Zell – Tag 2

Was mich in der Nacht besonders irritiert ist die Tatsache, dass ich meine Nachbarin nicht stöhnen höre. Sonst höre ich sie mehrmals am Tag, hier im Urlaub herrscht diesbezüglich Ruhe. Es wäre auch äußerst verwunderlich, wann ich sie auch hier hören würde. Ich glaube, mir gefällt es, dass ich sie nicht höre. Dafür höre ich aber irgendwelche Geräusche aus dem Nebenzimmer, weshalb ich mit Ohrenstöpseln schlafe. Ich mag Ohrenstöpsel aber nicht, weil sie die Atmung irgendwie einschränken, aber ich brauche Ruhe. Nachts wache ich mehrfach auf. Einmal ist es ein Alptraum, der mich weckt. Alpträume habe ich in letzter Zeit ziemlich häufig. Irgendwer schlich in diesem Traum durch mein Zimmer im Traum, weshalb ich erschrocken aufwachte. Im Zimmer ist es nicht wirklich dunkel, weil in der Steckdose irgendeine Dose für W-Lan blau leuchtet. Keine Ahnung, was ich davon halten soll. Später träume ich wieder von intensivem Sex. Diese Sexträume habe ich ständig, seit ich die Nachbarin mehrmals täglich stöhnen höre. Möglicherweise werde ich von diesen Geräuschen Notgeil, was mir ganz und gar nicht weiter hilft.

Nach einem dürftigen Frühstück mache ich einen Spaziergang in meinen neuen Schuhen, die ich mir extra am Samstag gekauft habe, weil ich nur noch Sneakers hatte und Sneakers auch keine Lösung sind. Insgesamt sehe ich heute recht manierlich aus, wie ich finde. Während ich so durch Zell wandere fällt mir auf, dass ich seit meiner Abfahrt gestern kaum Probleme mit dem lästigen Hustenreiz habe. Trotz der kalten Luft bekomme ich keine Hustenanfälle und dieses komische Gefühl im Hals ist auch kaum vorhanden. Entweder es liegt an der Luft hier oder es ist doch ein psychisches Problem mit meiner Gesundheit. Überhaupt bin ich hier weiterhin völlig entspannt und zufrieden. So sollte mein Leben immer sein, in einer schönen Gegend wandern, keine Verpflichtungen haben und keinen Kontakt zu Menschen. Ich werde mit dem Alter immer Eigenartiger, aber es fühlt sich gerade gut an. Ich habe gar keinen Druck, was äußerst selten vorkommt. Obwohl ich vor Mai 2021 nicht mehr in den Urlaub fahren werde, habe ich gerade Orte, die für meine Urlaube 2021 in Frage kommen, im Kopf. Lüneburg, Koblenz, Boppard, Bad Münstereifel. Sollte ich bis dahin noch nicht völlig verarmt oder verblödet und auch nicht gestorben sein, wird das sicher ein tolles Urlaubsjahr. Während ich langsam zurückgehe, weil ich in Kürze Nahrung zu mir nehmen muss, denke ich, dass ich mich frei fühle. Unbeschwert, ohne Druck, einfach frei. Sollte ich je zu Geld kommen, werde ich nur noch verreisen und vielleicht irgendwann einfach nicht mehr zurückkehren.

