Außergewöhnlicher Freitagabend

Während ich mich in einen manierlichen Zustand bringe, frage ich mich, wann ich zuletzt an einem Freitagabend alleine ausgegangen bin. Es muss ewig her sein, hat aber mit dem heutigen Abend nichts zu tun. Dennoch interessant, dass ich mir gerade jetzt darüber Gedanken mache. Da ich es nicht gewohnt bin, an einem Freitagabend auszugehen, sind die Abläufe natürlich etwas ungewohnt. Nachdem ich mich frisch gemacht habe, ziehe ich meine Ausgehjeans an, trage Parfum, Le Male Elixier, auf und schlüpfe in meine Lederschuhe. Ich glaube, das ist das richtige Outfit für einen Freitagabend. Die Jacke überzeugt mich allerdings nicht wirklich, aber für diese Jahreszeit habe ich derzeit keine wirklich schöne Jacke in meinem Schrank. Da muss ich unbedingt bei Gelegenheit nachbessern. Auf einen Schal verzichte ich heute.

Die Anreise dauert etwa 30 Minuten, ich parke in einer Nebenstraße und bin gegen 19.30 Uhr am Ziel. Es ist wenig los und ich gehe nicht davon aus, dass sich daran nicht viel ändern wird. Ich mag es, wenn es nicht voll ist. Die junge Frau am Empfang sieht gut aus und ist nett. Sie ist aber heute nicht für mich zuständig. Einen Moment muss ich noch im Wartebereich warten, dann werde ich von einer anderen jungen Frau abgeholt und ins Zimmer begleitet. Die Frau ist ebenfalls attraktiv und vermutlich sogar jünger als die Frau am Empfang. Ich mache es mir in dem Zimmer bequem, gleich ist es soweit. Der Fernseher läuft, vermutlich, um einem die Nervosität zu nehmen und etwas abzulenken. Finde ich sehr vernünftig. An der Decke befindet sich ein zweiter Fernseher, so dass man, wenn man es sich gemütlich gemacht hat, auch etwas schauen kann. Allerdings läuft dort ein anderes Programm, was mich aber nicht weiter stört. Ich finde die Regelung mit den beiden Fernsehern durchaus vernünftig, bin aber nicht zum Fernsehen hier. Dann ist es auch schon soweit, die junge Frau beugt sich zu mir rüber, ich öffne den Mund und sie macht sich daran, die provisorische Krone zu entfernen, was nicht auf Anhieb gelingt. Mit dem passenden Werkzeug klappt es dann kurze Zeit später doch. Der Zahnarzt, nicht der, der den Zahn abgeschliffen hat, kommt herein, schaut, ob die neue Krone ordentlich sitzt, schleift sie ein wenig ab und teilt mir mit, dass er sie noch nicht einkleben wird, da ich erst ein paar Tage testen kann, ob ich mit der Krone, vor allem der Farbe, zufrieden bin. Das hat man mir noch nie angeboten. Da ich es mag, wenn Dinge direkt fertiggestellt werden, lehne ich den Vorschlag dankend ab und möchte, nachdem ich die Arbeit im Spiegel betrachtet habe, dass die Krone direkt geklebt wird. Zu meiner Überraschung ist dafür die junge Frau zuständig. Auch das kannte ich nicht, dass der Zahnarzt so etwas nicht selber macht. Wenige Augenblicke später ist die Krone fest und zum ersten Mal seit vielen Jahren ist Zahn 24 optisch in einem wirklich guten Zustand. Die Rechnung wird mir zugeschickt und auch wenn mir die Praxis zu weit weg ist, werde ich vermutlich wiederkommen, denn außer der Entfernung habe ich bisher nichts zu bemängeln.

Wenig später verlasse ich die Praxis und bin überzeugt davon, dass mich diese Kleinigkeit optisch aufwertet und meinen Restwert zumindest vorübergehend erhöht, auch wenn außer mir vermutlich niemand bemerken wird, was aus Zahn 24 geworden ist. Kurzzeitig bilde ich mir ein, dass ich für mein Alter und meinen Zustand recht manierlich aussehe, gut angezogen bin, gut rieche und bei einem Date sicher nicht so schlecht ankommen würde. Bevor ich überheblich werde und irgendwas merkwürdiges anstelle, klettere ich ins Coupé und fahre nach Hause. Erst leuchtet die Tankanzeige nur, was mich nicht weiter stört, dann fängt sie an zu blinken, was mich, da ich noch ein paar Kilometer vor mir habe, durchaus etwas zweifeln lässt, ob ich nicht doch hätte eher tanken sollen. Letztlich komme ich aber problemlos zur Tankstelle, tanke voll und setze die Fahrt routiniert fort. Mein Hochgefühl, dass ich für mein Alter in einem guten Zustand bin, ist mittlerweile verflogen und so lasse ich den durchaus außergewöhnlichen Abend später mit einem Film ausklingen, weil ich Filme gucken am besten kann.

4 Kommentare

  1. Spannender Beginn, ich war tatsächlich auf alles gefasst…. Wie ist der Morgen danach gewesen? Ist alles beim Alten oder habe andere Hochgefühle eingesetzt? Es freut mich, dass das mit der Krone erfolgreich war und staune weiterhin. 🙂

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