Ordnungsverfügungen und Außerbetriebsetzung des Benz

Zum 31.12.22 habe ich die Kfz-Versicherung des Benz gekündigt und bin zu einer anderen Versicherung gewechselt. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen, ich glaube, wegen des Saisonkennzeichens, konnte ich den Benz nicht ab dem 01.01. versichern, sondern erst ab dem 01.03. Für mich kein Problem, da ich den Benz eh erst ab März fahren darf. Dass es für die Zulassungsstelle des Kreises Unna allerdings ein Problem ist, lese ich, nachdem ich den gelben Brief geöffnet habe. Gelbe Briefe finde ich grundsätzlich bedenklich, aber das ist nur mein Problem. In diesem Brief, der eine Ordnungsverfügung ist, werde ich darauf hingewiesen, dass der Benz nicht versichert ist und ich eine Versicherungsbestätigung vorlegen muss oder den Benz außer Betrieb setzen lassen soll. Sollte ich das nicht machen, droht man mir mit der zwangsweisen Außerbetriebsetzung des Benz in Form des unmittelbaren Zwangs. Allein den Satz muss ich mir mehrmals auf der Zunge zergehen lassen. Zwangsweise Außerbetriebsetzung in Form des unmittelbaren Zwangs. So etwas muss man erstmal formulieren können. Da ich naiv und dumm bin, mache ich mir keine großen Gedanken, denn der Benz ist durch das Saisonkennzeichen derzeit eh im Winterschlaf, steht somit sicher in seiner Garage und kann keinen Schaden anrichten.

Einen Tag später rufe ich bei der Versicherung an und versuche herauszufinden, was das Problem ist und wie man es beseitigen kann. Die Frau am Telefon weiß erst nicht, was zu tun ist, teilt mir aber nach Rückfrage mit, dass sie sich darum kümmert und ich nichts weiter tun muss. Eine sehr schöne Lösung, wie ich finde.

Eine Woche später bekomme ich einen weiteren gelben Brief, was mich nicht nur verwirrt, sondern auch überrascht. Das mit der Ordnungsverfügung angedrohte Zwangsmittel “unmittelbarer Zwang” zur Außerbetriebsetzung des Benz wird festgesetzt. Die sofortige Außerbetriebsetzung wird angeordnet. Die amtlichen Kennzeichenschilder werden entsiegelt, die Zulassungsbescheinigung Teil I/der Fahrzeugschein wird eingezogen. Mit der Durchführung dieser Maßnahme ist eine Vollzugsdienstkraft beauftragt, deren Anordnungen nachzukommen ist. All das passiert, weil ich die Ordnungsverfügung nicht befolgt habe und die Frau von der Versicherung sich anscheinend doch nicht gekümmert hat. Unverzüglich komme ich mir nach den Zeilen höchst kriminell vor, mal wieder. Wie auch die vorausgegangene Ordnungsverfügung, die ich nicht ernst genug genommen habe, ist auch dieses wohlformulierte Schreiben Gebührenpflichtig. Darüber gibt es aber noch einen gesonderten Bescheid. Vermutlich auch in gelb. Ich frage mich, ob die einen an der Murmel haben, ein Fahrzeug mit Saisonkennzeichen stillzulegen, obwohl ich eh damit nicht fahren kann. Leider ist meine beschränkte Logik zu beschränkt, um derartige Vorgänge komplett zu verstehen. Stattdessen stelle ich mir vor, wie eine Vollzugsdienstkraft verzweifelt nach dem Benz sucht, weil ich Fremden, die an meiner Tür klingeln, grundsätzlich nicht öffne. Ob diese Vollzugsdienstkraft ein Foto dabei hat, um zu wissen, wie ein 30 Jahre alter Benz wohl aussieht? Und einen Suchhund, der die Garage später aufspürt? Da sag nochmal jemand, dass wir in diesem Land nichts auf die Reihe kriegen. Alleine, dass wir Vollzugsdienstkräfte haben, die einen aufsuchen, ist schon mehr als großartig. Und dann noch Leute, die solche Briefe erstellen, die voller Zwänge stecken, Respekt.

