Boente’s 80’s & 90’s

Pünktlich um 20.00 Uhr stelle ich das Coupé in der Tiefgarage ab und gehe rüber zu Boente. Kirsten ist noch nicht da, so dass ich ein paar Minuten auf und ab gehen kann. Wenige Augenblicke später taucht Kirsten auf, ganz in schwarz gekleidet und wirklich ein schöner Anblick. Sie weiß wirklich, wie man sich vorteilhaft anzieht. Schade, dass von meiner Attraktivität, die ich vor zwanzig Jahren an guten Tagen vorweisen konnte, die mir aber nicht bewusst war, nichts mehr übrig ist. So bilden wir jetzt das Team, die Attraktive und der Abgetakelte. Sie sieht für unsere Altersklasse absolut frisch aus, ich präsentiere die Altersklasse perfekt, wenn man mich näher betrachtet. Aus gewisser Entfernung geht es vermutlich noch. Die Dunkelheit ist mein größter Freund, aber wirklich dunkel ist es leider nicht. Wir verzichten auf die Begrüßungsumarmung, was ich sehr vernünftig finde, dann bezahlen wir den Eintritt und betreten den Biergrten. Für den Biergarten ist es uns zu frisch, weshalb wir direkt rein gehen. Es ist verdammt leer und wir finden in der Nähe der Tanzfläche einen Platz, bestellen etwas zu trinken und plaudern, natürlich über Arbeit und Kollegen. Zu sechst hätten wir hier sein können, aber Sissi hat sich kurzfristig mit Kopfschmerzen abgemeldet, Jörg ist übers Wochenende zur Ostsee und die beiden anderen aus unserer Gruppe, haben sich gar nicht gemeldet. Kirsten vermutet, dass die beiden nichts mehr mit uns zu tun haben wollen und meint, wir sollten sie aus der WhatsApp-Gruppe werfen. Ich weise sie darauf hin, dass Jens die Gruppe gegründet hat, weshalb sie vorschlägt, dass wir morgen die Gruppe verlassen und eine neue gründen. Das klingt witzig und sinnvoll, aber wen nehmen wir in der Gruppe auf außer Sissi. Darüber können wir uns demnächst mal Gedanken machen. Als ich wenig später die Getränke, ohne weiter nachzudenken bezahlt habe, denke ich kurz darüber nach, ob das so eine gute Idee war, denn es könnte ja vermitteln, dass ich dafür später eine Gegenleistung will, weil das ja oft so sein soll, wenn der Mann zahlt. Da ich es jetzt nicht mehr ändern kann, müssen wir damit leben. Wir reden über meine Parfumsammlung und sie sagt, dass sie noch nie Parfum an mir wahrgenommen hat, auch jetzt nicht. Sehr überraschend, denn ich dachte, dass man meinen Duft als erstes von mir wahrnimmt. Nach dem Motto: Der riecht gut, aber ist ansonsten eher nicht so der Hit. Vielleicht ist ihre Nase nicht empfänglich für meine Düfte. Ab 21.00 Uhr muss man mit Wertmarken bezahlen. Wertmarken kaufen und dann damit bezahlen fand ich schon immer bescheuert. Umweltfreundlich ist der Blödsinn sicher auch nicht. Da es an der Tanzfläche, die noch immer leer ist, zu laut ist, stellen wir uns woanders hin. Doch auch hier ist eine Unterhaltung schwierig. Wie ich es früher häufig tat, wenn ich Leute merkwürdiger als den Durchschnitt fand, weist mich Kirsten immer wieder mal auf besonders skurrile Figuren dieser Veranstaltung hin. Bei einer Frau fragt sie sich, welche Körbchengröße die wohl hat, denn die Frau scheint nur aus Brüsten zu bestehen, was gesundheitlich sicher Beschwerden verursacht, wie wir vermuten. Ich darf allerdings nicht nachfragen, welche Körbchengröße die Frau hat. Kirsten traut mir scheinbar zu, dass ich das tatsächlich machen würde, nachdem ich angeboten habe, die Frau danach zu fragen. Dabei spreche ich keine fremden Frauen an, sondern will nur witzig sein. Nach einer Weile gesellt sich ein mit Kirsten befreundetes Paar zu uns. Die beiden hatte Kirsten vorab über die Party informiert und sie haben dann entschieden, dass sie auch kommen. Beide stellen