Die dreizehnte geteilte Arbeitswoche

Es ist offensichtlich, dass ich nicht dazu geeignet bin anständige Berichte zu schreiben. Mittlerweile scheint es zwar am Oma Sheriff Standort zu passen, aber am alten Standort werden meine Berichte auch weiterhin von Frau Kleinkariert zerpflückt. Sicherlich spare ich mir oft Dinge in den Berichten, die ich für unwesentlich halte, doch sowohl die Tatsache, dass ich das mache als auch meine Eigenart nicht auf jeden Punkt explizit einzugehen, stößt auf Ablehnung, weshalb mir jeder Bericht mit etlichen Hinweisen, was es zu verbessern gibt, zurückgeschickt wird. Da ich auch nicht besonders lernfähig bin, wiederholen wir die Prozedur vermutlich so lange bis die Chefin eingreift und mich darauf hinweist, dass meine Berichte auch weiterhin Scheiße sind. Also zumindest an dem einen Standort, am anderen habe ich scheinbar verstanden, was man von mir will, denn an dem Standort sind die Berichte auch für Leute, die weniger im Köpfchen haben, leicht hinzukriegen. Dumm nur, dass ich der einzige Depp bin, der die andere Art von Berichten nicht hinbekommt. Ich würde mittlerweile sogar komplett auf den alten Standort verzichten, nur um diese blöden Berichte nicht mehr schreiben zu müssen. Die Maßnahme dazu finde ich allerdings auch beschissen, weil ich Aufgaben machen muss, die nach den Vorgaben von einem Sozialpädagogen gemacht werden müssen. Ach ja, ein Psychologe sollte natürlich auch involviert sein. Den Teil umgehe ich zwar, aber richtig ist das nicht. Schreiben muss ich aber als wäre ich ein echter Pädagoge. Ist mir zu verlogen und da ich das nicht mag, sind meine Berichte quasi doppelt beschissen. Wenn ich mich nur etwas besser anpassen könnte, dann könnte mein Leben so viel einfacher sein. Dabei sollte ich in meinem Alter echt Anpassungsfähiger und weniger trotzig sein. Ich bin echt ein hoffnungsloser Fall und es ist für mich auch weiterhin nicht verständlich, dass ich einen Job wie diesen überhaupt ausführen darf. Meiner Meinung nach sollte ich einen einfacheren Job machen. Als Überführungsfahrer für Autohäuser vielleicht. Das könnte ich hinkriegen, das könnte was für mich sein.

Einer meiner Teilnehmer, ein hagerer Mann um die vierzig, der zuletzt vor neun Jahren eine Ausbildung abgebrochen hat, ist mein schillerndster Kunde. Die Ausbildung hat er nicht freiwillig abgebrochen, sondern deshalb, weil das Jobcenter ihn für ungeeignet für die Ausbildung hielt und dafür sorgte, dass er zum Abbruch kam. Zumindest ist das seine Version der Geschichte. Keine Ahnung, ob sie stimmt. Ich finde allerdings auch, dass die Ausbildung nichts ist, was er bewältigen kann. Er wirkt sehr fahrig und hat grün lackierte Fingernägel, was ich befremdlich finde. Er hat schon viele Maßnahmen besucht und sitzt dort in der Regel seine Zeit ab, weil es alles nichts bringt. Hier läuft es bisher auch so ab und ich habe nach den ersten Gesprächen meine Zweifel, dass er wirklich für den Arbeitsmarkt geeignet ist. Allerdings denke ich über mich ähnlich und bin schon seit fünf Jahren berufstätig, ohne irgendwelche Leitungen zu erbringen. Immerhin findet er meinen Vorschlag, sich beim Bundesfreiwilligendienst zu bewerben, gut und bewirbt sich tatsächlich. Eine andere Teilnehmerin bekommt immer wieder, quasi aus dem Nichts, Panikattacken. Bisher fiel sie nur an dem betreffenden Tag aus, nun erstmals für ein paar Tage. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das so mit einer Arbeitsaufnahme klappt. Ein anderer Teilnehmer will als Aushilfsfahrer arbeiten, hat aber keinen Führerschein. Egal, was ich ihm erzähle, am Ende bleibt es dabei, weil er sicher ist, dass das Jobcenter ihm den Führerschein bezahlt. Gut, er ist fast 50 und kann nicht schwer heben, da sollte ein Führerschein schon drin sein. Ein anderer Teilnehmer will in einer Apotheke arbeiten, spricht aber nur schlecht deutsch und hat in dem Bereich auch noch nie gearbeitet. Alternativ kann er sich auch vorstellen als Jobcoach zu arbeiten. Vielleicht könnte er mich ja ersetzen, denn schlechtere Berichte als ich wird er kaum produzieren. Vier meiner derzeit 10 Teilnehmer habe ich überhaupt noch nie gesehen, weil sie einfach nicht zu ihren Terminen erscheinen. Insgesamt habe ich somit eine bunte Mischung an Teilnehmern, denen ich leider nicht helfen kann.

