Kontaktanzeigen – Urlaub

Sehr geehrte Akademikerin,

zunächst einmal möchte ich Dir für Deine Anzeige und Dein mir entgegengebrachtes Interesse danken.

Es kommt nicht oft vor, dass eine gebildete Frau mit mir verreisen möchte. Ich bin seit Jahren nicht mehr verreist und total aus der Übung. Hinterland und Wanderurlaub sind absolut mein Ding. Ich könnte stundenlang wandern, wenn mein Fuß nicht immer so weh tun würde. Leider habe ich eine üble Sprunggelenksverletzung, so dass ich nur mit Hilfsmitteln reisen kann. Derzeit bevorzuge ich eine umgebaute Schubkarre, in der ich mich, wenn es ganz schlimm wird, transportieren lasse. Bist Du vertraut mit der Bedienung einer umgebauten Schubkarre und könntest mich im Notfall schieben?

Die Schubkarre kann man auch prima nutzen, um Sachen zu transportieren. So müsstest Du nicht einen zusätzlichen Rucksack für meine Medikamente schultern. Du erkennst, dass ich ein praktischer Mann bin.

Jetzt müssen wir nur noch klären, wann es losgeht und ob meine Schubkarre in Deinen Wagen passt. Wir fahren doch mit dem Wagen. Oder?

Ich bin übrigens 45 Jahre, Nichtraucher und habe eine Weizenallergie. Außerdem ist es mir nicht möglich zu jagen und Fische zu fangen. Ich hoffe, das stört Dich nicht weiter. Einen akademischen Titel habe ich nicht, auch wenn mein Spitzname es vermuten lässt. Ich habe lockiges Haar, welches ich gerne in Flüssen und Seen wasche. Zuletzt war ich 1989 in Frankreich.

Solltest Du noch Fragen haben, dann nur raus damit. Ich habe nichts zu verbergen.

In Erwartung Deiner baldigen Antwort und

mit freundlichen Grüßen
Doc

Sehr geehrter Doc,

vielen Dank für Dein Interesse und das entgegengebrachte Vertrauen. Ich habe mich sehr über Deine Nachricht gefreut.

Wie sagte schon eine weise Person: Übung macht den Meister. Das gilt sicher auch für Urlaub machen. Da bin ich ganz zuversichtlich.

Mit Schubkarren habe ich leider nur wenig und lange zurückliegende Erfahrung. Da ich begeisterungs- und lernfähig bin, könnte ich fehlende Kompetenzen allerdings gerne kurzfristig noch erwerben. Dann steht unserem Urlaub nichts mehr im Wege.

Auf die zusätzlichen Transportmöglichkeiten in der Schubkarre greife ich gerne zurück. Du weißt ja, Frauen haben immer ihren halben Hausstand dabei. Das wäre wirklich sehr praktisch.

Leider habe ich seit kurzem auch einen schmerzenden Fuß – wir könnten also auch gerne zusammen durch die Gegend humpeln. Alternativ kann ich Dir anbieten, die Reise erst nächstes Jahr anzutreten, wenn Deine Verletzung hoffentlich erfolgreich verheilt ist. Bis dahin könnten wir Humpel-Trainingstouren im näheren Umkreis durchführen, um uns auf die Touren des nächsten Jahres vorzubereiten. Vorausgesetzt, Du bist auch aus dem Ruhrgebiet. Andernfalls könnte man die Anreise schon als Trainingsstrecke verwenden. Was meinst Du?

Hm, das mit dem Wagen hatte ich mir anders vorgestellt. Ich hatte eher daran gedacht dort einen zu mieten – und dann darf sich der mutigere Fahrer an den engen und steilen Gebirgsstraßen ausprobieren. Ich habe leider wenig Erfahrung mit solchen Strecken, dafür fahre ich gerne schnell und für manche Leute gewöhnungsbedürftig. Bei drohender Gefahr empfehle ich, eine Zeitung in voller Breite vor der Frontscheibe auszubreiten. Das entspannt zuverlässig – und bis man den Teil durch hat, ist die Gefahr sicher vorbei.

