Langsamer Abschied von Tauben

Als ich nach meinem ersten Arbeitstag nach Hause komme und von den Tauben bemerkt werde, fliegt das Männchen direkt auf den Balkon und macht Lärm. Als ich die Balkontür öffne, sitzt er direkt vor der Tür. Vermutlich will er mir mitteilen, dass ich mich nicht an die Fütterungszeiten gehalten habe. Ich sage ihm, dass ich es nett finde, dass auf mich gewartet wurde und hole den Rest des Futters. Die letzte Fütterung findet somit heute statt. Eine Portion schütte ich in die vollgekackte Ecke auf dem Boden, den Rest in den Blumenkasten. Die Taubenfrau, die alles von einem anderen Blumenkasten beobachtet hat, nimmt auch am letzten Mahl teil. Während ich mir auch was zu essen mache, genießen die beiden ihre Körner und turteln anschließend rum. Wirklich niedlich.
Am Abend essen beide noch eine Portion aus dem Blumenkasten. Eine Dohle verscheucht ein paar Minuten später die Tauben, doch als sie mich sieht haut sie direkt wieder ab und die Tauben können weiter futtern. Anschließend sitzen die beiden auf verschieden Blumenkästen und lassen es sich gut gehen. So chillt man ordnungsgemäß.

Am frühen Abend des nächsten Tages sind die beiden wieder da und weil Petra mir Futter für die zwei gegeben hat, bekommen sie etwas davon in den Blumenkasten serviert, was sie zunächst nicht verstehen. Sie laufen fragend um mich herum, während ich ihnen Gestenreich den neuen, alten Futterplatz erkläre. Eine ganze Weile laufen sie ratlos auf dem Balkon umher, weshalb ich ihnen sage, dass ich sie für klüger gehalten habe. Dann endlich fliegt sie nach oben und findet das Futter. Sekunden später sitzen beide im Blumenkasten und gönnen sich das Futter. Die Situation ist noch immer nicht nach meinen Plänen geregelt und ich muss aufpassen, dass ich am Ende nicht völlig versage. Aber die beiden gucken auch immer verdammt niedlich und überzeugend.

Am nächsten Tag wollen die beiden natürlich wieder gefüttert werden. Kaum bin ich von der Arbeit zurück, spazieren sie über meinen Balkon. Ich fülle das Futter in den Blumenkasten und das große Fressen beginnt. Aber nur kurz, denn dann kommt eine Dohle und verscheucht die beiden. Weil das nicht richtig ist, ermahne ich die Dohle zu warten. Kaum bemerkt sie mich, flattert sie davon. Die Tauben sind ganz aufgeregt, weshalb ich bei Ihnen auf dem Balkon bleibe, damit sie ihre Mahlzeit in Ruhe einnehmen können. Die Dohle startet noch ein paar Angriffe, die sie aber immer abbricht, sobald sie mich sieht. Ich merke, wie die Situation immer skurriler wird und erkläre den Tauben, dass es so nicht weiter geht.
Als ich die Blumen gieße beobachten mich die beiden Tauben aus nächster Nähe. Es würde mich nicht wundern, wenn die Taubenfrau sich streicheln ließe. Der Taubenmann ist da noch etwas vorsichtiger.
Die Abendfütterung findet in einem anderen Blumenkasten, der schwieriger zu benutzen ist, statt. Die Dohle kommt nicht wirklich an die Stelle, flattert ratlos hin und her, rutscht ab, fängt sich wieder und gibt irgendwann auf. Alles durchaus unterhaltsam, aber ohne Zukunft, denn mittlerweile ist die Balkonbrüstung ein einziger Scheisshaufen. So geht es nicht weiter, doch eine für alle Seiten passable Lösung ist noch immer nicht in Sicht.

Weitere Tage vergehen und mittlerweile ignoriere ich die Tauben tagsüber komplett. Gegen Abend gibt es lediglich eine kleine Portion Futter. Da ich nach dem füttern sofort in die Wohnung verschwinde, haben die Tauben oft kaum etwas von den Mahlzeiten, weil sie sehr schnell von den Dohlen verjagt werden. Die Tauben tun mir wirklich leid, aber mir ist Optik wichtiger als glückliche Tauben. Und ein vollgeschissener Balkon entspricht nun mal nicht meinen Vorstellungen. Innerhalb der nächsten Tage wird das Futter aufgebraucht sein und spätestens dann sollten die Tauben sich eine neue Unterkunft zum vollkacken suchen. Ich bin leider nicht der richtige für Sie. Ich bin überhaupt für niemanden der Richtige.

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