Brami-Frühlingsfest

Brami-Frühlingsfest
heißt das Dorffest, welches jährlich, wenn es nicht ausfällt, direkt vor meiner
Haustür stattfindet und meist von mir gemieden wird. Doch weil ich mein Leben
nicht mehr in totaler Trostlosigkeit bei mir zu Hause verbringen will, wähle
ich die Trostlosigkeit des Dorffestes. Kaum bin ich aus der Haustür raus,
möchte ich zurück. Doch das darf ich nicht. Ich muss tapfer sein. Ich gehe ein
paar Schritte und alles was mir zu dem Fest einfällt sind degenerierte
Schrumpfköpfe. Ich merke, dass ich in alle Muster zurück katapultiert werde und
meine alten Vorurteile wieder aufbrechen. Ich muss dagegen ankämpfen, was mir
inmitten dieser Schrumpfköpfe wirklich nicht leicht fällt. Vor der Moschee
warte ich auf Petra, die auch in den Genuss dieses Festes kommen soll. Auf der
Bühne singen ein paar türkische Mädchen ein Lied. Singen ist jetzt vielleicht nicht
ganz richtig, denn in Wirklichkeit jaulen sie nur ganz fürchterlich vor sich
hin. Unverzüglich fangen meine Ohren an zu bluten. Natürlich nicht wirklich,
aber es fühlt sich so an. Das wird bestimmt noch ein aufregendes Fest für mich.
Wenig
später treffen wir Manni, Koko und das benachbarte Ehepaar. Das benachbarte
Ehepaar hat sicher auch Namen, aber die sind mir schon vor zwei Jahren, als wir
zusammen auf dem Parkfest waren, entfallen. Namen sind eh nicht so wichtig. Wir
stehen eine Weile irgendwo herum, dann stehen wir woanders herum. Um uns herum
die Schrumpfköpfe und deren Nachwuchs. Ich frage mich, wann all diese Menschen
in den Ort gezogen sind und warum sie das getan haben. Wir gehen weiter zu
einem Bierstand mit einer Art Tanzfläche. Umgeben von lauter Menschen, die dem
örtlichen Schützenverein angehören, stellen wir uns ab. Schützen habe ich schon
immer äußerst merkwürdig gefunden. Für Schützen ist fast immer Karneval.
Schützen trinken gerne, feiern gerne und sehen meist albern aus. Sind aber
bestimmt alle voll nett und so. Ist mir aber egal. Aus den Lautsprechern dröhnt
Schlagermusik und einige Menschen tanzen oder bewegen wenigstens ihre Köpfe im
Takt. Hier sind weniger Schrumpfköpfe, dafür eben diese verkleideten Schützen
mit ihren lustigen Hüten. Vielleicht sind es auch Schrumpfköpfe mit Hüten. Ich
kann das weder erkennen, noch mag ich mich da jetzt festlegen. Einige der
Menschen kenne ich, erinnere mich aber nicht daran, woher ich sie kenne. Manche
gingen bestimmt auf meine Schule, andere nicht. Die meisten Grüße ich nicht,
weil die mich auch nicht grüßen. Das benachbarte Ehepaar spendiert mir eine
Cola. Irgendwann muss ich denen auch mal einen ausgeben, sonst wird es
peinlich, weil die mir schon 2013 etwas ausgegeben habe. Ich möchte nicht, dass
die mich für einen Schmarotzer halten. Abgesehen von den Schrumpfköpfen in den
Straßen und den Schützen hier, bin ich ganz zufrieden. Meine Begleiter sind
freundlich und gehen mir auch nicht auf den Keks. Ich bin auch recht
umgänglich, denke ich.
Als
wir nach einer Weile die fröhlichen Schützen verlassen, ist das Fest auch schon
vorbei und die Stände werden weggeräumt. Wie die Zeit doch vergeht, wenn man
nicht zu Hause sitzt und die Decke anstarrt. Das nächste Brami-Frühlingsfest
kommt bestimmt und wenn ich auch wieder dabei bin, dann will ich mich auf jeden
Fall besser anziehen, um nicht mit den Schrumpfköpfen verwechselt zu werden.
Ich kann es kaum erwarten.

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