Am Mittwoch zeigt der zähfließende Verkehr wieder einmal, wie beschränkt Menschen sind. Ganz besonders gefallen mir die Autofahrer, die von der linken Spur spontan nach rechts ziehen, die Autobahn Richtung Parkplatz verlassen, um dann über den Parkplatz zu rasen, um am Ende des Parkplatzes wieder auf die Autobahn zu fahren. Da reihen sie sich dann ein paar Plätze weiter vorne in den zähfließenden Verkehr ein. Ich stelle mir das ja eher stressig vor, wenn man, nur um ein paar Meter zu gewinnen, solche Manöver fährt. Das sind sicher Leute, die später einen Herzinfarkt bekommen, oft hohen Blutdruck haben und auch gerne cholerische Anfälle bekommen. Bestimmt haben so Leute auch eine klare Meinung und sind echte Alphatiere. Für mich sind das eher Spinner, aber jeder spinnt halt so viel wie er kann. Andere fahren auf die Autobahn auf, wechseln direkt auf den linken Fahrstreifen, stellen fest, dass das auch Kacke ist und wollen dann nach rechts, dann wieder nach links, nach rechts, links und immer so weiter. Stelle ich mir auch anstrengend vor, aber vielleicht ist das die einzige Möglichkeit, um diesen Irrsinn auf den Autobahnen zu ertragen. Nur kommt man so wahrscheinlich nicht besonders entspannt am Ziel an und hat dann den ganzen Tag miese Laune, weil man auf dem Rückweg wieder eine ähnliche Situation auf der Autobahn vorfindet. Was ich auch seit Tagen mit Verwunderung beobachte sind die Leute, die im zähfließenden Verkehr mit ihren Smartphones beschäftigt sind. Dabei sorgt nicht die Tatsache, dass so viele mit ihren Smartphones spielen, für die größte Verwunderung, am meisten wundert mich, dass nicht viel mehr Unfälle passieren. Im Fahrzeug neben mir kriegt ein Mann scheinbar nicht genug von seinem Smartphone. Selbst als wir eine Weile mit etwa 50km/h nebeneinander fahren, kann er nicht von seinem Smartphone lassen. Da ist es wenig verwunderlich, dass er leichte Probleme hat die Spur zu halten. Als er immer näher zu mir rüberfährt und sogar auf meine Spur wechselt, muss ich leicht über den Seitenstreifen fahren, damit unsere Fahrzeuge sich nicht vielleicht doch berühren. Der Fahrer scheint von all dem nicht wirklich was mitzubekommen, lenkt aber sein Fahrzeug nach einer Weile wieder ordnungsgemäß auf seinen Fahrstreifen zurück, wo er weiter mit seinem Smartphone zu tun hat. Möglicherweise ist er kurz vor dem nächsten Level bei Candy Crush, oder er schreibt seiner Liebsten ein Gedicht. Was man halt so macht, wenn man sich während der Fahrt langweilt und es nicht wirklich zügig vorangeht. Wenig später ist er ein paar Fahrzeuglängen vor mir als er spontan die Autobahn verlassen will. Möglicherweise war er kurz abgelenkt durch sein Smartphone und hätte fast die Autobahn verpasst. Das macht ihm aber nichts aus, weshalb er einfach von der linken Spur direkt rüber auf die Abbiegespur wechselt, die auch schon fast zu Ende ist. Mut zur kleinsten Lücke nennt man das wohl. Vermutlich mache ich mir einfach zu viele Gedanken beim Fahren, denn auch heute passiert nicht ein Unfall. Ich muss da echt lockerer werden.

