Wenn der Job nach dem Urlaub so frustrierend wie vor dem Urlaub ist

Am ersten Arbeitstag begrüßen mich 83 Mails und 54 Nachrichten im Teamforum. Schon beim Lesen und verarbeiten bin ich überfordert. Und es wird auch nicht besser. Mit zwei Maßnahmen bin ich maßlos überfordert und mache nichts weiter als Verwaltungsarbeiten. Ich schreibe zwei Berichte und weiß schon jetzt, dass ich mich immer weiter von dem Job distanziere. Vielleicht sollte ich mir einen Job als Verwaltungskraft suchen, aber selbst das würde mich überfordern. Wir verwalten und dokumentieren uns in die Unendlichkeit. Die Arbeit mit den Teilnehmern ist längst zum Nebenprodukt verkommen, entscheidend sind Berichte. Einen solchen verstümmle ich fast bis zur Unkenntlichkeit. Zu viel Wahrheit will keiner lesen und wird nicht bezahlt. Und wer glaubt schon einem Arbeitslosen, wenn er sagt, dass das alles ganz anders war? Niemand. Also weiter die Wahrheit dehnen. Leider habe ich noch ein paar Skrupel und ändere nicht alles. Klar ist auch, dass ich zu langsam arbeite und Prioritäten falsch setze. Ich bin nicht einmal durchschnittlich, ich bin eine Katastrophe. Das hat der Arbeitgeber bei dem ich mich kürzlich beworben habe schon an meinen Bewerbungsunterlagen gesehen, weshalb ich nun seine Absage lesen darf. Ich hätte mich auch nicht eingestellt und kann dem Arbeitgeber zu so viel Weitsicht nur gratulieren. Gleichzeitig unterstreicht die Absage in welchem Dilemma ich stecke. Blöd ist auch, dass ich bockig werde, wenn es nicht läuft, wie ich es will. Gut ist, dass das außer mir niemand ertragen muss, weil ich keine Kollegen vor Ort habe. Bis zum Ende des Tages suche ich weder nach Stellen, noch coache ich irgendwen, ich verwalte stupide vor mich hin.

Am Mittwoch, etwa eine Stunde vor Feierabend, erfahre ich, dass ich künftig an zwei Tagen an einem anderen Standort eingesetzt werde. Da ich mehr als 22 Teilnehmer zu betreuen habe, werden mir die Teilnehmer ab Nummer 23 weggenommen. Dummerweise aber vom aktuellen Standort, nicht von der Maßnahme, die ich einfach Scheiße finde. Es bleibt bei zwei Maßnahmen und somit auch bei meiner Überforderung. In zwei Wochen ist Präsenzpflicht und die Teilnehmer müssen nach negativem Corona-Test wieder zu uns kommen. Ich bin zwar für Präsenz, aber der andere Standort wird mir dennoch nicht gefallen. Ich gebe mir drei Wochen, dann muss ich entscheiden, ob ich das ertrage oder da nicht mehr hingehe. Woanders wird es vermutlich auch totale Scheiße sein, aber nächsten Monat mache ich den Job seit fünf Jahren. Vielleicht ist das auch einfach genug.

Anstatt weiter zu arbeiten, suche ich nach Jobs für mich und finde drei Stellen, die mich interessieren. Zweimal als Jobcoach, einmal als Hauswart. Leider ist die Stelle als Hauswart nur ein Minijob, aber auf die anderen Stellen bewerbe ich mich morgen sofort. Etwa fünf Minuten bevor der Arbeitstag endet, schaue ich nochmal durch die Anweisungen und Pläne und stelle fest, dass ich heute eine Neukundin hätte anrufen müssen. Normalerweise macht mich so ein Fehler voll nervös und es belastet mich, dass ich meine Arbeit nicht richtig gemacht, in diesem Fall sogar gar nicht, gemacht habe. Zu meiner Verwunderung ist es mir total egal, fast als ginge mich das nichts mehr an. Als ich gerade den Laptop herunterfahren will, kommt noch eine Mail. Eine Teilnehmerin möchte nochmal mit mir sprechen. Auch das ist mir egal, denn ich habe jetzt Feierabend. Es ist nicht lange her, da hätte ich da auf jeden Fall noch angerufen. Jetzt geht es mich nichts an, weil es außerhalb meiner Dienstzeit liegt.

Auf der Rückfahrt überlege ich, ob das vielleicht nur ein extremer Fall von Bockigkeit ist unter dem ich leide, oder ob es dieses Mal anders und auch wirklich berechtigt ist, dass ich so angepisst und frustriert bin. Vielleicht wird es am anderen Standort nicht so Scheiße, wie ich es mir vorstelle. So wirklich glauben kann ich das allerdings nicht, und das nicht nur, weil dort schon so viele Mitarbeiter nach kurzer Zeit wieder gekündigt haben. Wir haben zwar schon immer einen großen Verschleiß an Mitarbeitern, aber die Maßnahme schießt den Vogel ab. Ich glaube nicht, dass ich da arbeiten möchte, schon alleine deshalb nicht, weil da viel zu viele Leute sind. Chaos, Durcheinander, fragwürdige Strukturen, alles nichts für mich. Bis Ende des Monats versuche ich es, dann weiß ich, wie schlimm es wirklich ist. Was aber jetzt schon klar ist und nichts mit meiner Patzigkeit zu tun hat ist die Tatsache, dass ich mich nicht um zwei Maßnahmen gleichzeitig kümmern kann. Da bin ich ebenso überfordert wie ein Kamel, welches versucht einen Kaugummi aus einem Kaugummiautomat zu bekommen

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