk, zumal ich zu Hause keinen Platz für weitere Hand-und Trockentücher habe. Auch die Bettwäsche riecht für mich unangenehm, wie ich später feststellen muss. Keine Ahnung, wie jemand es hinkriegt, Wäsche so riechen zu lassen. Dafür ist die Matratze wirklich sehr bequem.

Tag 2
Am Vormittag wandere ich etwas herum, bin aber nicht wirklich angetan. Leute stehen mit Masken irgendwo an und irgendwie zieht mich der Anblick dieser maskierten Leute runter, was mich ziemlich nervt. Erst als ich mich weiter entferne und kaum noch Menschen sehe, entspanne ich etwas. Als ich etwas Geld abheben will ist es mit der Entspannung vorbei, denn ich bekomme wegen einer defekten Karte kein Geld. Ich wandere noch zu einem anderen Automaten, doch auch hier habe ich kein Glück. Die Karte scheint tatsächlich defekt zu sein. Verwirrt und auch etwas ratlos setze ich mich auf eine Treppe und starre ein Loch in die Gegend. Hätte ich doch nur, wie ich es sonst zu tun pflege, ausreichend Bargeld mitgenommen. So bleiben mir 13 Euro Bargeld bis zu meiner Abreise. Dieser Urlaub stresst mich irgendwie und ich überlege, ob es nicht besser wäre unverzüglich den Rückweg anzutreten. Interessant ist, dass ein Teil von mir völlig ruhig und entspannt ist, während mein stets genervtes und nervendes Ich sich Sorgen machen und aufregen will. Warum kann ich nicht einfach cool bleiben, wie es sich für einen anständigen Typen gehört? Dieses Aufregen bringt doch nichts und es ist nichts passiert, was mich wirklich beunruhigen sollte. Zumindest im Moment nicht. Agnes schlägt mir Google Pay vor, um wenigstens auf diesem Wege zahlen zu können. Also richte ich das ein, weil das vernünftig klingt und ich möglicherweise nochmal irgendwas bezahlen muss.

Um 14.00 Uhr möchte ich eine Hafenrundfahrt machen, Grachtenrundfahrten sind dank der Corona-Scheiße derzeit nicht möglich, doch schon der Hinweis, dass man eine Maske tragen muss, lässt mein Interesse sinken. Als ich die Schlange der Menschen sehe, die auch eine Hafenrundfahrt machen wollen, bin ich regelrecht angewidert und streiche die Hafenrundfahrt von meinem Plan. Unverzüglich geht mir alles auf die Nerven und der Nörgler in mir scheint endgültig das Kommando zu übernehmen. Essen gehen werde ich in diesem Urlaub wohl auch nicht und Menschen will ich keine mehr sehen. Also breche ich zu einer Wanderung auf, die mich von Menschen wegführen soll. Nach einer Weile bin ich wieder unaufgeregt und gleichgültig. So ist es besser. Ich muss dennoch aufpassen, dass ich Zeiten ohne persönliche Kontakte zu anderen Lebewesen nicht immer weiter ausdehne, sonst werde ich mehr und mehr zu einer verschrobenen Person. Andererseits ist es vielleicht einfach das Beste für mich auf jegliche Kontakte der persönlichen Art zu verzichten. Über was ich alles nachdenke, wenn ich durch die Welt wandere, ist erschreckend und belustigend zugleich.