Sollte ich hier am Standort bleiben und irgendwann mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren müssen, könnte ich scheinbar innerhalb einer Stunde am Arbeitsplatz sein und müsste nur einmal umsteigen, wenn ich pünktlich um 06.39 Uhr in den Bus einsteige. Das ist schneller als erwartet. Zur Not kann ich also auch an diesem Standort bleiben, denn andere Standorte sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln noch schlechter zu erreichen und so ein Winter kann ja auch mal Schnee mit sich bringen und ich kann, wie wir alle wissen, auf schneebedeckten Straßen kein Auto fahren. Und je älter meine Autos werden, desto wahrscheinlicher ist, dass sie mal kaputtgehen. Ich sollte aufhören über so Dinge nachzudenken, weil das zu nichts führt und mich am Ende höchstens frustriert.

Mein Büro verlasse ich weiterhin so gut wie nie und mit Kollegen rede ich auch nur, wenn sie zu mir kommen. Jetzt ist es Gundi, die auf einen kleinen Plausch zu mir gekommen ist. Seit Oma Sheriff Urlaub hat, bekomme ich seltener Besuch. Der Einzige, der tatsächlich immer wieder zu mir kommt ist unser Übersetzer. Meist kommt er, um zu telefonieren. In letzter Zeit allerdings auch immer öfter, um mich irgendwas zu fragen, weil sein deutsch halt nicht so gut ist. Wen wird er wohl fragen, wenn es eines Tages für mich zurück an den alten Standort geht? Und wer unterhält mich am alten Standort, wenn ich dorthin zurückkehre? So viele Fragen und keine Antworten. Das ist fast schon traurig, beinahe tragisch.

Bei meinem Mittagsspaziergang komme ich an einer geschlossenen Matratzen Concord Filiale vorbei und stelle fest, dass es die Filiale ist, in der ich während meiner Karriere als Matratzenverkäufer gearbeitet habe. Jeden Tag an dem ich hier arbeite, fahre ich daran vorbei und erst heute wird mir bewusst, dass ich dort mal gearbeitet habe. Keine zwei Minuten von meinem jetzigen Arbeitsplatz entfernt. Das ist schon irgendwie erstaunlich und ein merkwürdiger Zufall. Es gibt so viele Orte und doch hängen sie scheinbar alle irgendwie miteinander zusammen. Wenn ich an meinem alten Standort arbeite, fahre ich auch immer an einem Ort vorbei an dem früher die andere Matratzen Concord Filiale, in der ich gearbeitet habe, war. Kann das alles Zufall sein? Oder steckt doch mehr dahinter?

