Lovoo 2021

Lovoo ist irgendwie ähnlich wie Jaumo. Daher benutze ich auch den gleichen Suchfilter. Größter Unterschied ist, dass man Lovoo Frauen, bei Bedarf auch Männern, zuschauen kann, wie sie vor der Cam rumhampeln und ihre ganze Beschränktheit präsentieren. Alleine wenn man das sieht, kann man sich nicht vorstellen, dass es tatsächlich noch Hoffnung für die Menschheit geben kann. Wir sind verloren, aber keinen scheint es zu interessieren. Ebenso wie bei Jaumo bekommt man regelmäßig Nachrichten, dass jemand einen mag oder sich das Foto anschaut. Das ist so nervig und deprimierend, weil die Infos einem auch nicht weiterhelfen. Wie bei allen Dating-Apps oder Dating-Seiten sieht man auch hier eine Vielzahl von Fotos, die samtweiche Gesichter präsentieren. Faltenfreiheit soweit das Auge reicht. Vielleicht ein wünschenswerter Zustand, doch von der Realität weiter entfernt als die Sonne vom Mond. Es ist mitunter ermüdend ständig diese glatt gebügelten Gesichter zu sehen. Das hat doch keinen Sinn, wenn man sich tatsächlich eines Tages treffen will. Aber was rege ich mich auf, so ist das heutzutage, da haben selbst hundertjährige Gesichter als wären sie frisch geschlüpft.

In der ersten Woche habe ich ein Match. Im Profil der Frau steht, dass sie nur Englisch spricht. Unverzüglich schreibe ich sie an und entschuldige mich dafür, dass ich kein Englisch spreche. Damit ist das Thema durch.

Sowohl in der zweiten als auch in der dritten Woche habe ich kein Match. Ab und zu schaue ich darum, wie sich die Frauen vor der Cam präsentieren. Auch hier erkennt man das Dilemma der aufgehübschten Bilder. Man erwartet dennoch, dass die Frau, die auf den Bildern zu erkennen ist auch die Frau ist, die ihre ganze Schlichtheit vor der Cam präsentiert. Aber Pustekuchen, ohne Weichzeichner und Bildbearbeitung sieht man oft einer sehr grausigen Wahrheit ins Auge. Oftmals kann man keinen Zusammenhang zwischen Profilfoto und dem Wesen vor der Kamera herstellen. Manchmal nur mit sehr viel Fantasie. Weiter zur nächsten Cam. Eine mittelmäßig attraktive Frau steht in einem Zimmer und bewegt sich hin und her. Möglicherweise handelt es sich um eine Tanzsimulation. Ab und zu liest sie, was irgendwer schreibt und sagt etwas dazu, was ihre ganze Dämlichkeit noch mehr unterstreicht. Ihre Freundin ist auch zu Besuch und wirkt ebenso zurückgeblieben wie die Tanzsimulation. Die Kommentare irgendwelcher Herren komplettieren das Dilemma, denn was diese Herren in knappen Worten von sich geben, tut durchaus weh. Eine ganze Generation komplett verlorener, möglicherweise verzweifelter Seelen gibt sich der stupiden Realität des Wahnsinns vor der Cam hin. Erwartungsfrohe Menschen hoffen auf diese Weise ihr Selbstwertgefühl aufzupolieren, der Mittelmäßigkeit des eigenen Daseins zu entfliehen und Freunde zu finden. Freunde, die große Liebe, Sinnlichkeit und wer weiß, was noch alles. Der Kampf gegen die Reizlosigkeit des eigenen Lebens endet brutal vor dem PC oder Laptop. Möglicherweise tippt und glotzt man sich zu einem fragwürdigen sexuellen Höhepunkt und schaut dabei bemitleidenswerten Frauen zu, die ihren Wert auf eine fragwürdige Weise steigern und an sich und ihre scheinbare Attraktivität glauben. Dies alles wirkt auf mich wie eine bizarre Parallelwelt, aber vermutlich bin ich derjenige, der in einem Paralleluniversum völlig ahnungslos und entgeistert seine Runde dreht. Natürlich habe ich auch in der vierten Testwoche kein einziges Match.

Lovoo bildet den krönenden Abschluss meines diesjährigen Ausflugs in die Welt der Dating-Apps. Ich werde nicht mehr wiederkehren, weil Lovoo eine Welt abbildet in der kein Platz für mich ist.

So endet der große Dating-App Test 2021 mit der Erkenntnis, dass ich sehr viel Zeit mit all den Apps verbringen kann, ohne tatsächlich wirklich gut unterhalten zu werden oder gar eine Frau kennenzulernen. Ich muss gestehen, dass ich froh bin, dass der Test vorbei ist und mich nun wieder in der realen Welt auf die Suche nach neuen Bekanntschaften machen kann. Noch immer überlege ich, ob ich nicht mal an ein paar Speeddatings teilnehmen sollte, wenn die irgendwann wieder im realen Leben erlaubt sein sollten. Im echten Leben bin ich nämlich noch viel uninteressanter und langweiliger als in der virtuellen Welt. Ich muss nur noch jemanden überreden mich zu begleiten, dann kann ich eine neue Testreihe starten. Das wird sicher richtig geil und unterhaltsam.

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