Den Rekord, 17,8 Kilometer an einem Urlaubstag durch die Gegend zu wandern, knacke ich schon am Nachmittag. Wie von Sinnen irre ich durch die Sonne und verbrenne mir dabei möglicherweise das Gesicht. Am frühen Abend will ich bei Aldi einkaufen, weil ich denke, dass ich noch etwas zu essen brauche und weil ich testen will, ob die EC-Karte tatsächlich nicht mehr funktioniert. Ich gehe, weil ich verwirrt bin, an einem Friedhof entlang. Dort steht eine alte Frau neben ihrem Fahrrad, die schon von weitem einen gestörten Eindruck auf mich macht. Sie sieht etwas irre aus, ist geschminkt wie Pippi Langstrumpf und verhält sich irgendwie merkwürdig. Als ich auf sie zugehe, wird sie noch nervösen und ruft plötzlich leise „Hilfe.“ Sie scheint etwas in Panik zu geraten, bewegt sich vor und zurück und starrt auf meine Hand, in der ich mein Telefon halte. Vielleicht hält sie es für eine Waffe. Als ich bei ihr ankomme, schaut sie mich merkwürdig an und sagt „Moin“. Da ich zumeist kein Unmensch bin, erwidere ich den Gruß und die überschminkte Frau lacht ein wenig irre vor sich hin. Meine Wirkung auf Frauen ist echt Phänomenal. Bei Aldi benutze ich die EC-Karte und beim kontaktlosen bezahlen funktioniert sie einwandfrei. Also habe ich kein Problem und meine ganze Aufregung war umsonst. Spürbar erleichtert gehe ich zurück ins Apartment und entdecke später, als ich wieder durch die Gegend laufe, sogar die Promenade an der ich bis fast 22.00 Uhr verweile. Während ich an der Promenade sitze, die Menschen und das Wasser betrachte, denke ich, ohne erkennbaren Grund, dass es das war mit mir und meinem Leben. Mehr kommt nicht und meine Bronchien werden auch nicht mehr besser. Ich bin ein alter Mann geworden, ohne mich geistig so zu fühlen. Nur mein Körper, der gibt mir immer wieder so Zeichen, dass es irgendwie zu Ende geht. Zu meiner Unfreude betrachte ich nun ein paar verliebte Paare und erkenne, dass das nichts mit mir und meinem Leben zu tun hat. Ich bin alt, verbraucht, verschroben und habe verlernt, wie es ist sich auf irgendwen oder irgendwas einzulassen. Dann denke ich, dass es dennoch in diesem Moment kaum schöner sein könnte. Weil es mich plötzlich fröstelt, will ich mir etwas Wärmeres überziehen, doch kaum bin ich im Apartment angekommen bin ich zu K.O. für weitere Ausflüge. 22,1 Kilometer bin ich heute gewandert. Mehr geht wirklich nicht, aber immerhin scheine ich langsam in diesem Urlaub anzukommen.

Tag 3
Als ich aufwache tut mir scheinbar alles weh und es fällt schwer, mich ordnungsgemäß zu bewegen. Das Wetter empfängt mich mit einem freudlosen grau und ich bin wieder einmal froh, dass ich ein paar Sachen für kühles Wetter eingepackt habe. Ich bin eine echte Frostbeule geworden. Normal kann das nicht sein.

Bei trübem Wetter geht es los zur Windmühle. Anschließend schaue ich mir an der Schleuse an, wie Schiffe hoch und runter bewegt werden. Irgendwie mag ich das. Überhaupt bewege ich mich nun in den schönen Ecken von Emden. So muss Urlaub sein. Nach zwei Stunden Wanderung wird es ziemlich warm. Ich will zurück zum Zimmer, mich umziehen und zum Italiener essen gehen. Dreißig Minuten sind es noch bis zum Appartement als plötzliche Sehstörungen einsetzen. Straßenschilder erkenne ich kaum, das Smartphone ist nicht mehr zu gebrauchen, weil ich auf dem Display überhaupt nichts mehr erkenne. Nach den Sehstörungen kommen immer Kopfschmerzen und ich habe keine Ibuprofen dabei, was ziemlich dumm ist. Aber ich habe auch nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet im Urlaub diese Probleme, die ich seit Monaten nicht hatte, auftreten. So irre ich in die Richtung, die mit richtig erscheint und nach etwa zwanzig Minuten kann ich wieder besser sehen. Teil eins dieser merkwürdigen Attacken ist somit fast vorüber. Die Kopfschmerzen lassen sich zum Glück Zeit, was mich wundert, aber auch freut. Endlich erreiche ich eine Apotheke, kaufe Ibuprofen, gehe sofort zum Appartement, nehme eine Tablette und lege mich hin. Ich schlafe ein, wache mit Nacken- und Kopfschmerzen auf, aber diese Schmerzen sind bei weitem nicht so schlimm, wie es oftmals der Fall ist. Dieser Urlaub ist wirklich voller Überraschungen. Gegen 14.00 Uhr stehe ich wieder auf, mache Nudeln und frage mich, ob regelmäßiger Sex so Merkwürdigkeiten verhindern könnte. Ich glaube nicht.