Weil es ohne Corona-Wahnsinn nicht geht, werden alle Mitarbeiter gefragt, ob sie geimpft sind. Man kann entweder mitteilen, dass man geimpft ist und wenn nicht, ob man die Impfung ablehnt. Irgendwann dürfen Ungeimpfte vermutlich nicht mehr hier arbeiten, weil sie ein zu großes Risiko darstellen. Dieser Wahnsinn will einfach nicht aufhören. Ein Teilnehmer erzählt mir von seiner Mutter, die positiv getestet wurde, aber keinerlei Symptome hatte. In einer normalen Welt würde man Gesunde Menschen nicht testen. Von einer normalen Welt sind wir weiter entfernt als jemals zuvor. Corona beherrscht die Welt und viele Menschen haben sogar gefallen an der Corona-Seuche gefunden und können davon niemals genug bekommen. Sollten wir je wieder damit aufhören, wird so mancher in eine unglaubliche Bedeutungslosigkeit zurückfallen und sehr traurig darüber sein. Im kommenden Frühjahr plant unser cooler Gesundheitsminister, der auch ein bedeutendes Leittier sein könnte, das Ende der Pandemie, weil dann die Herdenimmunität greift. Na, dann hoffen wir Mal, dass er Recht hat, denn dann sind wir in etwa sieben Monaten durch mit dem Mist, wenn am Ende nicht doch wieder alles anders kommt, weil so eine Pandemie schließlich nicht nur Nachteile hat. Im besten Fall haben wir im Frühjahr auch einen neuen Gesundheitsminister und Herr Spahn kann sich um seine 4,125 Millionen Euro teure Villa kümmern und irgendwelchen lukrativen Geschäften nachgehen, um den Kredit dafür abzubezahlen. Das ist dann eine Win-Win-Situation für alle. Möglicherweise führt das Ende der Maßnahmen, so es denn jemals dazu kommen wird, eines Tages sogar zu einem neuen Nationalfeiertag. Endlich gibt es wieder etwas, worauf wir uns freuen können. Halten Sie durch. Wir schaffen das.

Später lese ich, dass die Gesundheitsminister das Ende der Quarantäne Entschädigungen für Ungeimpfte beschlossen haben. Wer als Ungeimpfter in Quarantäne muss, erhält ab 1. November keine finanzielle Unterstützung vom Staat. Na also, da kann man nur hoffen, dass einen niemand verrät, der positiv getestet wurde und mit einem Kontakt hatte, wenn man schon so irre ist und sich nicht impfen lässt. Das Ganze hat selbstverständlich nichts mit Druck oder Zwang, sondern mit Fairness zu tun. Das Verwechseln Impfverweigerer leider zu häufig. Einziger Ausweg für so abgefuckte und unfaire Impfverweigerer ist ein Attest, dass sie sich nicht impfen lassen können aus gesundheitlichen Gründen. So etwas wird sich schon irgendwo auftreiben lassen. Nicht aufgeben, ab dem nächsten Frühjahr wird doch alles wieder gut. Es ist doch alles nur zu unserem Besten, versteht doch endlich.

Donnerstag am alten Standort ist es im Büro wie immer zu kalt. Und obwohl ich die Heizungen aufdrehe will mir nicht warm werden. Oma Sheriff ist aus dem Urlaub zurück und ich schicke ihr einen Willkommens-Smiley, weil sie später direkt einen meiner Fehler korrigieren darf. Ich muss sie milde stimmen, bevor ich meine Beschränktheit präsentiere. Einen Mitarbeiter wie mich möchte ich echt nicht haben.

Da ich eine neue Kundin habe, muss Frau Kleinkariert die Unterlagen kontrollieren. Also schicke ich ihr diese per Mail und rufe zwei Minuten später an, was ihr nicht so gefällt, da sie so schnell nicht alles prüfen kann. Ich sage ihr, dass die Kundin wartet und wir das nun am Telefon zusammen durchgehen müssen, da ich alles erst genehmigen lassen muss. Und so einer wie ich war mal Maßnahmeleiter. Unglaublich. „Die Stundenanzahl ist falsch.“ – „Ich weiß. Aber mehr Stunden werden nicht genehmigt.“ – „Wo steht das?“ – „Wie immer auf der ersten Seite.“ – „Stimmt. Dann können Sie nicht mehr Stunden eintragen. Sie müssen aber darauf hinweisen, dass wir die Stundenanzahl erhöht haben.“ – „Das habe ich längst, dennoch will die Arbeitsvermittlerin weniger Stunden.“ – „Aber wir haben eine höhere Stundenzahl als Vorgabe.“ – „Das ist alles bekannt, aber in dem Fall eben anders und es ist auch okay so.“ – „Sie haben die Abrechnung ja wie früher gemacht.“ – „Weil die Vermittlerin weniger Stunden will, bleibt es bei der alten Verteilung der Stunden. Das machen wir immer so bei ihr.“ – „Da muss ich erst nachfragen, ob das geht.“ Das kann nicht ihr ernst sein. Die hochgelobte Verwaltungskraft, die meine Berichte stets kritisiert, weiß am Ende zu den Verträgen weniger als der zurückgebliebene Coach, den sie kontrollieren soll. Da tut sie immer so als wäre sie die Frau, die alles im Griff hat und nun muss sie nachfragen, weil ich das wohl kaum wissen oder gar entscheiden darf. Ich muss gestehen, dass ich jetzt ein wenig enttäuscht von ihr bin, denn ich hatte schon erwartet, dass sie all das weiß und auch eigenständig Entscheidungen trifft. Und jetzt das. Wenig später ruft sie an und teilt mir mit, dass wir das so machen können, wie ich es eingetragen habe. Wer hätte das gedacht? Ich freue mich, dass sie auch weiterhin alles, was ich so mache kritisch betrachten und meine Berichte auch weiterhin zerpflücken wird. So ist das, wenn jemand in der Hierarchie ganz oben steht und der andere auf einer Stufe mit Knallerbsen und Chilischoten.