Am nächsten Tag rufe ich erneut bei der Versicherung an. Dieses Mal spreche ich mit einem Mann, der irgendwie kompetenter klingt als die Frau in der letzten Woche. Aber sowas darf man sicher weder denken noch sagen. Also höre ich auf das zu denken und höre, was der Mann zu sagen hat. Er will die eVB abschicken und die Versicherung soll direkt ab dem 01.01. gelten und nicht erst ab dem 01.03. Die Tatsache, dass ich Saisonkennzeichen habe, hat keine Bedeutung für die Zulassungsstelle, ein Fahrzeug muss auch dann versichert sein, wenn es nicht bewegt werden darf. Das wusste ich nicht, aber ich weiß halt vieles nicht. Die Kollegin, mit der ich letzte Woche gesprochen habe, hat zwar notiert, dass sie die eVB abschicken will, hat es aber letztlich nicht getan. Vermutlich ist ihr was Wichtiges dazwischen gekommen, so etwas kann passieren, passiert mir auch ständig. Der Mann fragt noch, ob für den Vorgang Gebühren fällig werden, was ich bestätige. Er sagt, dass ich die Gebühren auf jeden Fall zahlen soll, diese aber erstattet bekomme, wenn ich die Rechnung an die Versicherung schicke, da es nicht mein Fehler war. Das finde ich ganz entzückend. Drei Stunden später schreibe ich der Frau von der Zulassungsstelle eine Mail zum Sachverhalt. Eine andere Frau von der Zulassungsstelle bestätigt, dass die eVB um 11.14 Uhr eingegangen ist. Damit liegt nachweislich wieder Versicherungsschutz für den Benz vor und ich darf ihn ab sofort wieder nutzen. Gerne würde ich der Frau widersprechen, denn nutzen darf ich den Benz erst wieder ab März, weil er mit Saisonkennzeichen ausgestattet ist, verzichte aber darauf, da ich die Frau mit meiner naiven Logik nicht weiter belästigen will. Die gute Frau weist in dem Schreiben noch darauf hin, dass ich in den nächsten Tagen den Gebührenbescheid für die beiden gelben Briefe bekomme. Die Höhe der Gebühren liegt bei 88,46€. Den Auftrag an den Außendienst, damit meint sie sicher den Auftrag an die Vollzugsdienstkraft, zur Entstempelung der amtlichen Kennzeichen hat sie zurückgenommen. Meine kriminelle Karriere endet hier scheinbar vorübergehend. Ich bin allerdings weiterhin begeistert vom Begriff Vollzugsdienstkraft und davon, dass in diesem Land solche Vergehen knallhart und ohne Gnade verfolgt werden. Klare Regeln erfordern klares Handeln. Respekt. Ich stelle mir die beiden Damen der Zulassungsstelle, die mir diese Schreiben zugestellt haben, furchtbar dröge und unattraktiv vor. Humorlos sind sie sicher auch. Möglicherweise tragen sie sogar einen Dutt zu langweiligen Blusen. Ob sie schon so waren, als sie den Job angetreten haben, oder erst so wurden, weil sie derartige Schreiben verschicken müssen, kann ich nicht sagen. Es ist mir auch egal.

Letztlich habe ich wohl nochmal großes Glück gehabt und konnte schlimmere Maßnahmen in letzter Minute verhindern. Jetzt muss ich nur noch die Rechnung, die ich in Kürze bekomme, begleichen, dann kann ich mein Leben fortsetzen, als wäre nichts geschehen. Schwein gehabt, kann ich da abschließend nur noch sagen. Und wieder ganz viel gelernt.

12 Kommentare

  1. Bei Zulassungsstellen wundert mich gar nichts mehr. Ich bin erstaunt, wie unverzüglich gehandelt wurde.

    ich weiß nicht, was mit manchen KFZ-Versicherungen momentan los ist. Die scheinen alle extrem überlastet zu sein. Ab und an habe ich das Vergnügen mit beiden Institutionen. Es kann schon hier und da sehr mühsam sein.

    Beruhigend, dass es bei Ihnen so gut aussging…

    • Abwarten, ob alles wirklich vorbei ist.

      Zur Überlastung fällt mir jetzt das Wort Überlastungssteuerrung ein. Da kann man sicher was draus machen. Kurse, Fortbildungen, heiße Luft. Das könnte ein Markt sein.

      • Das hoffe ich doch. Die erste Aussage der Versicherung, dass erst ab dem 01.03. wieder versichert werden kann, war schon schwer nachvollziehbar. Es ist doch gängig zum 31.12. zu kündigen. Selbst bei Saisonkennzeichen sollte das so sein….

        • Das war ja online, vielleicht ist das da so hinterlegt. 🤔
          Mich stört viel mehr, dass man ein Fahrzeug, welches bis März nicht benutzt werden kann, stilllegen will. Erscheint mir gagga.

  2. Ich frage mich auch, wie die Stilllegung eines Fahrzeuges vor sich geht. Nehmen sie irgendwas raus, was für das Funktionieren des Motors unabdingbar ist? Nimmt einer die Batterie mit? Bloss ein paar der wichtigeren Sicherungen? Oder gleich den ganzen Motor?

  3. … der geschilderte Vorgang ist ne Kombination aus Bräsigkeit, Inkompetenz und/oder Feigheit. Der Feigheitsvorwurf bezieht sich darauf, dass man ja jemanden hätte fragen können, wenn man sich mit dem korrekten Vorgang bei nem Saisonkennzeichen selber nicht auskennt oder unsicher ist …
    (btw: leider ist die Verdummung — auch bei den Ämtern — in der BRD zumindest gefühlt auf dem Vormarsch)

    Gruß
    Jens

  4. Einem Auto, welches in einer Garage steht wird die Zulassung entzogen und der Fahrzeugschein einkassiert, einem Typen der wahllos auf Menschen ein sticht behält sein Bleiberecht. Das beste Deutschland aller Zeiten

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