Vier im Kreuzviertel und ein merkwürdiger Traum

Es sieht so aus als wäre das Kreuzviertel dieses Jahr unser Lieblingsort, wenn wir abends ausgehen. Dieses Mal sind wir sogar zu viert, fast wie in ganz alten Zeiten. Nur halt in der Gegenwart. Auf dem Weg zum ausgewählten Restaurant reden Petra und Manni natürlich wieder über Krankheiten, wobei meist Petra redet, denn sie ist die mit den ganzen tatsächlichen, möglichen, erfundenen, erwarteten, vermutenden und gewünschten Krankheiten. Ihre neuste These besagt, dass sie unter Polyneuropathie leidet. Nachdem der Loerz mitbekommt, dass sich die beiden über Krankheiten unterhalten, sagt er, dass jetzt aber Mal Schluss sein muss mit diesem Gerede über Krankheiten. Ich stimme dem zu, weil wir hier ja nicht auf einer Kaffeefahrt mit lauter Rentnern, die schon mit mehr als einem Bein im Grabe stehen, unterwegs sind. Andererseits würden selbst die vermutlich nicht so viel über vergangene, aktuelle und kommende Krankheiten reden, wie wir es tun. Wenn man uns so reden hört, kann man schnell glauben, dass wir schon bald ohne Pflege nicht mehr lebensfähig sind. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, zumal diese Gespräche ja täglich, wenn wir uns sehen, stattfinden. Krankheiten und im Optimalfall noch, wie schlimm es am Arbeitsplatz ist, wobei ich bei dem Thema ja meist wie ein Außerirdischer betrachtet werde, weil ich da nicht wirklich was zu meckern habe.

Eigentlich wollen wir in der Pizzeria Mama Mia essen, doch da gibt es, was ich auch erwartet hatte, keinen Platz mehr. Und so wandern Petra, Loerz, Manni und ich durchs Kreuzviertel auf der Such nach einem Restaurant, in dem noch ein Tisch für uns frei ist. Im fatto di casa finden wir drei Zweiertische, weshalb ich vorschlage, dass wir uns dort jeweils zu zweit hinsetzen. Der Loerz allerdings beginnt sofort die Tische zusammenzuschieben als eine ältere Frau zu uns kommt und sagt, dass sie uns den Tisch, den sie mit ihrem Mann teilt, gerne überlässt, weil wir ja zu viert sind. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich so etwas schon mal erlebt habe. Besteht doch noch Hoffnung für die Menschheit? Ich fürchte nicht.
Wir bestellen, essen und ziehen weiter, finden aber zunächst, dass es schon wieder nichts fürs Auge gibt. Im Uncle Tom´s bekommen wir einen Platz neben zwei jungen Frauen, von denen eine den Loerz total begeistert. Ich teile seine Begeisterung nicht, finde die andere Frau allerdings schön anzuschauen, was der Loerz so gar nicht verstehen kann. Es dauert nicht lange, da scheinen die beiden jungen Frauen etwas angewidert von uns zu sein, denn wir sind laut, lachen noch lauter und glotzen sie ständig an. Wie Pubertierende, nur halt in älteren Körpern. Während Loerz von der Frau, die links von uns sitzt, weiter total begeistert ist, gefällt mir auch weiter die andere Frau gut. Loerz hingegen findet, dass sie irgendwie faltig ist und wie ein Frosch aussieht. Ich glaube, seine Augen müssen neu justiert werden, aber andererseits ist Geschmack ja relativ. Relativ flüchtig wohl auch, denn nach nur einem weiteren Bier findet Loerz die Frau, die gerade noch ein Frosch war, plötzlich attraktiv. Wenn Bier dafür sorgt, dass die Frau attraktiver wird, sollte ich kein Bier trinken, denn sonst würde ich vor Begeisterung am Ende noch in die Hände klatschen. Während Loerz ein paar Anekdoten zum Besten gibt, lässt er seinen leisen Fürzen immer wieder freien Lauf, was zu einer enormen Geruchsbelästigung führt. Es ist wirklich alles wie vor zehn, zwanzig, gar dreißig Jahren und es wirkt nicht so als hätten wir uns seitdem großartig weiterentwickelt. Selbst die Fürze des Loerz stinken noch wie damals. Irgendwann sagt der Loerz, dass wir gehen sollen, weil er gleich zu den Frauen will, da würden wir nur stören. Er bestellt sich noch ein Bier, wir zahlen. Dummerweise hat er nicht mitbekommen, dass die beiden Frauen auch zahlen und zeitgleich mit uns gehen. Wobei man bei den beiden nicht unbedingt von gehen reden kann, denn sie verlassen in einem Tempo den Ort, dass man glauben könnte, sie wären auf der Flucht. Vermutlich wollen sie nur ganz schnell weg von uns und haben obendrein Angst, dass wir versuchen würden, sie anzusprechen. Dabei würden wir so etwas nie tun. Abgesehen vom Loerz, aber der bleibt ja allein zurück. Anschließend wird es noch etwas peinlich, weil wir Petras Auto nicht wiederfinden und ziemlich ratlos durch die Gegend irren. Das kommt davon, wenn man nicht immer in derselben Straße parkt. Es dauert eine ganze Weile bis unser Fährtensucher Manni das Auto findet. Was soll man von drei älteren Menschen halten, die ihr Auto nicht finden und dabei auch noch Spaß haben? Es gibt sicher Menschen, die eine beginnende Demenz bei uns vermuten würden, aber das halte ich für Quatsch, denn so etwas ist uns schon passiert als wir noch nicht einmal wussten, dass es Demenz überhaupt gibt.

Kaum zu Hause angekommen, muss ich auch schon ins Bett und verliere rasch das Bewusstsein. Und dann träume ich tatsächlich von der Frau, die kein Froschgesicht hat und die ich mir etwa neunzig Minuten im Kreuzviertel ansehen durfte. Aus unerklärlichen Grünen gehen wir zusammen spazieren, reden und kommen uns ganz langsam näher, unsere Finger berühren sich zunächst ganz vorsichtig, dann halten wir uns an den Händen und reden miteinander. Alles ist vertraut als würden wir uns schon länger kennen und wir scheinen uns sehr zueinander hingezogen zu fühlen. Der Traum fühlt sich gut an. Wir reden über die Zukunft, sie will unbedingt Kinder und da lässt sie sich auch nicht von abbringen, weshalb sofort klar ist, dass wir keine Zukunft haben, da ich zu alt bin und weder Kinder will noch in der Lage bin diesbezüglich helfen zu können. Wir sagen, dass wir zwar keine Zukunft haben, aber den Moment genießen können, was aber nur dafür sorgt, dass sich der Traum auflöst und ich aufwache. Meiner Meinung nach stimmt mit mir so einiges nicht, wenn ich so intensiv von einer Frau träume, die ich nur einmal gesehen habe. Sie hätte meiner Meinung nach überhaupt nicht in meinem Traum auftauche dürfen. Möglicherweise versteht oder kapiert irgendwas in mir nicht, dass ich mit dem Thema Frauen durch bin. Vielleicht kapiere ich aber auch nicht, dass das Blödsinn ist. Was weiß denn ich schon davon?

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