sich mir namentlich vor, doch ihren Namen vergesse ich direkt wieder, den des Mannes nach ein paar Minuten. Wird auch ohne Namen gehen. Der Mann gibt mir ein Wasser aus, weil er das möchte und ich keine Wertmarken gekauft habe. Ich bedanke mich, wechsle hin und wieder ein paar Sätze mit ihm, während Kirsten und die beiden sich zwischendurch immer wieder länger unterhalten, wovon ich aber fast nichts verstehe, weil es zu laut ist. Das Publikum ist anfangs eine optische Offenbarung. Mich kann meine Altersklasse, die anfangs zahlreicher vertreten ist, optisch nicht begeistern. Hatte ich früher Momente, wo ich dachte, dass ich optisch nicht ganz zu meiner Altersklasse passe, so ist das heute anders. Ich bin Teil der gealterten Masse und man sieht es mir direkt an. Da kann ich noch so viel Parfum auftragen, Kokosöl in mein Gesicht schmieren und mir die Haare färben. Ich bin Teil der grauen Trostlosigkeit. Hin und wieder gibt es allerdings optische Aufhellungen, was auch daran liegt, dass nach und nach jüngere Menschen eingetroffen sind. Viele der Frauen, die heute hier sind, haben ziemliches Übergewicht, was aber keine Bedeutung für den Rest des Abends haben wird. Abgesehen davon, dass später eine sehr große und kräftige Frau neben mir tanzen und die Sicht versperren wird. Das ist für mich natürlich blöd, für alle, die mich dadurch nicht mehr sehen, aber gut. Der Mann, dessen Namen ich vergessen habe, will mir noch ein Wasser ausgeben, was mir peinlich ist, weshalb ich ihm das auch sage. Ist ihm egal. Daher sage ich nichts weiter und lasse mir noch ein Wasser bringen. Dieser soziale Aspekt geht mir völlig ab. Ich gehe nicht für andere los, um Getränke zu besorgen. Kirsten hat gute Laune, das Bier scheint sie lockerer gemacht zu haben und irgendwann geht sie tanzen. Ich stehe weiter, so wie ich es auch früher immer machte, einfach so da, bewege mich höchstens, um mich anders hinzustellen, und beobachte das Geschehen. Dabei verspüre ich nicht das geringste Bedürfnis, irgendeine Frau kennenzulernen, obwohl einige schon recht attraktiv und schön anzuschauen sind. Neben mir macht sich eine Frau, die ich, wegen ihres markanten Gesichts, erst für einen Mann gehalten habe, die Schuhe zu. Ich grinse sie dümmlich an, sie lächelt zurück. Mehr bin ich heute nicht bereit zu tun, um auf mich aufmerksam zu machen. Mehr Aufmerksamkeit schenkt mir auch für den Rest des Abends keine der mir unbekannten, anwesenden Frauen, was ich ihnen nicht verübeln kann und sehr vernünftig finde. Kirsten macht eine Tanzpause, erzählt mir ein paar Anekdoten aus ihrer Jugend und fragt, ob mir nicht langweilig ist, weil ich nur rumstehe, was ich verneine, weil ich das immer so mache bzw. gemacht habe. Einfach dastehen und gucken, fast ohne Regung. Heute verzichte ich allerdings bewusst darauf, die Arme zu verschränken. Im Bewusstsein meiner optischen Durchschnittlichkeit stehe ich weiter neben Kirsten, die optisch wirklich gelungen ist und ein entzückendes Lachen hat. Sie war bestimmt schon immer ein Hingucker und das ist ihr sicher auch bewusst. Einigen Männern, die an uns vorbeigehen, ist das auch aufgefallen, denn sie wird öfter mal länger betrachtet und von einem gut aussehenden Typen auch angelächelt. Es kommt eben doch darauf an, dass man die richtige Ausstrahlung hat. Es ist übrigens noch gar nicht lange her, da hatte ich vollkommen ausgeschlossen, dass wir zwei Mal zusammen zu einer solchen Party oder überhaupt nochmal gemeinsam ausgehen würden. So kann ich mich irren, was aber vollkommen okay für mich ist, da ich über keine besondere Menschenkenntnis verfüge und ein sehr merkwürdiger Mann bin.