Das Mittagessen gestaltet sich dann typisch für mich etwas schwierig, denn nicht nur das chinesische Restaurant hat montags geschlossen, sondern auch das vietnamesische. Griechisch und türkisch mag ich nicht essen, die deutsche Küche ist grundsätzlich keine Option und auch sonst spricht mich nichts an. Giovanni´s Ristorante öffnet erst um 17.00 Uhr, weshalb ich mich auf den Weg mache, um mir in der Bäckerei Lohner’s belegte Brötchen zu holen. Mit zwei Salamibrötchen und drei nicht belegten Brötchen mache ich es mir später im Zimmer gemütlich und lasse mir zwei Salamibrötchen und ein trockenes Brötchen direkt schmecken. So gestärkt breche ich anschließend zu einer Wanderung auf. Ich entscheide mich für den steilen Aufstieg des Moselsteigs und während ich mich da hoch quäle und ziemlich aus der Puste komme, weiß ich, dass ich den Weg mit meinen Schuhen auf keinen Fall wieder hinabsteigen kann. Als ich oben ankomme, bin ich für eine Weile ziemlich außer Atem, fast als hätte ich Sport gemacht. Ich muss unbedingt mehr trainieren, sonst schaffe ich solche Ansteige bald nicht mehr. Die Aussicht ist großartig und ich verweile eine ganze Weile am Collis-Turm. Später während meines Abstiegs regnet es hin und wieder ein wenig, was mir Sorgen bereitet und mir nicht so gut gefällt. Glücklicherweise ist der Regen nur schwach und hört auch immer wieder auf. Den Abstieg findet mein rechtes Knie alles andere als prickelnd, weshalb es unter Schmerzen protestiert. Ich gönne mir eine halbe Stunde Pause auf dem Zimmer, bevor ich erneut loswandere. Wieder geht es weit nach oben und später beim Abstieg kann ich vor Schmerzen kaum noch gehen. Das Knie könnte ein echtes Problem bei weiteren Wanderungen werden. Glücklicherweise tut es nicht weh, wenn der Weg eben ist. Da es längst wieder Zeit für die nächste Nahrungsaufnahme ist, bestelle ich erneut eine Pizza bei Giovanni´s. Heute Pizza Margerita. Übergeben wird sie mir von der entzückenden Bedienung, die heute einmal kurz ohne Mundschutz zu sehen ist. Und sie ist ohne Mundschutz noch attraktiver als mit Mundschutz. Ich bin ganz angetan von ihr und könnte ihr vermutlich Stunden dabei zu sehen, wie sie Bestellungen aufnimmt und später kassiert. Sie gefällt mir noch besser als die leckere Pizza. Ich überlege kurz, ob ich mir während meines Aufenthalts täglich irgendwas dort bestelle, nur um sie kurz sehen zu dürfen. Dann wird mir klar, wie blödsinnig das ist und ich verwerfe den Gedanken wieder.
Gegen 19.00 Uhr breche ich zu einem abendlichen Spaziergang auf. Während ich die Pizza verspeist habe, hat es geregnet, die Straßen sind nass und ich finde es ungemütlich kühl. Menschen sind nicht mehr so viele anzutreffen, nur ein paar ganz Harte sitzen tatsächlich noch draußen. Die meisten Lokale haben geschlossen und in den anderen sitze Leute zusammen, essen, trinken und unterhalten sich. Ich frage mich, ob ich auch gerne irgendwo mit irgendwem sitzen würde, weil dann mein Abend noch nicht vorbei wäre, doch ich glaube nicht, dass ich das möchte. Wäre es nicht so dunkel und frisch, wäre ich noch länger unterwegs oder würde alleine an der Mosel sitzen. Das entspricht eher meinen Vorstellungen von Urlaub. mag mir auch manchmal etwas fehlen, wenn ich alleine bin, im Urlaub tut es das nicht. Als ich um 19.35 Uhr zurück in meinem Zimmer bin, schlüpfe ich in etwas Bequemes und lege mich gegen 20.00 Uhr ins Bett, weil die Stühle i Zimmer auf Dauer zu unbequem sind. Irgendwann vor 21.00 Uhr schlafe ich ein, weil ich verspannt und erledigt bin. Erst nach 22.00 Uhr werde ich wach, weil mir plötzlich schlecht ist. Vielleicht ist dieses ausgiebige rumgerenne doch nicht so entspannt, wie ich dachte und mein Körper signalisiert mir so, dass mein Tagesablauf ihm nicht gefallen hat. Normalerweise müsste ich gegen die Nackenschmerzen jetzt eine Ibuprofen nehmen, aber ich glaube, das sollte ich besser nicht tun.

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