Tätowierte Muskeln

Als ich in die Umkleidekabine im Fitnessstudio komme, finde ich keinen freien Platz und muss daher neben einem tätowierten Muskelberg Platz nehmen. Weil ich einen guten Tag habe, grüße ich den tätowierten Muskelberg. Ob dieser mich zur Kenntnis nimmt, mich komplett übersieht oder bewusst ignoriert, kann ich nicht sagen. Jedenfalls grüßt er nicht zurück und bewegt sich scheinbar unschlüssig an seinem Platz herum. Ob er auch gerade erschienen ist und trainieren will, oder ob er schon trainiert hat und gleich nach Hause will, kann ich nicht erkennen. Ob er selbst es weiß, ist schwer zu sagen. Irgendwas jedenfalls treibt ihn an, denn nun geht er ein wenig durch den Umkleideraum. Vielleiht sucht er etwas, vielleicht hat er die auch nur die Orientierung verloren und weiß nicht, wo er ist. Vielleicht irritiert es ihn auch, dass ein dünner, muskelloser Mann sich in der Umkleide, wo eigentlich nur Männer mit Muskeln sein sollten. Möglicherweise verkraftet er es nicht und überlegt, ob er am falschen Ort ist. Da ich ihm nicht helfen kann, verlasse ich den Umkleideraum und den verwirrten Muskelberg. Ich gehe davon aus, dass der tätowierte Muskelberg in absehbarer Zeit herausfinden wird, wo er ist und wohin er will. Sollte er nach meinem Training noch immer verwirrt durch die Umkleidekabine gehen, werde ich ihm selbstverständlich meine Hilfe anbieten. Vielleicht sind tätowierte Muskeln auch keine Lösung.

Nachdem ich mein Pseudo-Training beendet habe und zurück in die Umkleide kehre, ist der Muskelberg verschwunden, was ich irgendwie beruhigend finde.

2 Kommentare

  1. Wahrlich, das ist doch eine bedeutende Erkenntnis, daß tätowierte Muskeln auch keine Lösung sind! Aber sind gar keine Muskeln, werter Doktor, nicht auch keine Lösung?

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