Schnee 2021

Schnee in dieser Menge hatte ich tatsächlich nicht mehr für möglich gehalten. Und auch, wenn es optisch ein schöner Anblick ist, so kann ich mich nur kurz begeistern, weil ich weiß, dass ich am Dienstag wieder arbeiten muss und nichts dafür spricht, dass der Schnee bis dahin wieder weg ist.

Am Montag sage ich zunächst einen meiner traditionellen Arzttermine ab und versuche etwas später mein Coupé vom Schnee zu befreien. Lediglich die Seitenscheiben und die halbe Motorhaube bekomme ich mit meinem Handfeger frei, während ich im Schnee versinke und ziemlich friere. So kann ich nicht arbeiten, weshalb ich die Arbeit beende. Selbst wenn ich im Laufe des Tages das ganze Coupé vom Schnee befreien kann, werde ich niemals von diesem Parkplatz runterkommen. Durchgefroren und enttäuscht kehre ich zurück in meine Wohnung. Ich brauche einen Plan, wie ich morgen zur Arbeit komme. Eine Busfahrt scheint die einzige Möglichkeit zu sein, doch ob morgen schon Busse fahren ist ungewiss. Im Bus müsste ich um kurz nach halb sieben sitzen, einmal umsteigen und wäre nach etwa einer Stunde am Ziel. Was der Spaß kostet, weiß ich nicht. Eine Alternative sehe ich gerade nicht. Weil ich das irgendwie frustrierend finde, frage ich bei der Hausverwaltung nach, ob der Hof vom Schnee befreit wird. Das ist nicht vorgesehen, das müssen wir schon selber machen. Da außer mir niemand von den Bewohnern dieses Hauses sein Auto auf dem Parkplatz abgestellt hat, kann ich das wohl vergessen. Also schaue etwas ratlos durchs Badezimmerfenster auf den Hof. Ein Mieter des Nebenhauses hat seinen Wagen aus der Garage geholt und vor der Garage artig den Schnee weggeschippt. Nun steht er in der Zufahrt und kommt weder vor noch zurück. Minutenlang versucht er es, dann holt er irgendwas aus der Garage und beginnt vor seinem Fahrzeug etwas zu tun. Wenige Minuten später fährt er vom Hof, nur um maximal zehn Minuten später seinen Wagen wieder in die Garage zu fahren. Menschen sind schon komische Wesen. Ich rufe im Büro an und klage mein Leid. Zu meiner Überraschung fragt man mich, ob es okay ist, wenn ich einen Tag im Home Office arbeite. Das kriege ich hin, denke ich. Somit muss ich erst ab Mittwoch mit dem Bus fahren. Das ist zwar trotzdem Scheiße, aber vermutlich alternativlos, denn draußen schneit es einfach weiter. Der Schnee interessiert sich nämlich nicht dafür, ob und wie ich zur Arbeit komme. Ich denke, Schnee ist nichts weiter als ein weißes Arschloch.

Am frühen Nachmittag mache ich einen Spaziergang mit Manni, der zunächst vorgeschlagen hatte, dass wir mit dem Auto irgendwo hinfahren. Da ich es völlig unnötig und bedenklich finde, bei dem Wetter Auto zu fahren, gehen wir vor Ort eine Runde. Unterwegs treffen wir auf Petra, die Schnee vor ihrer Wohnung beseitigt, was ich sehr anständig finde. Da ich nach dem Spaziergang noch fit bin, entferne ich den Schnee komplett von meinem Coupé. Das Eis bekomme ich zunächst nicht von den Scheiben, weil ich meinen Eiskratzer nicht finde und langsam müde werde. Möglicherweise haben mich der Spaziergang und die Aktion den Schnee vom Coupé zu entfernen, erschöpft. Bevor ich zurück in meine Wohnung gehe, spreche ich noch mit einer Nachbarin, die einen Parkplatz mit einem Schneeschieber vom Schnee befreit. Auf meine Nachfrage erfahre ich von ihr, dass sie den Schneeschieber von der Apotheke geliehen hat. Das ist prima, dann leihe ich mir den morgen, wenn ich mich erholt habe, auch aus. Weil ich gerade da bin, erfahre ich von der Nachbarin noch, dass sie bald auszieht. In ihrer Wohnung wächst und gedeiht der Schimmel, was ich irgendwie gruselig finde. Ich fürchte, dass unter mir dann Leute einziehen, die einfach nur nerven. So wie die Nachbarn neben mir. Interessant finde ich auch, dass ich dachte, dass meine Nachbarin aus der Wohnung unter mir ganz anders aussieht. Ich kann mir echt keine Gesichter merken. Zeit in meine Wohnung zurückzukehren und über den Tag nachzudenken.