Später spaziere ich wieder los. Langsam gefallen mir meine Ausflüge und ich bin zufrieden, auch wenn ich heute nur etwa zehn Kilometer habe, weil Regen weitere Ausflüge verhindert und ich auch etwas faul bin. So verbringe ich den Abend auf dem unbequemen Sofa und schaue TV.

Tag 4
Gegen 09.00 Uhr breche ich auf und renne direkt in die falsche Richtung. Ziel ist der Friedhof Tholenswehr und die umliegende Gegend. Irgendwann stehe ich auf einem kleinen Hügel von dem ein schmaler Pfad runter geht und mir nach meiner Schätzung eine Zeitersparnis von bis zu fünf Minuten bringt. Steil ist es nicht, aber meine Schuhe haben eine glatte Sohle und es hat zuletzt viel geregnet. Obwohl das Warnung genug sein sollte, gehe ich los. Zwei Schritte später rutsche ich weg, kann aber an einer Baumwurzel nochmal zum stehen kommen. Zurück kann ich auf dem glatten Untergrund nun allerdings nicht mehr. Noch bevor ich mich bedauern oder weiter über den Unsinn, den ich hier treibe, nachdenken kann, geht es weiter. Wieder schaffe ich zwei Schritte bevor ich losrutsche. Bis unten den kleinen Hügel herunter zu rutschen wird mir nicht gelingen, ohne auf dem Rücken zu landen. Blitzschnell entscheide ich, dass ich nur dann eine kleine Chance habe, mich nicht auf dem Boden wiederzufinden, wenn ich laufe. Die Jacke liegt auf meinen Schaltern, in der Hand halte ich den Regenschirm und eine Flasche Wasser. Es sind nur wenige Schritte, doch schnell erreiche ich mein Höchsttempo. Fast bin ich am Ziel, ich muss nur noch zum Stehen kommen, ohne mich lang zu machen. Das Ende des Hügels ist erreicht kurz bevor ich die Kontrolle verliere. Ich verlangsame das Tempo, strauchle so gut wie gar nicht und versuche unverzüglich so lässig weiter zu gehen als wäre es das normalste der Welt den glitschigen Hügel runter gerannt zu sein. Ist es vermutlich auch, wenn man sieben bis zwölf Jahre alt ist, für fünfzigjährige eher nicht. Irgendwie fand ich es dennoch irgendwie geil, auch wenn ich kurzzeitig dachte, dass ich hinfallen werde, kurz im Dreck liege und total verdreckt zurück muss, während alle mich auslachen. Ob ich es wieder tun würde? Nicht an gleicher Stelle, aber woanders möglicherweise schon, denn in meinem Kopf bin ich noch ein Jugendlicher und Jugendliche können fast alles. Nur alleine Tretboot fahren mag ich einfach nicht.

Auf dem Rückweg von meinem Ausflug sehe ich eine Katze am Straßenrand und spreche sie an, obwohl ich das nicht mehr tun wollte, weil Katzen oft voller Zecken sind. Aber ich bin heute einen Hügel runter gerannt und die Katze ist so süß und putzig, da muss ich mich nicht an meine Regeln halten. Die Katze kommt sofort zu mir, lässt sich streicheln und auf den Rücken fallen. Kurze Zeit später steht sie auf und geht ihres Weges als hätte es mich nie gegeben. Wieso geht das mit Frauen eigentlich nicht auch so einfach?

Am Nachmittag setze ich mich tatsachlich in ein Eiscafé und bestelle einen kleinen Eierlikörbecher. Falls ich nicht mit Karte zahlen kann, habe ich sogar noch die Möglichkeit ein kleines Trinkgeld zu geben. Das Eis schmeckt prima und während ich es mir schmecken lasse, beobachte ich, dass die anderen Gäste ihre Adressen hinterlassen müssen. Ich finde es spannend, dass ich nicht aufgefordert werde es ihnen gleich zu tun. Soll mir recht sein, verstehe ich aber nicht. Zahlen kann ich, wie erwartet, nicht mit Karte. Eigentlich bin ich ja ein Freund der Barzahlung, aber nun ist mein Bargeld aufgebraucht. Ein Zustand, der mir nicht gefällt und auch nicht empfehlenswert erscheint. Irgendwann nach 17.00 Uhr fängt es an zu regnen und ich beobachte den Regen vom Appartement aus. 17,8 Kilometer habe ich heute geschafft. Damit kann ich durchaus zufrieden sein.

