Der Somalier

Der Mittwoch ist einer der stressigsten und arbeitsintensivsten Arbeitstage aller Zeiten. Zumindest habe ich das Gefühl, dass es so ist. Und als ich eigentlich Pause habe, besucht mich ein Mitarbeiter vom Jobcenter. Begleitet wird er von einem Mann aus Somalia, um herauszufinden, ob dieser fürs Persönlichkeitscoaching geeignet ist. Dieser junge Mann ist zwanzig Jahre, hat gerade einen ersten Deutschkurs beendet und spricht nun Deutsch auf A2 Niveau, aber das hilft nur bedingt, denn die Kommunikation ist alles andere als einfach. Während der Somalier mit dem Mann vom Jobcenter spricht und dieser oft nickt, als würde er den Somalier verstehen, sitze ich nur da, schaue beide abwechselnd an und frage mich, was das wohl für eine Sprache ist und um was es in dem Gespräch geht. Später werde ich erfahren, dass der Mann vom Jobcenter auch oft nicht verstanden hat, was der Mann aus Somalia erzählt hat. Es gibt aber auch Dinge, die wir verstehen. Der Somalier möchte eine Ausbildung zum Kfz-Lackierer machen, weil er das im Internet gesehen hat. Ich weiß, ich liege mit meinen Einschätzungen durchaus mal falsch, aber der Plan erscheint mir derzeit utopisch. Fachkräftemangel hin und/oder her. Eigentlich, so erfahren wir kurz danach, sucht der Mann eine Wohnung, denn er lebt in einer Flüchtlingsunterkunft und schläft in einer ehemaligen Sporthalle auf etwas, das man wohlwollend als eine Art Bett bezeichnen kann, weshalb er oft Rückenschmerzen hat. Er zeigt ein Video, wo und wie er lebt. Wenig überzeugend und er wird sicher noch lange dort leben, denn es gibt einfach keine Wohnungen. Ich habe in letzter Zeit immer öfter Teilnehmer, die keinen festen Wohnsitz haben und mal hier und mal dort übernachten. Sie alle suchen eine Wohnung, haben aber nur selten Erfolg. Arbeitslos und auf Wohnungssuche. Mehr als eine Herausforderung. Dieses Land ist so heruntergekommen, aber unsere Politiker interessiert es einen Scheiß, die laden einfach immer weitere Leute ein und wundern sich, dass selbst diese Leute irgendwann unzufrieden sind im besten Deutschland aller Zeiten. Der Somalier verzweifelt während des Gesprächs fast, wird etwas wütend und beklagt sich, dass ihm niemand hilft, endlich eine Wohnung zu finden. Ich kann mir gut vorstellen, dass ihn seine Situation auf Dauer zermürben wird. Entweder wird er dann aggressiv oder bricht anderweitig zusammen, denn er wirkt jetzt schon durchaus labil und verloren. Meine Aufgabe wird es sein, ihm zu erklären, dass er, wenn das alles nicht völlig mies ausgehen soll, erstmal irgendeinen Job annehmen sollte, sofern ihn überhaupt jemand einstellt. Sein Ausbildungstraum wird sich mit den Sprachproblemen und seinem für Arbeitgeber wenig erbaulichen Zustand vorläufig nicht erfüllen. Normalerweise würde ich den Teilnehmer ablehnen, aber da es hier keine Vermittlungsquote gibt, werde ich mich vermutlich schon bald um den jungen Mann kümmern dürfen. Er erhofft sich natürlich eine Verbesserung seines Lebens von mir. Eine Hoffnung, die er sicher bald begraben müssen wird und ich fürchte, er wird am Ende noch enttäuschter sein, als er es ohnehin schon ist. Dieses Land ist voll von Problemfällen. Und es werden täglich mehr. Der Untergang ist in vollem Gange und ich bin direkt dabei. Bevor ich untergehe, schaue ich erst noch dabei zu, wie der Somalier und viele andere untergehen, weil sie einfach in der Hierarchie noch ein wenig weiter unten angesiedelt sind.

2 Kommentare

  1. Geben Sie auf sich acht.

    Ich kenne hier zwei Vermieter, die niemals wieder an einen Neubürger vermieten werden. Beide wollten nach 2015 was Gutes tun, und die hohen Mieteinnahmen haben zusätzlich überzeugt…aber es ist nicht gutgegangen. Das Mehrfamilienhaus wurde ins Chaos gestürzt, mit den Menschen war einfach kein Auskommen möglich. Und im zweiten Fall haben sie gehaust wie die Schweine.
    Wir werden täglich neu geflutet, das nimmt kein gutes Ende.

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