Obwohl ich ziemlich erledigt bin, weil ich vermutlich viel zu wenig getrunken habe, kann ich nicht lange in der Wohnung bleiben, sondern gehe wieder runter, um zunächst die Fenster des Coupés mit dem Eiskratzer, den ich im Handschuhfach finde, vom Eis zu befreien. Mein Kreislauf signalisiert mir schon bald, dass ich eine Pause brauche und zurück in die Wohnung gehen soll, doch ich habe einen anderen Plan. Also leihe ich mir den Schneeschieber aus der Apotheke und lege los. Doch schon nach zwei Minuten schwitze ich und beginne zu zittern. Und das nicht nur, weil Schneeschieben anstrengend ist. Ich hätte auf meinen Körper hören sollen, doch jetzt ist es zu spät, denn aufhören ist keine Option und wäre peinlich. Irgendwann geht es mir so mies, dass ich mich kaum auf den Beinen halten kann und auch nicht mehr wirklich sehe, was ich tue. Wenig später liegt ein Haufen Schnee neben dem Coupé. Dieser Haufen wird definitiv im Weg sein, wenn ich raus will. Normalerweise müsste ich das korrigieren, aber mittlerweile zittern meine Hände dermaßen, dass ich aufhören muss. Ich zittere allerdings nicht vor Kälte, im Gegenteil, ich bin komplett nassgeschwitzt. Mit letzter Kraft bringe den Schneeschieber zurück in die Apotheke. Meine Wohnung erreiche ich in einem fragwürdigen und völlig nassgeschwitzten Zustand. Ich gehe direkt duschen und bin froh, dass ich nicht umfalle. Weil mein Kreislauf völlig außer Rand und Band zu sein scheint, trinke ich rasch eine Ingwer Schüttel-Limo und mache mir eine vegetarische Gulaschsuppe warm. Ich esse diese auf und muss mich dann hinlegen, weil mein Körper immer noch komplett zittert und ich mich kaum auf den Beinen halten kann. Ich liege auf meiner Heizdecke und ganz langsam geht es mir wieder besser. Das war wahrlich keine kluge Vorgehensweise, aber zum Glück ist es jetzt vorbei.

Gegen 22.00 Uhr schreien sich die Nachbarn plötzlich an. Ich weiß nicht, um was es geht, aber nach der Aktion wird weiter laut diskutiert. Einer der Typen singt zwischendurch immer wieder, während sich zwei andere unterhalten. Dann schreit der Sänger wieder was und wird immer merkwürdiger. Es klingt auch immer mal so als würden die in der Wohnung etwas verrücken. Das ist einfach ncht zu ertragen. Noch nie hatte ich dermaßen laute Nachbarn. Das Singen klingt immer mehr nach lallen, weshalb ich denke, dass der der Nachbar betrunken ist. Besser macht es die Situation nicht. Zu meiner Überraschung werden die Nachbarn um kurz nach 23.00 Uhr ruhiger. Vielleicht sind sie kurz eingeschlafen. Doch immer wieder dringen auch später noch Geräusche zu mir rüber, so dass ich mit Ohrenstöpseln schlafen muss. Ich bin schon gespannt, wie mein erster Tag Heimarbeit werden wird und wie sehr sich die Nachbarn daran beteiligen werden.

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