Tag 5
Nachdem ich gestern, als ich im Schaufenster bei Deichmann interessante Schuhe sah, entschieden habe, dass ich mir acht Schuhe kaufe, führt mich der erste Ausflug des Tages zu Deichmann. Mein erster Einkauf von Bekleidung mit Nase-Mund-Maske. Maske tragen beim Einkauf finde ich nicht nur in der Theorie blöd. Ich weiß nicht ob, und wenn wann, ich je so viele Schuhe anprobiert habe, aber so geschwitzt habe ich sicher selten dabei. Obwohl durchaus die Option besteht mir acht Schuhe zu kaufen, bleibe ich vernünftig und kaufe nur sechs Schuhe. Dabei spare ich über 50% und sollte nun zwei Jahre Ruhe haben, was das Kaufen dieser Art von Schuhen angeht. Was ich allerdings demnächst noch brauche sind Lederschuhe, weil ich in meinen Herzen ein Lederschuhmann bin. Kontaktloses bezahlen geht mit der EC-Karte auch hier problemlos, aber da ich Bargeld mag, werde ich nach meiner Rückkehr eine neue Karte bestellen müssen.
Obwohl ich neue Schuhe normalerweise nicht am Tag des Kaufes anziehe, weiche ich heute von meiner Regel ab, denn mein rechtes Springgelenk tut so weh als hätte ich Fußball gespielt. Da sich ein Paar Schuhe im Laden besonders bequem anfühlte, muss das Paar mich durch den heutigen Tag tragen. Der erste Eindruck bestätigt das Gefühl aus dem Laden, meine alten Schuhe sind im Vergleich dazu einfach unbequem. Meinem Sprunggelenk hilft es aber zunächst nicht wirklich, das Sprunggelenk braucht möglicherweise eine Pause und meine Füße eine Massage. Weil das jetzt aber keine Option ist, laufe ich die drei Kilometer zum Hafen, weil ich mir das gestern vorgenommen habe. Je länger ich laufe, desto weniger Probleme macht der Fuß. Es kommt eben wohl doch darauf an, dass man sich die richtigen Schuhe kauft.

Am Abend sitze ich am Emder Wall und bin zum ersten Mal in diesem Urlaub einfach nur entspannt. Ein Zustand, den ich nicht mehr erwartet habe, obwohl es in den letzten Tagen durchaus entspannter wurde. Aber so wie es jetzt ist, fühlte es sich vorher leider nie an. Völlig entspannt sitze ich mal hier und mal da. Umsetzen muss ich nur, weil es etwas frisch ist und ich meine Temperatur durch kleine Ortswechsel erhöhen kann. Schade finde ich, dass der Urlaub nun fast vorbei ist und es so lange gedauert hat bis innere Ruhe einkehrte. Der fehlende Urlaub im April hat seine Spuren hinterlassen. Beim nächsten Urlaub muss es aber besser werden und ich schneller entspannen, denn der nächste Urlaub geht nur vier Nachte lang. Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub. Jetzt muss mein Urlaub nur noch genehmigt werden, denn gebucht habe ich schon. 14,1 Kilometer habe ich am heutigen Tag zurückgelegt. Es war ein guter Tag. Ein wirklich guter Tag.

Tag 6
Kurz nach dem Frühstück packe ich meine Sachen und verlasse schon bald mein Appartement zum letzten Mal. Es war der erste Urlaub in dem ich nicht einmal geduscht habe und abgesehen von dem Eis habe ich mir auch nichts gegönnt. Die Schuhe zählen nicht, die hätte ich woanders auch gekauft. Heute bin ich völlig entspannt, so wie es von Anfang an hätte sein sollen. Dass der Benz unter Bäumen Parken musste hat dafür gesorgt, dass die Motorhaube vollgeschissen ist. Grausamer Anblick. Auf dem Weg zur Tankstelle kackt mir auch noch eine Ente aufs Auto und ich kann beim Tanken dabei zusehen, wie die Scheiße verläuft. Das ist wirklich deprimierend.