Nach der Arbeit soll ich kurz bei der Hausärztin vorbeischauen, weil sie kurz mein Ohr begutachten will. Pünktlich um 16.45 Uhr bin ich da und werde tatsächlich schon nach einer Stunde aufgerufen. Eine Auszubildende wirft ein Blick auf das Pflaster am Ohr und sagt, es sieht gut aus. Ich bleibe einfach sitzen, weil ich nicht glauben mag, dass das schon alles ist wofür ich eine Stunde habe warten dürfen. Die Auszubildende kann scheinbar nicht glauben, dass ich nicht gehe und sagt erneut, dass alles gut aussieht. Das hätte man auch vor einer Stunde sagen können, weshalb ich noch immer glaube, dass die Ärztin noch schauen will. Die Auszubildende geht zur Ärztin und ich höre, wie diese sagt, dass sie mich nicht sehen wollte, sondern nur wissen, ob das Pflaster noch klebt. Ich bin wieder einmal fassungslos und frage mich, wer der größere Trottel ist. Ich, weil ich eine Stunde gewartet habe, damit man mir sagt, dass das Pflaster noch ordentlich klebt, oder sind es die Ärztin und ihre Angestellten, die mich tatsächlich eine Stunde haben warten lassen, um dann festzustellen, dass das Pflaster noch klebt? Ich weiß es nicht, aber es ist ein weiterer Beweis dafür, dass die Menschheit verloren ist. Wieso bestellt man jemanden in die Praxis, wenn man nur wissen will, ob ein Pflaster noch klebt? Und wieso sagte man mir das nicht, dann hätte ich keine Stunde wie ein Volltrottel warten müssen? So wird das jedenfalls nichts mehr mit der Menschheit. Wir sind alle verloren, nur haben die meisten es leider noch nicht kapiert.