Die Musik wird irgendwie merkwürdiger, Ballermann Hits könnte man es nennen, und das teilweise grölende Publikum, lässt die Worte Bauerndisko und Dorfdisko, durch meinen Kopf wandern. Auch die drei anderen finden es jetzt etwas fragwürdig und Kirsten weist mich darauf hin, dass viele Übergewichtige hier sind. Später fragt sie nochmal, ob ich mich nicht langweile, weil ich einfach nur so rumstehe. Ich weise sie darauf hin, dass ich das über dreißig Jahre geübt habe und es mir gar nichts ausmacht. Sie findet die Antwort einigermaßen witzig, was mir absolut ausreicht. Dank des Paares ohne Namen und meiner gelegentlich witzigen Antworten, scheint sie sich nicht zu langweilen, was ich gut finde, denn ich möchte nicht dafür verantwortlich sein, dass sich jemand langweilt. Zumindest möchte ich es meistens nicht, manchmal ist es mir egal. Auf den Stufen uns gegenüber stehen um die zehn Männer, die einfach nur die Gegend beobachten. Ich finde das amüsant, weil ich mich da auch prima zustellen könnte, um Teil einer glotzenden Gruppe zu sein. Männer sind auch komische Konstruktionen. Es ist bereits nach Mitternacht, was mich sehr überrascht, denn um diese Zeit liege ich normalerweise längst im Bett. Kirsten tanzt noch eine Runde und ich spüre, wie mich die Müdigkeit total überrollt. Stehen fällt mir schwer und als Kirsten ausgetanzt hat, verabschiede ich mich, weil ich einfach keine Energie mehr habe. Sie deutet noch an, dass wir telefonieren werden, was ich merkwürdig finde, da wir außer im Büro nicht miteinander telefonieren. Vielleicht meint sie ja das nächste Bürotelefonat; ich bin zu müde, um mich da weiter mit zu beschäftigen. Der Weg zum Biergarten und weiter zur Tiefgarage ist in meinem müden Zustand echt schwierig. Ich nehme alles nur so nebenher wahr und frage mich, wie ich so Auto fahren soll Es ist 00.40 Uhr und ich hätte gerne eine Banane, habe aber nur Mr. Tom dabei. Sechs Euro hat das Parken gekostet, was ich durchaus unverschämt finde. Die Rückfahrt wird trotz Navy etwas konfus, denn als ich höre, dass ich irgendwann links abbiegen soll, will ich sofort abbiegen, stehe an einer Ampel und sehe auf dem Smartphone, dass es die falsche Straße ist und ich noch weiter geradeaus muss. Also fahre ich einfach weiter, von der linken Spur schräg geradeaus. Dann will ich geradeaus, als ich abbiegen muss und biege von der rechten Spur aus links ab, obwohl es für Linksabbieger rot ist. Aber vermutlich nur für Linksabbieger, welche die Abbiegespur nutzen. Da ich schon mitten auf der Kreuzung, aber nicht auf der Abbiegespur bin, gilt das für mich sicher nicht, weshalb das Abbiegen sicher ordnungsgemäß war, nur etwas komisch. Zum Glück ist außer mir niemand im Kreuzungsbereich unterwegs gewesen, was ich immerhin noch wahrgenommen habe. Im Kreisverkehr nehme ich die falsche Ausfahrt und fahre einen Kilometer zum nächsten Kreisverkehr, um von dort wieder zurückzufahren. Es ist einfach zu dunkel und ich bin viel zu müde. Endlich aus der Stadt esse ich den Mr. Tom Riegel, was aber auch nicht wirklich hilft. Es ist bereits nach 01.00 Uhr als ich endlich zu Hause bin. Noch Zähne putzen, obwohl ich dazu zu müde bin, dann endlich ins Bett. Ich bin einfach nicht für solche Partys gemacht. Ich fand den Ausflug dennoch eine nette Abwechslung, finde aber nicht, dass man diese Party ein zweites Mal braucht. Zumindest ich nicht. Ob das meine letzte Party war kann ich nicht sagen, möglich ist es aber durchaus. Irgendwann endet halt alles und mein Plan, dass ich noch einmal an so einer Veranstaltung teilnehme, ist nun umgesetzt worden. Mehr kann ein Mann meines Formats wirklich nicht verlangen.

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