Die A31 ist schön leer und im Gegensatz zur Hinfahrt als ich maximal einmal kurz 150 gefahren bin, fahre ich jetzt fast durchgehend 150 bis 160. Auch 170 sind auf der recht freien Autobahn entspannt möglich. Einmal fahre ich gar 180, aber das finde ich dann doch zu viel, weshalb ich den Unfug sofort wieder lasse. Lediglich LKWs, die spontan die linke Spur nutzen, stören den Fluss und zwingen mich immer wieder auf 90 abzubremsen. Doch da ich heute in Urlaubsstimmung bin, ist mir das egal. 30 Kilometer vor der Ankunft zeigt die Warnlampe an, dass irgendwas mit den Bremsen nicht stimmt. Entweder ein Wackelkontakt oder die Bremsen müssen tatsächlich erneuert werden. Ich werde mich zu gegebener Zeit darum kümmern. Pünktlich um 12.00 Uhr bin ich zurück und stelle den voll geschissenen Benz im Hof ab. Später wasche ich ihn und bringe ihn zurück in die Garage. Das Coupé mit den ollen Reifen muss mich in den nächsten Tagen transportieren. Zwei neue Reifen sind bestellt und sollten spätestens in einer Woche montiert sein. Und wenn der Benz bis zum nächsten Urlaub auch fit ist, kann ich mir hoffentlich wieder aussuchen, welches Fahrzeug mich dann transportieren wird.

Mein Plan, in diesem Urlaub mit niemandem der Einheimischen zu reden, ist übrigens übel gescheitert. Schon am ersten Tag habe ich versagt, als ich mit dem Mann sprach, der mich darauf hinwies, dass ich den Benz dort nicht parken darf. Anschließend rief ich die Vermieterin an, um nach geeigneten Parkplätzen zu fragen und dann fragte ich einen Einheimischen, ob der Benz da ein paar Tage parken darf. Ich fragte eine Bedienung, ob ich mir EC-Karte zahlen kann, eine Mitarbeiterin bei Aldi frage ich, an welche Kasse ich mich stellen darf und mit der Mitarbeiterin bei Deichmann führte ich einen gewöhnlichen Smalltalk an der Kasse. Damit habe ich gleich sechsfach versagt. Im nächsten Urlaub muss ich diese Kontakte zu Einheimischen drastisch reduzieren, so viel steht jedenfalls fest.

Emden in Bildern
Auch aus Emden dürfen die traditionellen Fotos nicht fehlen, weil sie einen ungeschminkten Blick auf meinen Aufenthalt geben und letzte Fragen, die sich beim lesen vielleicht ergeben haben, beantworten. Natürlich werden die Bilder kommentiert, denn nur mit Kommentar wird oftmals klar, was man da eigentlich sieht.

Reifen defektDer Grund, warum ich mit dem Benz fahren musste.

 

Zehn Minuten später als geplant ging die Reise los.

 

Hier wurde ich für ein paar Tage untergebracht.

 

Das vermutlich bequemste Bett, welches mir während eines Urlaubs bisher zur Verfügung gestellt wurde.

 

Praktisches und übersichtliches Badezimmer. Ein eigenes Badezimmer ist mir sehr wichtig.

 

Küchenecke im Wohnzimmer. Selten habe ich eine Küche so häufig genutzt. Besonders überrascht war ich davon, dass die Mikrowelle ein Backofen ist.

 

Ohne meine Pflegeuntensilien kann ich einfach nicht verreisen. Lediglich ein Artikel auf dem Bild gehört nicht mir. Können Sie erraten, welcher Artikel das ist?

 

Wie angekündigt und versprochen, durften die Enten mit mir reisen. Doch nur fünf der Enten sollten die Heimreise antreten. Eine musste zurück bleiben. Welche Ente dort geblieben ist, erfahren Sie später.

