Viele Jahre lebte ich in dem Glauben, dass ich der Maßnahmeleiter bin. Manchmal führte ich mich vermutlich sogar auf wie ein Maßnahmeleiter. Dabei war ich es zu keinem Zeitpunkt. Und wenn mein neuer Kollege Jörg bei seinem Vorstellungsgespräch die Chefin nicht gefragt hätte, wer denn bei uns am Standort der Maßnahmeleiter ist und mir nicht heute von dem Gespräch berichtet hätte, würde ich noch immer glauben, dass ich es sei. Doch das bin ich gar nicht, denn die Chefin antwortete, dass es keinen Maßnahmeleiter gibt. Ich muss zwar die Rolle derzeit mit ausüben, bin es aber nicht. Jahrelang bildete ich mir ein ich sei die Maßnahmeleitung, war und bin aber nur ein Stellvertreter. Wieso erfahre ich das erst jetzt und wieso nur durch Zufall? Das hätte man mir doch ruhig sagen können. Ebenso bin ich der Stellvertreter der Verwaltungskraft. Auch das habe ich natürlich nicht gewusst, obwohl es eigentlich logisch ist. Es steht schließlich in der internen Datenbank, dass ich lediglich Jobcoach bin, da hätte mir schon der Gedanke kommen können, nein, kommen müssen, dass ich gar nicht der Maßnahmeleiter oder die Verwaltungskraft sein kann, denn bei allen andere steht halt, dass sie dieses oder jenes sind. Allerdings finde ich, dass in meinem Profil stehen sollte, dass ich Stellvertreter bin. Es muss da nicht stehen, wen ich alles vertrete, aber unter meinem Namen sollte Jobcoach und Stellvertreter stehen.
Ich wüsste natürlich schon irgendwie gerne, wen ich vertrete, um mich mit der Person auch mal absprechen und austauschen zu können, ob ich alles anständig mache, aber da die Maßnahmeleitung noch unbekannt ist, geht das nicht. Vielleicht kann Jörg die Leitung in absehbarer Zeit übernehmen, wenn er sich eingearbeitet hat. Bis es soweit ist, könnte er während meines nächsten Urlaubs Stellvertreter des Stellvertreters sein, allerdings glaube ich, dass in meinem nächsten Urlaub Örge die Stellvertreterin des Stellvertreters ist. Wobei das noch nicht final geklärt zu sein scheint. Ich halte es allerdings für sinnvoller, wenn Örge das noch einmal übernimmt, bevor Jörg im nächsten Jahr zunächst mein Stellvertreter wird und dann die Maßnahmeleitung übernimmt, damit ich weiß, wessen Stellvertreter ich bin. Das klingt irgendwie vernünftig. Da er allerdings keinen Verwaltungszugang bekommen hat, wird er sicher nicht der Stellvertreter des Stellvertreters der Verwaltungskraft und erst Recht nicht die Verwaltungskraft des Standorts werden.
Ich werde sicher eine Weile brauchen, um das alles zu verstehen und muss herausfinden, wieso ich davon ausgegangen bin, dass ich Maßnahmeleiter war, obwohl ich seit Jahren nur der Stellvertreter von zwei anderen bin. Ich glaube, in Zukunft möchte ich mit Stellvertreter angesprochen werden. Was kann ich für Sie tun, Herr Stellvertreter? Das klingt irgendwie schön und ich werde, wenn ich irgendwann nach meinem Job gefragt werde, antworten, dass ich Stellvertreter bin. Das klingt irgendwie geheimnisvoll und macht mich sicher interessanter als ich es bin. Das gefällt mir irgendwie. Der Stellvertreter geht nun duschen.
Hallo Herr Stellvertreter,
Stellvertretend für viele Leser, die diesen Beitrag vielleicht garnicht lesen werden, möchte ich meinen Dank zum Ausdruck bringen. Ein Stellvertreter leistet wichtige Arbeit und muss sich auch erstmal als Stellvertreter qualifizieren! Stellvertretend für all die geprüften Stellvertreter, die einen guten Job machen, rufe ich respektvoll aus: „weiter so!“
Grüße, Sabine
Der Stellvertreter dankt für den Dank und die freundlichen Worte. 🙂
Ich mache dann jetzt mal weiter …