Du hast Glück, jagen und fischen hatte ich nicht auf meiner To-Do-Liste für die Provence. Und Du hast noch mehr Glück: Ich bin eine Frau, die gerne mal schweigt, so dass Du auch nicht zum Fischen flüchten musst, um mal Deine Ruhe zu haben.

Ich rauche ebenfalls nicht, vertrage Zwiebeln & ihre Verwandten nicht und kann gut einige Zeit ohne Fisch und Fleisch leben. Zuletzt war ich im Juni in Frankreich. Südfrankreich kenne ich allerdings noch nicht. Ich habe kinnlanges, rötliches Haar, das nur mit viel Fönaufwand leichte Wellen bekommt.

Ich wünsche wohl zu ruhen und sende freundliche Grüße nach…?
S.

Hallo S.,

es freut mich, dass Du mir diese freundliche Nachricht hast zukommen lassen. Es ist selten, dass so etwas passiert. Erstaunlich finde ich, dass Du Dich über meine Nachricht gefreut hast. So etwas passiert noch seltener.

Ich muss Dir gestehen, dass ich diese Art der Kommunikation schon lange übe und hoffe, sie eines Tages zur Perfektion zu bringen.

Es freut mich, dass Du Dich im Umgang mit Schubkarren unterweisen lassen möchtest. Leider weiß ich nicht, wo solche Kurse angeboten werden.

Was hast Du mit Deinem Fuß angestellt? Bist Du umgeknickt oder wurdest Du bei einer Ballsportart übel gefoult? Hat sich den Fuß ein Fachmann angeguckt und genau untersucht? Wird es wieder heilen?

Laut Kalender habe ich nächstes Jahr noch nichts vor. Leider muss ich Dir aber mitteilen, dass meine Sprunggelenksverletzung nicht mehr heilen wird, weshalb ich ohne Schubkarre nahezu chancenlos bin.

Enge, steile Gebirgsstraßen machen mir Angst. Ich hoffe, Du meinst diesen Teil Deiner Ausführungen nicht ernst. Bist Du so eine Art Abenteurerin und hast Du Dir Deinen Fuß vielleicht verletzt als Du ein zu hohes Risiko eingegangen bist?

Wenn Du gerne schnell fährst, dann ist es besser, wenn ich fahre, weil ich ständig Angst habe, wenn jemand rasant fährt, während ich auf dem Beifahrersitz nichts weiter tun kann als mir zu wünschen, dass die Fahrt bald vorbei ist. Hast Du einen angemessenen Wagen?

Frauen, die schweigen, sind selten, soweit ich weiß. Aber das weiß ich nur vom Hörensagen. Ich bevorzuge es auch still, weshalb ich gerne stundenlang auf dem Balkon sitze. Vor allem nachts, weil es da ruhiger ist.

Bekommst Du von Zwiebeln Blähungen?

Kinnlanges, rötliches Haar, welches nur mit viel Fönaufwand leichte Wellen bekommt, hatte ich nicht erwartet. Ich war sicher, dass Du glattes Haar in der Farbe Mokka hast. So kann man sich irren. Mein Haar ist übrigens grau getönt, weil das meiner Jugendlichkeit die Unschuld klaut. Ich muss das wohl mal färben. Ich weiß nur noch nicht, welche Farbe zu meinem Kleidungsstil passt.

Ich hoffe, Du nimmst mich nicht zu ernst, weil ich nämlich nur Unsinn im Kopf habe.

Abschließend sende ich Dir farbenfrohe Grüße aus Lünen und verbleibe

mit schelmischen Grüßen
Doc

4 Kommentare

  1. Ha! Das nenne ich mal eine adäquate Antwort. Akademikerinnen darf man nicht unterschätzen. Nun harre ich gespannt der Fortsetzung. Oder wars das schon? Vielleicht war der Passus mit den Blähungen zu viel.

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