 

Zwei Jacken, eine Mütze und ein Mundschutz. Dinge, die ein Mann auf Reisen auf keinen Fall vergessen sollte. Die Mütze ist wichtig, weil ich seit Wochen nicht beim Friseur war und schon der kleinste Windhauch reicht, um die scheinbar ordentliche Anordnung meiner Haare komplett durcheinaner zu bringen.

 

Mein Lieblingsfoto aus diesem Urlaub.

 

Eigentlich wollte ich den Teekocher nutzen, um mir Wasser für Tee zu kochen, doch scheinbar ist das Wasser in Emden voller Kalk, weshalb ich den Wasserkocher ignorierte, nachdem ich ihn von innen sah.

 

Deko für einen romantischen Abend alleine. Ich habe es gern romantisch, da darf es auch etwas kitschig sein.

 

Versorgungsnachschub von Aldi. Denn verhungern ist nichts, wofür ich mich begeistern kann.

 

Dass ich mir kein Tretboot ausgeliehen habe, hat mich am meisten enttäuscht. Aber um alleine Tretboot zu fahren, habe ich mich noch nicht weit genug entwickelt. Außerdem hätte mich keiner retten können, wenn ich ins Wasser gefallen wäre.

 

So sieht es aus, wenn ich gemütlich am Wasser sitze.

 

Für alle, die schon immer wissen wollten, wie ich so im Bett bin. Meist zugedeckt.

 

Windmühlen finde ich grundsätzlich spannend und hübsch anzuschauen.

 

So schaut es aus, wenn ich es mir auf dem Balkon gemütlich mache.

 

Mein tägliches Urlaubsfrühstück.

 

Mein tägliches Urlaubsmittagessen.

 

Hier sitze ich auf einer Stufe und gucke aufs Wasser. Aufs Wasser gucken kann ich wirklich gut. Deutlich zu erkennen ist, dass ich andere Schuhe trage. Die sind aber nicht besonders bequem und eigentlich nicht für längere Spaziergänge geeignet. Wichtig ist auch, dass ich immer ausreichend Wasser dabei habe, um nicht auszutrocknen.

 

Ein leckers Eis. Genauer gesagt ein Eierlikör-Becher. Sehr zu empfehlen.

 

Diese Lok parkt am Bahnhof, was durchaus sinnvoll ist, obwohl die Lok nicht mehr fährt. Diese Lok besuchte ich, während eines Geocaching-Ausflugs.

 

Dieses Trackable fand ich in der Lok. Möglicherweise habe ich einen Knall.

 

Während ich wieder einmal in der Nähe von Wasser saß, beobachte ich das ältere Paar. Der Mann trägt eine rote Jacke und beide haben ihre Frisuren angeglichen, was bei Dunkelheit sicher oft zu Verwechslungen führt. Zur leichteren Unterscheidung trägt die Frau deshalb eine Kamera und der Mann Krücken.

 

Im Otto Huus war ich nicht, weil wegen der Coronakrise alles eingeschränkt war und man draußen in einer Menschenschlange hätte warten müssen bis man das Otto Huus betreten durfte. Das ist nichts für mich.

 

Sechs neue Schuhe, obwohl ich mir eigentlich acht Schuhe kaufen wollte.

 

Mit zwei neuen Schuhen am gleichen Ort, an dem ich am Tag zuvor das ältere Ehepaar beobachtet habe. Die waren nicht da und auch sonst war wenig los. Ich mag es, wenn wenig los ist.

 

Endlich durfte ich wieder eine nackte Frau sehen. Sie hatte auch nichts dagegen von mir fotografiert zu werden. Wir haben uns zwar gut verstanden, sie wollte aber nicht mit mir mitkommen. Ihren Arsch fand ich auch ganz gut, wollte ihn aber nicht fotografieren, weil man es nicht übertreiben soll.

 

Diese Ente blieb auf dem Balkon zurück. Hoffentlich findet sie bald neue Freunde.

 

Auf der Rückfahrt fuhr der Benz nur selten so langsam. Diese Foto entstand etwa neun Kilometer nachdem der Benz aufgetankt wurde.

 

Vollgeschissener Benz direkt nach der Rückkehr. Wenig später wurde er ordnungsgemäß von mir gewaschen und in die Garage gestellt.

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