Der Freitag verläuft recht entspannt und weil meine Teilnehmer am Nachmittag keine Lust haben ihre Termine einzuhalten, nutze ich die Zeit, um mit Jens zu telefonieren. Nachdem die beruflichen Dinge geklärt sind, plaudern wir noch etwas privat. Das Gespräch kommt immer dann ins Stocken, wenn ich was erzählen müsste. Da ich, wie immer, nichts zu erzählen habe, ist das Gespräch eher einseitig. Immerhin erlebt Jens viel, so dass er wenigstes was erzählen kann. Ich bin so langweilig und habe nichts zu erzählen, dass es irgendwann nichts mehr zu sagen gibt und wir das Gespräch beenden. Da ich der Meinung bin, dass ich auch mal von mir aus Kontakte zu Kollegen aufnehmen muss, ohne ein berufliches Anliegen zu haben, rufe ich wenig später Kirsten an. Schon währen das Telefon klingelt, weiß ich nicht, worüber ich reden soll. Zum Glück hat sie sofort etwas zu erzählen, was sie loswerden muss. Wie üblich trage ich wenig zu dem Gespräch bei. Möglicherweise bin ich auch gar nicht wirklich in das Gespräch involviert, weil ich auf einem ganz anderen Planeten lebe. Ich beschließe, dass ich nie wieder irgendwen anrufe, um einfach so zu quatschen. Früher konnte ich am Telefon stundenlang unterhalten und hatte viel zu erzählen, auch wenn ich eigentlich nichts zu sagen hatte. Mittlerweile finde ich mich selbst so langweilig, dass ich nicht mit mir telefonieren würde. Ich habe das Kommunizieren verlernt, mir fallen auch total oft keine Wörter ein, als würde ich verblöden. Früher verfügte ich über eine Menge Wortwitz, heute bin ich nur noch ein Witz. Ich baue auch geistig völlig ab, weil ich mich immer mehr von der Realität abkapsle. Außer mit den Leuten, die ich regelmäßig sehe, kann ich echt mit keinem mehr das Niveau einer gewissen Oberflächlichkeit verlassen. Und von Tiefgang bin ich so weit entfernt wie nie zuvor.
Da passt es prima, dass Oma Sheriff mich kurz vor Feierabend nochmal anruft, um ein paar Dinge bezüglich meiner Teilnehmer zu klären. Wie immer ist das Gespräch eine Mischung aus beruflichem, gemischt mit Albernheiten. Nur bei persönlichen Dingen kommt von mir nichts. So weiß ich quasi nach fast jedem Gespräch etwas mehr über sie, sie aber lediglich, dass ich zwei alte Autos habe und das auch nur, weil es mir aus Versehen rausgerutscht ist. Immerhin lacht sie über meine abgeschmackten Kommentare. Ansonsten sehe ich auch hier kein Potential bei mir. Ich hau mich echt zu einer einzigen Schlafmütze ohne Inhalt entwickelt und ich fürchte, dass wird immer schlimmer. Grausam, einfach grausam.

6 Kommentare

  1. Sie sind ja richtig in Fahrt, das gefällt mir besonders gut und lässt mich schmunzeln, weil sie ja Ihrer Ansicht nach total unfähig sind. Ihre Texte lassen stets etwas ganz anderes vermuten. 😎

    Ich frage mich gerade, wo ich im vergangenen Monat verweilte und wie wahrnehmungsgestört mein Feedreader ist. Es ist einiges ungelesen an mir vorbeigegangen.

    Haben Sie die zwölfte geteilte Arbeitswoche unterschlagen?

    Die Interaktionen mit Oma Sheriff erinnern mich sehr an eigene mit Kollegen. 😂
    Der Spaß sollte nie zu kurz kommen. Es wiegt manchmal so viel Unschönes an der Arbeit auf.

    • In Fahrt? Wegen der langen und vielen Texte? Manchmal fließt es einfach.

      Vielleicht war der Feedreader verwirrt, weil ich so viel geschrieben habe und dachte, es muss ein Irrtum sein.

      Die zwölfte Woche ging unter. Dazu hatte ich scheinbar nichts zu schreiben und habe sie ausgelassen. Die geteilten Arbeitswochen enden eh bald. Dann enden auch die Interaktionen mit Oma Sheriff und die Texte werden vermutlich wieder kürzer.

      • Ich mag Ihren ausufernden, so unterhaltsamen Schreibstil und Ihre wunderbare Art sich zu echauffieren. Kurz: Das Lesen begeistert. 😉

        Der hat sich sicher einfach an meine Lebenssituation angepasst, weniger ist mehr oder so…^^

        Das ist sehr bedauerlich. Es klingt gerade so viel Amüsement zwischen Ihren Zeilen durch. 🙃

        • Dieses ständige echauffieren ist bestimmt nicht gut für meine Gesundheit.

          Manchmal ist weniger tatsächlich mehr, manchmal aber auch zu wenig. 🤔

          Vielleicht folgt ja eine andere Art Amüsement. Oder eine kurze schöpferische Pause. Bald schon wissen wir mehr.

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